Zahlt sich Anstrengung und harte Arbeit im Unternehmen aus? Der taz-Talk ging der Frage nach, inwieweit erbrachte Leistung und Erfolg zusammenhängen. Dabei sprach der Journalist Bernd Kramer über sein Buch „Erfolg. Ein moderner Selbstbetrug“.
Auto, Kind, Haus
Sprüche wie „Leistung muss sich lohnen“, „Von nichts kommt nichts“ oder „Anstrengung zahlt sich aus“ suggerieren, dass Leistung automatisch zu Erfolg führt. „Das Bild von Reihenhaus, zwei Kindern und einem Auto symbolisierte den Aufstieg in die Mittelschicht“, griff Bernd Kramer einen Erfolgsbegriff der Nachkriegszeit auf, der stark mit beruflichem Verdienst zusammenhing.
Der Überstunden-Kult
Doch könne Erfolg jegliche Form sozialer Anerkennung für geleistete Arbeit sein, neben Geld etwa persönlicher Zuspruch oder Likes in den Sozialen Netzwerken. Die Fixierung auf berufliche Leistung sah der Autor kritisch. „Das Aufgehen im Beruf, so dass man die Überstunden gar nicht erst zählt, ist eine Art von Kult“, meinte er. Viele Menschen seien der Meinung, dass dieser Leistungsdruck nicht über ihr gesamtes Leben bestimmen sollte.
Kein Leistungsfetischismus?
So sagten Ältere der Generation Z nach, dass sie den Leistungsfetischismus früherer Generationen nicht mehr so pflegen würden. Doch seien auch junge Menschen durchaus leistungsorientiert – wenn auch nicht allein im monetären Berufsleben, sondern auch in der Ausübung von Beschäftigung jenseits der Arbeit. Dies könne eine Ursache darin haben, dass sich erbrachte Leistung nicht mehr scheinbar automatisch in Erfolg umwandle, wie in früheren Zeiten, überlegte Kramer.
Herkunft und Netzwerke
Eltern wollten oft, dass ihre Kinder den sozialen Status hielten. Dies führe dazu, dass akademischer Nachwuchs zum Großteil ebenfalls ein Studium absolviere. Doch sei bei der anschließenden Bewerbung nach Stellen nicht nur die erbrachte Leistung – beispielsweise in Form von Noten – von Bedeutung. „Netzwerke spielen bei der Berufsvergabe auch eine Rolle“, wandte Kramer ein.
Talent oder Leistung?
Orientiere man sich an Leistung, müsse man das meriokratische Prinzip – den Gedanken, dass eine Person eine Führungsrolle in der Gesellschaft aufgrund ihrer persönlichen Leistungen erhält – überdenken. „Es stellt sich die Frage: Was ist zufälliges Talent und was eigene Leistung?“, machte er deutlich. So könnte ein*e Schüler*in sein*ihre guten Schulnoten durch viel lernen „verdient“ haben. Oder, wenn er*sie „einfach“ hochbegabt war, fielen die guten Noten ohne viel eigenes Zutun in den Schoß.
Geburt und Förderung
Einen weiteren Kritikpunkt am Leistungsprinzip machte er im Profisport fest. So hätten sich Studien seit den 80er Jahren Spitzensportler*innen in Mannschaftssportarten wie Hockey gewidmet. Das Ergebnis: „Gute Sportler wurden eher im Januar als im Dezember geboren“, erklärte er eine Erkenntnis. Dies hänge nicht mit der eigenen Leistung, sondern den Rahmenbedingungen, speziell der Förderungsstruktur für Nachwuchssportler*innen zusammen. Ähnliches sei auch beim deutschen Fußball erkennbar. „Von den Nationalspieler*innen der WM in Katar sind mehr im ersten als im zweiten Halbjahr geboren“, verdeutlichte er den Zusammenhang von Geburtsdatum und Sportförderung.
Weiterführende Links:
- taz (11.4.2024): Leistung lohnt sich nicht – https://www.youtube.com/watch?v=JMr_pkcSqGc
- Die Linke SC-RH (13.9.2023): Thomas Piketty: Ungleichheit im Kapitalismus – https://www.die-linke-schwabach-roth.de/wirtschaft/thomas-piketty-ungleichheit-im-kapitalismus/
- Die Linke SC-RH (19.5.2022): Bildung und Klasse – https://www.die-linke-schwabach-roth.de/gesellschaft/bildung-und-klasse/