Drohnen und der automatisierte Krieg

14. Oktober 2024  International
Geschrieben von Kreisverband

Grafik: Rosa-Luxemburg-Stiftung

Die Entwicklung von früheren „Killer-Drohnen“ zu vollautomatisch agierenden „Kamikaze-Drohnen“ war Thema bei der 20. Folge von dis:arm, dem friedenspolitischen Podcast der Rosa-Luxemburg-Stiftung.

Üben für den Luftkampf

Ihren Namen verdanken Drohnen dem britischen Flugzeugingenieur Geoffrey de Havilland. Er benannte seine Typen nach Tieren, etwa Moskito, Libelle oder Tigermotte. Bei der „Bienenkönigin“ handelte es sich um ein unbemanntes Flugzeug, das vom Boden aus per Fernsteuerung gelenkt wurde und an dem Jagdflieger*innen im Luftkampf trainiert wurden. Das Nachfolgemodell der „Bienenkönigin“ war die „Drohne“.

2000: Gezielte Tötungen

Ab den 2000er Jahren produzierten vor allem die Vereinigten Staaten und Israel bewaffnete Drohnen mit großer Reichweite, die mit Raketen bestückt werden konnten. Diese „Killer-Drohnen“ wurden zu gezielten Tötungen eingesetzt waren auf amerikanischer Seite vor allem in Afghanistan, Pakistan und dem Jemen im Einsatz. Die Tötung der Zielperson erfolgt ohne Gerichtsprozess und auch oftmals in Ländern, mit denen sich die USA gar nicht im Krieg befinden. 2013 griff eine Drohne vom Typ Predator im Jemen einen Autokonvoi an, der zu einer Hochzeit unterwegs war. Über ein Dutzend der unschuldigen Zivilist*innen starben.

Völkerrecht in Ramstein?

Zahlreiche Drohneneinsätze wurden auch von Ramstein oder Stuttgart aus gelenkt. 2019 verfügte das Oberverwaltungsgericht Münster, die Bundesregierung müsse auf die USA einwirken, bei der Nutzung der Airbase Ramstein das Völkerrecht einzuhalten. Das Bundesverwaltungsgericht hob das Urteil jedoch wieder auf. Die Bundeswehr selbst besitzt bewaffnungsfähige Drohnen, die mit Messgeräten, Kameras oder eben auch Raketen bestückt werden können. Die Erprobung der Drohnen erfolgt auf dem Fliegerhost Schleswig-Jagel.

2020: Krieg um Bergkarabach

2015 kamen die türkischen Bayrakter-Drohnen auf den Mark, die mit fünf Millionen US-Doller pro Stück nur rund ein Viertel einer Predator-Modells kosteten. Auch der Iran und die Volksrepublik China setzten auf eigene Flugkörper. 2020 gewann Aserbaidschan den Krieg um das armenische Bergkarabach mit Hilfe türkischer, aber auch israelischer Drohnen. Aktuell sind über 30 Staaten im Besitz von Drohnen, beispielsweise auch Burkina Faso.

2022: „Lauernde Munition“

Eine neue Entwicklung ist die „lauernde Munition“ (Loitering munition), auch „Kamikaze-Drohne“ genannt. Diese hochautonomen Systeme kreisen in der Luft über dem Zielgebiet. Wenn ein vorher definiertes Ziel im Überwachungsbereich erfasst und als legitim berechnet wurde, stürzen sie sich auf dieses, explodieren und zerstören sich dabei selbst. Solche „Kamikaze-Drohnen“ werden auch von Rheinmetall – unter der Produktbezeichnung „Hero“ hergestellt. Im Herbst 2022 wurden syrisch-demokratische Streitkräfte, die IS-Anhänger*innen im Camp al-Haul bewachten, von türkischen „lauernden“ Drohnen angegriffen.

Vollautonome Waffensysteme

Die Ukraine strebt an, 2025 bis zu einer Million Drohnen zu produzieren, um sie gegen die russischen Angreifer*innen einsetzen zu können. Da die Hauptproduktion solcher Quadrocopter jedoch in China stattfindet, muss die Ukraine – ebenso wie die deutsche Bundespolizei – einen Großteil der gewünschten Drohnen in der Volksrepublik einkaufen. Neueste Modelle können im Sinne einer autonomen Waffe die Ziele selbst erkennen. Der erste Einsatz vollautonomer Waffensysteme ist aus dem libyschen Bürgerkrieg bekannt, in dem die Türkei die Regierungstruppen auch mit Drohnen unterstützte. Dort waren die Quadrocopter so programmiert, dass sie Soldat*innen selbstständig erkannten und sie töteten.

„Person on the loop“

Bei früheren Drohen, etwa vom Typ Predator, liegt die letzte Entscheidung zum Angriff beim Drohnenpiloten (person in the loop). Moderne Entwicklungen gehen zu „person on the loop“ über. Nachdem die Drohne autonom ein Ziel gefunden hat, fragt sie in der Kommandozentrale nach der Feuererlaubnis. Kommt kein Veto seitens des Drohnenpiloten, eröffnet sie selbstständig das Feuer. Seit 2013 werden seitens der UN in Genf unverbindliche Gespräche zur Ächtung autonomer Kampfsysteme geführt. Der Generalsekretär António Guterres sprach sich für ein Ergebnis bis 2026 aus. Ob ein bis dahin ausgearbeiteter Text auch zukünftige technische Entwicklungen mit einschließt, ist jedoch fraglich.

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