Um was geht es bei „Die kleinen Holzdiebe und das Rätsel des Juggernaut“? Wolfgang M. Schmitt und Ole Nymoen besprachen ihr am 12. August erschienenes Buch in „linksbündig“ bei einer Buchvorstellung der Rosa-Luxemburg-Stiftung.
Gegen veraltete Eigentumsinteressen
„Warum werden bei ,Bibi und Tina‘ mit ihren Pferden Amadeus und Sabrina feudale Eigentumsinteressen gestützt?“, fragte sich Wolfgang M. Schmitt. Mit ihrem Kinderbuch „Die kleinen Holzdiebe und das Rätsel des Juggernaut“ wollten Ole Nymoen und er dem etwas entgegensetzen. Dabei sollte die Geschichte, die an Karl Marx „Debatten über das Holzdiebstahlsgesetz“ von 1842 angelehnt ist, den Kindern Handlungsspielmacht einräumen.
Alles zerstörender Kapitalismus
„Ein Juggernaut ist ein großer und schwerer indischer Prozessionswagen, der, einmal in Fahrt, von niemandem mehr aufgehalten werden kann“, kam Nymoen auf den Titel des Buches zurück. Marx habe den Kapitalismus als genau so etwas gesehen, das, einmal etabliert, sich alles einverleibe, sei es menschliche Arbeit oder die Güter der Natur.
Holzsammeln verboten
Die Hauptfiguren sind die Kinder Karl und Rosa, die mit ihren Eltern auf der Insel Feudalia leben. Da die Wirtschaft des Landes jedoch schwächelt, sucht die herrschende Königin Rat beim Präsidenten der Nachbarinsel Kapitalia. Dieser schlägt einige Reformen vor, die das Leben der einfachen Bauern grundlegend verändern. So bemerkt Karl, nachdem er in einem Albtraum einen Juggernaut sah, der seine Heimat überrollte und zerstörte, tags darauf am Waldrand ein Schild, auf dem steht: „Holzsammeln verboten. Holzdiebe werden streng bestraft.“
Entrechtet und vertrieben
Denn der Wald ist an die Herren von Kapitalia verkauft worden, so dass das, was gestern noch normal, weil der Wald allen gehörte, heute verboten war. „Im Kapitalismus wird den Dingen ein Wert zugemessen und die, die dieses Geld nicht aufbringen können, werden ausgeschlossen“, ging Schmitt auf die gesellschaftlichen Folgen ein. Rosa und Karl werden gemeinsam mit ihren Eltern und zwei Knechten von ihrem Grund und Boden vertrieben und müssen in die Stadt ziehen, wo alle in einem Zimmer unterkommen.
Ungeheuer aus Metall
„Wir haben hier Entwicklungen, die sich über Jahrhunderte erstreckten, auf wenige Seiten zusammengefasst“, beschreibt der Journalist Nymoen das Vorgehen. So standen die eigentumslosen Arbeiter*innen vor der Wahl, entweder in ein Arbeitshaus gesperrt zu werden, oder einfach jede Arbeit annehmen zu müssen. Wie diese Arbeit aussieht, erfährt Rosa in einem Traum. Sie sieht ratternde Ungeheuer aus Metall, die in großen Backsteinhallen stehen. Die dort arbeitenden Menschen sind ölverschmutzt und schwarz von Ruß.
Geld und Besitz
In dem heißen und stickigen Raum sind Männer an brodelnden Kesseln, während Frauen an Fließbändern immer die gleichen Bewegungen ausführen, während ein Aufseher sie zu schneller Arbeit antreibt. Die Ventilatoren der Kessel, und die Schleif- und Fräsmaschinen erzeugen einen ohrenbetäubenden Lärm. Schließlich fangen die Arbeiter*innen, die eher wie Automaten, als wie Menschen wirken, an zu singen: „Nicht gewinnt, wer hier schuftet. All das Geld, das hier duftet, fliest an den, der uns kaum nährt, weil ihm die Fabrik gehört.“
Eine ungleiche Gesellschaft
Obwohl ihre Eltern in der Stadt nun mehr arbeiten als auf ihrem Bauernhof, haben sie nun weniger zum Leben. Die Hälfte des Monatslohn der vier Erwachsenen geht an den Vermieter, dem noch weitere Häuser in der Stadt gehören. Mit anderen Kindern fragen Rosa und Karl sich, warum die einen so viel, die anderen jedoch so wenig haben, obwohl der technische Fortschritt doch allen zugute kommen könne.
Die Verhältnisse ändern
Die Eltern arbeiten jeden Tag zehn Stunden in der Fabrik, während die Knechte die Nachtschicht übernehmen müssen. Mit ihrem Einkommen können sie dann das, was sie zuvor selbst produzierten – Gemüse, Eier, Milch oder Brot – für Geld kaufen. Da Güter wie Schokolade oder Kaffee unerschwinglich sind, suchen Rosa und Karl jeden Tag nach besonders günstigen Angeboten. Das billigste Brot, das sie in einer Bäckerei entdecken, enthält neben Mehl auch noch Perlasche, Kalk, Seife und Tonerdesalz. Schließlich versuchen die Kinder, die bestehenden Verhältnisse zu verändern…
Weiterführende Links:
- RLS (16.8.2024) «Die kleinen Holzdiebe und das Rätsel des Juggernaut» – https://www.youtube.com/watch?v=JqA5qcCbUfw
- Wohlstand für alle (7.5.2023): Marx und die Holzdiebe – https://www.youtube.com/watch?v=6f8RJyoJbgc
- Die Linke SC-RH (16.11.2022): Rosa Luxemburg und die Eigentumsfrage – https://www.die-linke-schwabach-roth.de/gesellschaft/rosa-luxemburg-und-die-eigentumsfrage/
- Schneider, Annette (27.6.2021): Industrie im Blick der Kunst. Vom Hochofen zum Rechenzentrum – https://www.deutschlandfunkkultur.de/industrie-im-blick-der-kunst-vom-hochofen-zum-rechenzentrum-100.html