Luxusyacht oder Vermögensteuer?

11. März 2025  Gesellschaft
Geschrieben von Redaktion

Mit Sichel und Gabel gegen das Kapital. Demonstration in Madrid mit dem Slogan „Eat the rich“, 12. Mai 2012 (Wikimedia: Barcex, CC-BY-SA-3.0)

Mit welchen legalen Steuervermeidungsstrategien Milliardär*innen verhindern, dass ein Teil ihres Vermögens an die Allgemeinheit zurückfließt, erläuterte Julia Friedrichs in ihrem Buch „Crazy Rich“. Die Autorin sprach darüber sowie über die Dekadenz und den Überfluss der „Superreichen“ in der 274. Folge des Dissens-Podcasts.

Wenige haben Macht

Große Vermögen sind wie riesige Hebel, findet die Journalistin Julia Friedrichs – eigene Wünsche oder politische Einstellungen können dadurch vervielfacht werden. Andererseits sei Deutschland von einer enormen Vermögensungleichheit geprägt, kritisierte sie. Denn vor allem das unternehmerische Vermögen liege in den Händen von ganz wenigen. „Der klimaneutrale Umbau der Wirtschaft hängt ganz wesentlich von nur ein paar Menschen ab, die das Ganze jedoch zu ihrer ,Privatsache‘ erklären“, verdeutlichte sie.

Die Mauer steht

„Viele Probleme, die wir in Deutschland haben, gehen auf diese extreme Vermögensungleichheit zurück“, hält sie fest. Die Menschen spürten, dass sie als Mieter*innen in Großstädten zwar hart arbeiten würden, aber nichts davon hätten. Auch existiere die Vermögensmauer zwischen Ost und West auch 35 Jahre nach der Wiedervereinigung immer noch. In vielen ostdeutschen Städten gehörten die Wohnungen Westdeutschen, denen die ostdeutschen Mieter*innen monatlich Geld überweisen müssten.

Dekadenz und Überfluss

Hans-Peter Wild, der Inhaber von Capri-Sonne, hat laut Forbes ein Vermögen von 3,3 Milliarden US-Dollar, ein eigenes Rugby-Team in Paris, einen Privatjet sowie eine 75 Millionen Euro teure Luxusyacht. „Eine Superyacht kostet im Extremfall 600 Millionen Euro in der Anschaffung und 60 Millionen im jährlichen Unterhalt“, bezifferte Friedrichs die Freizeitbeschäftigung der Reichen. Manche hätten beispielsweise einen gläsernen Grill für 500.000 Euro an Bord, also ebenso viel, wie eine einmalige Tankfüllung für das Wasserfahrzeug koste. „Hier wird Dekadenz und Überfluss praktisch sichtbar“, fasste sie ihre Recherchen zusammen. Die hundert Meter langen und sich über 5 Etagen erstreckenden Gefährte dienten einzig dazu, einer einzigen Familie einen „Urlaub“ zu ermöglichen – das private Mini-U-Boot meist inklusive.

Kontrolle nur nach unten

Reichtum sieht sie dann als gegeben an, wenn man allein durch den Ertrag des Vermögens leben kann und somit nicht mehr arbeiten muss – was ab etwa 2,5 Millionen Euro gegeben ist. „Vermögensberater*innen sprechen ab einem Freivermögen von 100 Milliarden Euro von Superreichen“, beschrieb sie das nächsthöhere Level. In der Bundesrepublik handele es sich dabei meist um Unternehmer*innen-Dynastien, etwa 3.000 Personen. Diese Gruppe besäße gut ein Viertel des gesamten deutschen Finanzvermögens. Die darüber liegende Stufe sei die der 237 Milliardenvermögen. Doch habe der Staat hat kein Interesse daran, überhaupt Daten dazu zu erheben, kritisierte sie. „Bei Bürgergeld-Empfänger*innen werden Zahnbürsten gezählt, um finanziellen Missbrauch zu verhindern“, erläuterte sie die Kontrolle nach unten. Doch wer hunderte Millionen oder gar Milliarden besäße, sei wohl nicht von Relevanz.

Transparenz unerwünscht

Die Listen des Manager-Magazins kämen schließlich oftmals nur gegen den Willen der Vermögenden zustande, die deswegen auch vor Gericht ziehen. „Die vermutlich reichste Familie Deutschlands, der der Pharmakonzern Boehringer-Ingelheim gehört, ist nicht einmal gelistet, obwohl sie rund 50 Milliarden Euro besitzt“, nannte sie ein Beispiel. Aus ihrer Sicht sei es wichtig, dass der Staat die Daten zu deutschen Vermögen erhebe und sie der Forschung zugänglich mache. So könne gefragt werden, ob die dazugehörigen Privilegien überhaupt noch zu begründen seien. Ebenso brauche es genaue Daten zu tatsächlich gezahlten Steuern, forderte Friedrichs.

Die „armen“ Reichen

Momentan besitzen die oberen 10 Prozent rund 60 Prozent des Vermögens – in einigen Jahren könnten es schon 70 Prozent sein. Das oberste Prozent nennt etwa 25 Prozent sein Eigen. „Bei den Milliardärsfamilien schätzt man, dass sie das Dreifache des Bundeshaushaltes besitzen“, erklärte sie. Demgegenüber stünde die untere Hälfte der Bevölkerung, die fast kein Vermögen habe. Bei den ganz großen Vermögen liege die Erbschaftssteuer nur bei wenigen Prozent. Dank der Verschonungsbedarfsprüfung verzichte der Staat auf das Geld, wenn man sage, über nicht genügend Barmittel zu verfügen, um die anfallende Erbschaftssteuer zahlen zu können. „Bei normalen Menschen, die ihre Lohnsteuer zahlen, ist so etwas undenkbar“, prangerte Friedrichs diese Doppelmoral an. Doch wenn man reich sei und nicht viel Steuern zahlen wolle, gäbe es eben ganz legale Mittel und Wege.

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