
Die Personen, die in der Frühzeit der Kommunistischen Internationalen (Komintern) in zahlreichen Ländern für eine proletarische Revolution agitierten, standen im Mittelpunkt der Veranstaltung „Reisende und Bittere Brunnen der Weltrevolution“. Diese wurde von der Rosa-Luxemburg-Stiftung organisiert.
Eine utopische Gesellschaft
Im Gegensatz zur Sozialdemokratie bot die Komintern ein radikal utopisches Programm einer neuen Welt- und Gesellschaftsordnung an, erläuterte Brigitte Studer. Dies hatte zur Folge, dass sich zahlreiche Menschen für diese Idee als professionelle Revolutionär*innen engagierten, um den Kampf global zu führen. „Es ist auch eine Geschichte von Zeitschriften, Geld und Waffen“, beschrieb die Historikerin die internationalen Verbindungen. Das Besondere an der kommunistischen Bewegung nach 1917 war, dass sie ihr Augenmerk auf antikoloniale Kräfte und Frauen richtete.
Der Weltkongress 1920
Als Kristallisationspunkt sah die Autorin des Buches „Reisende der Weltrevolution“ den zweiten Weltkongress 1920. Diese Erfahrung sei für viele Beteiligte prägend gewesen, etwa für die 20-jährige Hilde Kramer, die aktiv an der Münchener Räterepublik beteiligt war, Sekretärin eines russischen Emissärs gewesen war und als Übersetzerin bei dem internationalen Treffen arbeitete. Oder für Manabendra Nath Roy. Der indische Antikolonialist war während des Ersten Weltkriegs an der Gründung der Kommunistischen Partei Mexikos beteiligt und kam 1920 nach Moskau. Von dort reiste er in die verschiedensten Länder, um für die Unabhängigkeit Indiens von Großbritannien zu werben. 1929 schloss er sich der stalinkritschen KPD-Opposition (KPD-O) an.
Frauen ohne Einfluss
War der Anfang der Komintern durchaus von Diversität geprägt, änderte sich dies nach dem Tod Lenins und der Machtübernahme Stalins. „1925 stellte das Frauenbüro der Komintern seine Arbeit ein“, erläuterte Studer die neue Politik. Doch schon Jahre zuvor hatte die von Moskau gelenkte Organisation aufgehört, Internationale Frauenkongresse abzuhalten. „16 Prozent der Komintern-Mitarbeiter*innen waren Frauen“, wies die Schweizer Professorin auf das Geschlechterverhältnis hin. Die Frauen konnten zwar Flugblätter verfassen und Streiks organisieren, von politischen Führungspositionen waren sie jedoch ausgeschlossen. So sei die Komintern zwar in gewissen Teilen progressiv gewesen, hätte sich jedoch nicht von damaligen Stereotypen gelöst, so ihr Urteil.
Zetkins Sekretärin
In dem Buch „Bittere Brunnen. Hertha Gordon-Walcher und der Traum von der Revolution“ verarbeitete Regina Scheer ihre jahrelangen Gespräche mit der Kommunistin. Die in einer jüdischen Familie in Königsberg geborene Hertha kam schon 1905 als Kind mit der sozialrevolutionären Bewegung in Kontakt. Ihre Ausbildung führte sie nach London, wo sie die Schriften von Marx las und Clara Zetkin begegnete, deren Sekretärin sie wurde. Nach der Russischen Revolution war sie mehrere Jahre als Kurierbotin für die Komintern tätig.
Ausschluss aus der Partei
1918 fungiere Walcher in Moskau als Privatsekretärin von Karl Radek und heiratete, um die deutsche Staatsbürgerschaft zu erhalten, den aus Bremen stammenden Kriegsgefangenen Hermann Osterloh. Die Pro-forma-Ehe wurde 1925 geschieden, Hertha und ihr Lebensgefährte Jacob Walcher 1928 wegen ihrer Kritik am Stalinismus aus der KPD ausgeschlossen. Über Frankreich und Portugal gelang den beiden die Flucht in die USA, wo sie heirateten. Nach Kriegsende zogen sie die DDR. Für die Biografie erhielt Scheer 2023 den Preis der Leipziger Buchmesse in der Kategorie „Sachbuch/Essayistik“.
Weiterführende Links:
- RLS (3.4.2024): Reisende und Bittere Brunnen der Weltrevolution – https://www.youtube.com/watch?v=T-SWDGtosZY
- Die Linke SC-RH (1.3.2022): RosaLux-History. Die Kommunistische Internationale – https://www.die-linke-schwabach-roth.de/geschichte/rosalux-history-die-kommunistische-internationale/
- Die Linke SC-RH (13.1.2023): Clara Zetkin. Für Frauenrechte und Sozialismus – https://www.die-linke-schwabach-roth.de/geschichte/clara-zetkin-fuer-frauenrechte-und-sozialismus/