Frauen im Widerstand

13. Juni 2025  Geschichte
Geschrieben von Kreisverband

Stafetten waren Kurierinnen der italienischen Widerstandsbewegung Resistenzia, die Informationen, Munition und Waffen zu den Partisan*innen in den Bergen schmuggelten (Linda Vignato, gemeinfrei)

Im Zuge des Zweiten Weltkrieges besetzte die Wehrmacht fast alle Länder Europas und verübte zahlreiche Kriegsverbrechen. In dem Sammelband „Ihr wisst nicht, wo mein Mut endet“ zeichnet Florence Hervé die Geschichte von rund 80 Widerstandskämpferinnen aus über 20 europäischen Staaten nach.

Die jüdische Résistance

Die Großeltern Marianne Cohns waren vor dem Ersten Weltkrieg aufgrund des herrschenden Antisemitismus aus Polen geflohen. Sie selbst besuchte einen Montessori-Kindergarten in Berlin-Mariendorf. 1934 gelang die Familie über die Tschechoslowakei nach Frankreich, nach dem Einmarsch der Wehrmacht flohen ihre Eltern ins faschistische Italien. Cohn arbeitete als Kinderfürsorgerin bei einer Jugendorganisation und schloss sich der jüdischen Résistance an.

Brutale Ermordung

Sie beschaffte gefälschte Papiere und organisierte Transporte für von Deportation bedrohten Kindern, die sie über die Schweizer Grenze schmuggelte. Im Mai 1944 wurde einer dieser „Ausflüge“ jedoch von deutschen Grenzbeamten kontrolliert und die Kinder sowie ihre Betreuerin in das Gestapo-Gefängnis von Annemasse gebracht. Der Bürgermeister erwirkte, dass die Kinder, die jünger als 11 Jahre waren, aus der Haft entlassen wurden. Cohn hingegen wurde gefoltert. Ihre entstellte Leiche fand man nach der Befreiung Ende August in einem Massengrab. Es wird angenommen, dass sie von Angehörigen des SS-Polizei-Regiments 19 mit Stiefeln zu Tode getreten bzw. mit Schaufeln erschlagen wurde.

Kommunistin im Parlament

Im März 1938 kommt es zum „Anschluss“ Österreichs, im März 1939 wird die gesamte Tschechoslowakei von der Wehrmacht besetzt. Dort hatte Jožka Jabůrková während des Ersten Weltkriegs in einem Stahlwerk, später in einem Krankenhaus gearbeitet. Darüber hinaus engagierte sie sich in der proletarischen Sporterziehung und war als Übersetzerin und Journalistin tätig. 1931 gewann sie für die Kommunistische Partei einen Sitz in der Prager Abgeordnetenversammlung. Ihre politischen Schwerpunkte lagen in der Frauenbewegung sowie dem Gesundheits- und Jugenschutz.

Tod in Ravensbrück

Während des Spanischen Bürgerkriegs organisierte Jabůrková Solidaritätsaktionen für die angegriffene Republik. Schon bald nach dem Einmarsch der Wehrmacht wurde die kommunistische Politikerin verhaftet und ins Frauenkonzentrationslager Ravensbrück deportiert. Eine sozialistische Mitgefangene, die aus dem deutschsprachigen Sudetenland stammte, bezeichnete sie später als den „Mittelpunkt“ ihres Frauenblocks. So seien abends neben der Zeitungslektüre auch Gespräche über Goethe oder den tschechoslowakischen Philosophen Tomáš Masaryk an der Tagesordnung gewesen. 1942 starb Jabůrková an den Folgen eines Verhörs, da sie sich selbst im Zellenbau der SS zu ihrer kommunistischen Überzeugung bekannte.

Frauen für Fluchthilfe

Nachdem im April und Mai 1940 Dänemark, Norwegen, Belgien, die Niederlande und Luxemburg angegriffen wurden, marschierten die Deutschen am 14. Juni in Paris ein und teilten Frankreich zwischen der Wehrmacht und dem Kollaborationsregime von Vichy auf. 1943 organisierte sich der Widerstand aus Gaullist*innen und Kommunist*innen im Comité national de la Résistance. Dabei übernahmen Frauen vor allem Aufgaben bei Kurierdiensten, in der Untergrund-Presse oder in der Fluchthilfe.

Kommunistischer Widerstand

Madeleine Riffaud erlebte als 16-Jährige den deutschen Angriff mit und musste wie Millionen anderer Französ*innen vor der Wehrmacht fliehen. 1942 studierte sie an der Hebammenschule in Paris und war gleichzeitig als Verbindungsagentin im Widerstand aktiv. Sie besorgte Essensmarken, überbrachte geheime Nachrichten und schmuggelte Waffen. Als im Februar 1944 23 Mitglieder einer migrantischen Widerstandsgruppe von den Deutschen hingerichtet wurden, trat sie den Francs-tireurs et partisans, dem bewaffneten Arm des kommunistischen Widerstands, bei.

Folter im Gestapo-Keller

Im Juni 1944 wurden bei einer „Vergeltungsmaßnahme“ 642 Bürger*innen des Dorfes Oradour-sur-Glane von Einheiten des SS-Panzergrenadier-Regiments „Der Führer“ erschossen oder bei lebendigem Leibe verbrannt. Daraufhin erschoss die 19-Jährige am helllichten Tag einen Unteroffizier in Paris. Nach ihrer Verhaftung wurde sie sowohl von der französischen Miliz wie auch der Gestapo gefoltert. Dabei wurden ihr sowohl die Nase als auch der Unterkiefer gebrochen, doch verriet Riffaud keinen einzigen Namen ihrer Kamerad*innen.

Der Aufstand von Paris

Bei ihrer Deportation ins Konzentrationslager Ravensbrück sprang sie mit einer Kameradin aus dem Zug, wurde jedoch von der SS gefangengenommen und erneut in das Foltergefängnis nach Paris gebracht. Nur durch einen vom Roten Kreuz organisierten Gefangenenaustausch erlangte sie die Freiheit zurück. Am 23. August befehligte sie als 20-jährige Offiziersanwärterin eine Partisan*innen-Einheit beim Aufstand von Paris. Nach der Befreiung schrieb sie, berichtete als Kriegsreporterin aus Algerien und Vietnam und wurde sogar von Pablo Picasso porträtiert.

Rote Hilfe und Resistenzia

1940 trat der italienische Faschistenführer Benito Mussolini aufseiten des Deutschen Reiches in den Zweiten Weltkrieg ein. Im März und April 1941 folgte der Überfall auf Jugoslawien und Griechenland. Dort erschossen Angehörige der 4. SS-Polizei-Panzergrenadier-Division 218 Einwohner*innen des Dorfes Distomo, darunter Säuglinge und Kinder. Giacomina Castagnetti stammte aus einer antifaschistischen Familie in der Emilia Romagna. Sie engagierte sich zuerst in der Roten Hilfe, dann, nach dem Ausscheiden Italiens aus der Achse Berlin-Rom und der Besatzung durch die Wehrmacht 1943, in der Resistenzia.

Waffen für die Partisan*innen

Sie war Teil der Frauenverteidigungsgruppen, die Zeitungen herausgaben oder Gefangene und ihre Familien unterstützen. Auch sorgte sie als sogenannte Stafette für die Nachrichtenübermittlung zwischen den bewaffneten Gruppen in den Bergen und den Führungszentren im städtischen Untergrund. Weitere Aufgaben waren der Transport illegaler Druckschriften, Lebensmittel und Geld ebenso wie von Munition, Waffen und Sprengstoff. So lagen im Einkaufskorb meist Revolver und Patronen, die von Kartoffeln überdeckt waren. Aufgrund des starken Engagements von Frauen im italienischen Widerstand sorgte ein überfraktioneller Gesetzesentwurf 1946 zur Einführung des allgemeinen Frauenwahlrechts.

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