Warum Friedrich Engels lesen?

26. April 2025  Gesellschaft
Geschrieben von Redaktion

Die Deutsche Bundespost würdigte Engels 1970 mit einer Sondermarke anlässlich seines 150. Geburtstags (gemeinfrei).

Über die Bedeutung von Friedrich Engels, der gemeinsam mit Karl Marx den Marxismus entwickelte, sprachen Ingar Solty und Bafta Sarbo bei der Veranstaltung „Friedrich Engels zur Einführung“ des Jacobin Magazins.

Popularisierung des Marxismus

„Marxismus ist ohne Friedrich Engels nicht zu denken“, stellt Ingar Solty klar. Denn der Sohn eines wohlhabenden Baumwoll-Spinnerei-Besitzers habe mit seiner Schrift „Die Lage der arbeitenden Klasse in England“ (1845) schon früh die Situation der Eigentumslosen analysiert. Darüber hinaus beschäftigte er sich mit der patriarchalen Familie, dem Staat und dem Privateigentum. „Engels war maßgeblich für die Popularisierung des marxschen Denkens verantwortlich“, erläuterte der RLS-Referent für Friedens- und Sicherheitspolitik. Auch habe er die Menschheitsgeschichte als einer der ersten als eine Klassengeschichte begriffen.

Militärtechnik vs. Arbeiter*innen

Engels schaffte es, dass der Marxismus in den realen Arbeitskämpfen des 19. Jahrhunderts aufgegriffen und die SPD mit dem Erfurter Programm 1891 die marxistischte Position ihrer gesamten Geschichte einnahm. In diesem Kontext kann Engels auch als Vertreter eines parlamentarischen Sozialismus gesehen werden, da er einer gewaltsamen Revolution aufgrund des staatlichen Gewaltmonopols eine Absage erteilte. „Der ,Sturm auf die Bastille‘ würde heutzutage einfach von Krupp-Kanonen zusammengeschossen werden“, paraphrasierte Solty die Befürchtungen. Deshalb sei für die Klassenkämpfe im Inneren eine lange Friedenszeit ohne polarisierende Blockkonfrontationen am hilfreichsten.

Das große Sterben

Marx hingegen habe bei Kriegen noch an Napoleons Schlacht bei Jena und Auerstedt (1806) oder den Kampf von Preußen gegen Österreich bei Königgrätz (1866) gedacht, wo 10.000 Soldaten zweier Armeen eine Entscheidungsschlacht ausfochten, erläuterte Solty. Engels hingegen sah die Intensität des Ersten Weltkriegs mit seinen Materialschlachten und Millionen Toten kommen. Führte das große Sterben zuerst zu einer Wagenburg-Mentalität, das die königlichen Herrscherhäuser stabilisierte, stürzten am Ende die russische, deutsche und österreichische Monarchie.

Historischer Materialismus

„Gesellschaftliche Vorgänge werden nicht durch ,große Männer‘ geprägt, sondern von der Frage, wie Menschen ihr Zusammenleben organisieren wollen“, brachte Bafta Sarbo das materialistische Denken auf den Punkt. Das drücke sich historisch in unterschiedlichen Gesellschaftsformen aus. Grundlage unseres heutigen Zusammenlebens seien beispielsweise die Arbeitsteilung und private Eigentumsverhältnisse. Dies führe wiederum zu bestimmten Geschlechterverhältnissen und Rollenstereotypen.

Arbeitskampf und Frauenbefreiung

Bestimmte Kämpfe im Kapitalismus bilden die Grundvoraussetzung für die Befreiung der Frau, erläuterte die Sozialwissenschaftlerin. So habe Anfang des 20. Jahrhunderts der Sachverhalt, dass viele Frauen in Fabriken arbeiteten, dazu geführt, dass sie sich als Arbeiter*innen organisierten. Dadurch wurde die Asymmetrie in der häuslichen Reproduktion sichtbar. „Das haben Feministinnen in den 1970er Jahre mit ihrer Kampagne „Lohn für Hausarbeit“ aufgegriffen“, sagte sie. Mit Blick auf Engels Werk „Der Ursprung der Familie, des Privateigentums und des Staats“ (1884) hätten sie so auf unentgeltliche weibliche Care-Arbeit aufmerksam gemacht.

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