
Die Glorifizierung der Militärdiktatur und massive Einschnitte in den Sozialstaat bestimmen den politischen Diskurs in Argentinien unter dem anarchokapitalistischen Präsidenten Javier Milei. In einem Vortrag der Rosa-Luxemburg-Stiftung zeigte die Aktivistin Gabriela Mitidieri jedoch auch, welche solidarischen Gegenmodelle es gibt.
Die geknebelte Gesellschaft
„Die Kommunikation von Präsident Javier Milei und seiner Verwaltung strebt eine Normalisierung extremer Gewaltausübung gegen bestimmte Personen, und Ziele an“, erläuterte Gabriela Mitidieri die Situation in Argentinien. Aufgrund des so verschobenen Diskurses käme es vermehrt zu Angriffen auf Erinnerungsorte an die Militärdiktatur und Aktivist*innen. Journalist*innen und Feminist*innen würden so gewaltsam zum Schweigen gebracht. Das Ergebnis sei eine geknebelte und eingeschränkte demokratische Gesellschaft. „Man gewöhnt sich immer mehr daran, dass Gewalt eingesetzt wird, um anderen die Menschlichkeit zu nehmen“, blickte sie auf die gesamtgesellschaftlichen Auswirkungen.
Opfer bei Sozialausgaben
Der geschichtsrevisionistische Diskurs, die Leugnung des Klimawandels und der Kampf gegen sexuelle Freiheit, reproduktive Rechte oder das Selbstbestimmungsgesetz konstruieren einen „Anderen“ als Feind. Dies werde auch in der Sprache des Präsidenten gegenüber linken und feministischen Aktivismus sowie den Einsatz für Menschenrechte deutlich. Ideologisch lehne er sich an Margarethe Thatcher und Ronald Reagan an. „Viele Menschen haben Milei wegen seiner scheinbaren Wirtschaftskompetenz gewählt, damit er die Krise beendet“, erklärte Mitidieri. Allerdings führten die Hassreden dazu, dass staatliche Menschenrechtspolitik als entbehrlich angesehen werde. Denn unter Rückgriff auf eine geforderte Opferbereitschaft komme es dort zu massiven Kürzungen. Zwar werde an der Sozialpolitik gespart, aber an Polizei und Geheimdienste zur Sicherung des staatlichen Gewaltmonopols fließe weiterhin viel Geld, kritisierte sie.
Staatliche Gewalt verherrlichen
Die Diktatur, das Militär und die Ausübung staatlicher Gewalt werden geradezu legitimiert. Exemplarisch dafür sah sie Mileis Vizepräsidentin Victoria Villarruel, die selbst aus einer traditionsreichen Militärfamilie stammte und deren Angehörige persönlich an Menschenrechtsverletzungen beteiligt waren. „Sie will die staatliche Gewalt verherrlichen und rechtfertigt die Ermordung von Aktivist*innen während der Militärdiktatur“, ordnete Mitidieri die Haltung der Politikerin ein. Durch die Legitimierung der damaligen Gewalt solle es auch in der Gegenwart zu einer gesellschaftlichen Billigung staatlicher Repression kommen. Erst kürzlich sei es zur gezielten Zerstörung eines Gemäldes der „Madres de Plaza de Mayo“ (Mütter des Platzes der Mairevolution) gekommen. Das Video von der Tat sei unzählige Male aufgerufen worden.
Eine andere Welt ist möglich
„Wir müssen der Desinformation des Staates entgegentreten“, forderte die Aktivistin der argentinischen Menschenrechtsorganisation CELS. Doch obwohl man in der Defensive sei, müsse man versuchen, das Feld für eine neue Welt vorzubereiten. Die Aufgabe sei, Gegenentwürfe zu dem Gesellschaftsmodell der Rechten aufzuzeigen, um die Leute für eine proaktive Menschenrechtsagenda zu begeistern. Auch müsse man junge Aktivist*innen fragen, was Menschenrechte für sie bedeuteten und welche Werte sie ihrer heutigen Demokratie zugrunde legen wollten.
Weiterführende Links:
- RLS (21.3.2025): Verdrehte Erinnerungspolitik in Argentinien unter Milei – https://www.youtube.com/watch?v=VxsWrKEA-T8
- Die Linke SC-RH (8.11.2024): Staat, Militär und Drogen – https://www.die-linke-schwabach-roth.de/international/staat-militaer-und-drogen/
- Die Linke SC-RH (16.10.2022): Armut – Wer schuldet uns was? – https://www.die-linke-schwabach-roth.de/international/armut-wer-schuldet-uns-was/