Wachstum, Leistungsdruck und Klimakrise

21. April 2025  Global
Geschrieben von Kreisverband

Arbeiter beim Betonieren der Freiburger Kronenbrücke und Verdichten mittels Innenrüttler, 2017. Die Baubranche verursacht viel CO2. (Wikimedia: Andreas Schwarzkopf, CC BY-SA 3.0)

Die CO2-intensive Herstellung von Gütern, speziell in der Baubranche, und die Folgen für die arbeitenden Menschen war für Simon Schaupp eine Möglichkeit, um Arbeiter*innen und Umweltaktivist*innen zu verbinden. In der 260. Folge des Dissens-Podcasts sprach er über sein Buch „Stoffwechselpolitik. Arbeit, Natur und die Zukunft des Planeten“.

Konsum und Produktion

„Ich will die Arbeitswelt in ihrer ökologischen Dimension politisieren“, machte Simon Schaupp die Intension seines Buches deutlich. Oxfam-Studien zeigten regelmäßig, dass die Reichen mit ihrem Lebenswandel die Welt zerstörten. „0,7 Prozent Superreiche brauchen fast das komplette CO2.-Budget der nächsten Jahre auf“, kritisierte er. Allerdings würden bei den Berechnungen nur der private Konsum betrachtet, die Verantwortung in der Produktion von Gütern jedoch hintangestellt. „Fährt der Manager eines Erdöl-Konzerns jeden Tag mit dem Rad zur Arbeit, fällt sein CO2-Fußabdruck gut aus“, veranschaulichte der Soziologe das Problem. Auch seien die Online-Rechner zur Bewertung der eigenen CO2-Emissionen von fossilen Firmen gefördert worden, um die Verantwortung weg von der fossilen Industrie hin zu den individuellen Konsument*innen zu schieben.

Öl, Gas und Zement

Auch gäbe es trotz des Schlagworts „grüner Kapitalismus“ ein stetiges Anwachsen der fossilen Infrastruktur. „Konzerne rufen ihre Investitionen in erneuerbare Energien zurück, weil die nicht profitabel genug sind“, erläuterte der Autor. Stattdessen werde langfristig auf Öl und Gas gesetzt. Selbst die Weltklimakonferenzen würden von Öl-Staaten wie Dubai (2023), Aserbaidschan (2024) oder den Vereinigten Arabischen Emiraten (2025) geleitet. Doch neben fossilen Energieträgern sei auch der Bausektor ein Treiber der Erderwärmung. „In der Schweiz ist die Bauindustrie für 25 Prozent der Emissionen verantwortlich, weil man dort hauptsächlich auf CO2-verursachenden Zement setzt“, beschrieb Schaupp sein aktuelles Forschungsfeld. Weltweit ist die Zementproduktion für 8 Prozent der globalen Emissionen verantwortlich.

Leistungsabfall durch Klimawandel

Das Mittel der Wahl sei Stahlbeton, der einfach und schnell in Form gegossen werde, anstatt dass man Wände personalintensiv von Maurer*innen und Steinmetz*innen errichten lasse. Auch sei der für den Beton benötigte Sand um ein Vielfaches billiger als Massivsteine. Allerdings geht der Schweizer Baumeister-Verband davon aus, dass zukünftig klimabedingt an bis zu 25 Tagen nicht mehr gearbeitet werden könne. „Den so eintretenden Produktionsverlust wollen die Arbeitgeber mit einer 58-Stunden-Woche ausgleichen“, kam Schaupp auf die Reaktion der Unternehmer*innen zu sprechen. Den Arbeiter*innen selbst sei jedoch meist klar, dass ihre Tätigkeit eine unmittelbare ökologische Relevanz habe.

ÖPNV statt Automobilindustrie

„Es werden häufig die Gemeinsamkeiten von der Vernutzung des arbeitenden Körpers und der ausgebeuteten Natur gezogen“, gab er die Erkenntnisse seiner Befragungen wieder. Die Schlussfolgerung der Menschen: Um den immer weiter steigenden Leistungsdruck zu verringern, müsse einfach weniger gebaut werden. Andererseits gäbe es auch die Befürchtung, dass die Dekarbonisierung der Wirtschaft und die Abkehr von fossilen Brennstoffen auch zum Verlust des eigenen Arbeitsplatz führen könne. Da der Wachstumszwang in allen Wirtschaftsfeldern des Kapitalismus zu körperlichen Leiden führe, sei es sinnvoll, die Arbeit zu verlangsamen und die Arbeitszeit gesetzlich zu verkürzen, forderte Schaupp. „Auch sollte eine Umverteilung weg von sinnlosen Branchen wie der Automobilindustrie hin zu nützlichen wie dem ÖPNV angestrebt werden“, erläuterte er.

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