Angriff per Gesetz auf alleinerziehende Mütter – Hartz IV muss weg!

28. Mai 2016  Politik
Geschrieben von Helmut Johach

Alleinerziehende Mütter gehören zu den am stärksten benachteiligten Gruppen in unserer Gesellschaft. Etwa 40 Prozent aller Haushalte von Müttern mit Kindern sind entweder voll oder als sog. „Aufstocker“ auf Hartz-IV-Leistungen angewiesen, weil die Frauen wegen der Kinder nicht arbeiten können oder nur schlecht entlohnte Teilzeitarbeit finden. Ausgerechnet diesen Frauen, die es ohnehin schon extrem schwer haben, den Alltag mit Kindern zu organisieren und für die Reproduktion des Personals der künftigen Gesellschaft zu sorgen, will die Bundesregierung im geplanten 9. Änderungsgesetz zum Zweiten Sozialgesetzbuch die Leistungen kürzen.

Für jeden Tag, den ein Kind bei einer anderen Bezugsperson (z.B. Vater oder Großeltern) verbringt, sollen je nach Alter des Kindes 8 bis 10 Euro vom Hartz IV-Betrag, über den die Mutter bisher verfügen konnte, abgezogen werden. Zwar kann der Vater, wenn er selbst Hartz IV-Bezieher ist, Antrag stellen, dass er den Tagessatz für sein Kind erhält, die Kürzung bei der Mutter soll jedoch auch dann wirksam werden, wenn der Vater von Hartz IV nicht betroffen ist.

Der Angriff auf die Schwächsten der Gesellschaft kommt ausgerechnet von zwei Frauen in der Regierung, die der sich immer noch „sozial“ nennenden SPD angehören: Andrea Nahles als Chefin des Arbeits- und Sozialministeriums und Manuela Schwesig, die für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zuständig ist. Man muss sich nicht wundern, dass dieser Partei gerade gering verdienende Wählerinnen und Wähler in Massen davonlaufen.

Bedenklich sind vor allem die Folgen einer solchen frauenfeindlichen (denn die meisten Alleinerziehenden sind Frauen) Kürzung des Lebensnotwendigen per Gesetz: Betroffen wären etwa 63.000 Haushalte, deren Finanzen Monat für Monat neu berechnet werden müssten; die durch den zusätzlichen Verwaltungsaufwand entstehenden Kosten würden die erhofften Einsparungen vermutlich bei weitem übertreffen. Vor allem aber brächte die geplante Kürzung für die Familien nicht nur massive finanzielle Einbußen, sondern auch soziale Schwierigkeiten mit sich: Viele Mütter würden es sich, weil ihre Fixkosten unverändert bleiben, nicht mehr leisten können, dem Kindsvater Elterntage zuzugestehen, es würde Streit bis hin zu Gerichtsverfahren um das oft mühsam ausgehandelte Besuchs- und Umgangsrecht und das Geld für die Kinder geben. Alle Bemühungen um einvernehmliche Regelungen würden damit zunichte gemacht. Niemand, der auch nur geringste familienpolitische Kenntnisse und Kompetenzen besitzt, kann eine solche Entwicklung ernsthaft wollen. Maßgeblich bei diesem Gesetzentwurf war wohl die Sparwut der Regierung an falscher Stelle, verbunden mit dem seit Einführung des SGB II praktizierten Druck auf die Jobcenter, bei jeder sich bietenden Gelegenheit Sanktionen in Form von Leistungskürzungen zu verhängen. Man muss sich nur vor Augen führen, mit welcher Lässigkeit 1,2 Milliarden an Steuergeldern der Autoindustrie und gutbetuchten Käufern für den Absatz von E-Autos in den Rachen geworfen werden, um zu erkennen, dass dieser Regierung aus CDU/CSU und SPD jeglicher Sinn für sozialen Ausgleich und soziale Gerechtigkeit fehlt.

Als Partei DIE LINKE fordern wir die gewählten VolksvertreterInnen auf, diesen Angriff auf Alleinerziehende bei der Beratung im Ausschuss für Arbeit und Soziales und spätestens bei der Abstimmung im Bundestag zu verhindern. Die ohnehin nicht bedarfsdeckenden Regelsätze bei Hartz IV-Bezieherinnen und Beziehern dürfen auf keinen Fall per Gesetz weiter gekürzt werden, sondern müssen kräftig ansteigen. Finanziell spürbare Sanktionen, die bei jeder sich bietenden Gelegenheit von den Job-Centern verhängt werden, sind grundgesetzwidrig und müssen verboten werden. Auf keinen Fall darf, wie der Gesetzentwurf vorsieht, das Klagerecht gegen fehlerhafte Bescheide eingeschränkt werden. Wie die neuerlich geplante Gesetzesverschärfung zeigt, ist das Hartz IV-System zutiefst ungerecht und unsozial und gehört deshalb abgeschaffft!

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