Edward Said: Orientalismus

08. Juli 2024  International
Geschrieben von Kreisverband

Grafik: Rosa-Luxemburg-Stiftung

Ein Appell gegen europäisches Überlegenheitsdenken und Bevormundung einheimischer Bevölkerung ist das Buch „Orientalismus“ von Edward Said. Dieses wurde in der fünften Folge von tl;dr, dem Theorie-Podcast der Rosa-Luxemburg-Stiftung, besprochen.

Geboren in Palästina

Edward Said gilt mit seinem 1978 veröffentlichten Buch „Orientalismus“ als ein Pionier der Colonial Studies. 1935 wurde er in eine wohlhabenden christliche palästinensische Familie in Westjerusalem hineingeboren. Seine Mutter war die Tochter eines Baptistenpriesters aus Bethlehem, der Vater kämpfte während des Ersten Weltkriegs in der US-Army und erwarb sich so die amerikanische Staatsbürgerschaft. Durch die Staatsgründung Israels verlor die Familie ihren Besitz und zog nach Kairo, wo Said eine britische Schule besuchte.

Leben in den USA

Später schickten seine Eltern ihn in die Vereinigten Staaten, wo er sowohl auf die Schule als auch die Elite-Universität Harvard ging. Dort wurde er 1964 promoviert und 1966 Professor für vergleichende Sprachwissenschaften. Said starb 2003 an Leukämie. Obwohl er sich als Orientale fühlte, hatte er doch die meiste Zeit seines Lebens im Westen verbracht. In den USA wurde er wegen seiner arabischen Herkunft kriminalisiert. Auf Versöhnung von Israelis und Palästinenser*innen aus, oft von beiden Seiten angefeindet.

Okzident vs. Orient

Sein Ziel war es, die Trennung zwischen Okzident und Orient aufzuheben, da sie zu kolonialen Denkmustern führe. Er geht davon aus, dass dem Orientalismus eine innere Logik zugrunde liegt. Diese zeige sich in imperialistischen Zielen, etwa dem Wunsch seitens der Europäer*innen, die im Orient lebenden Menschen zu regieren. Die Anfänge dieses Denkens sah Said in der griechischen Antike, da schon Aischylos (525-456 v. Chr.) zwischen Griechenland und Persien unterschied. Entfaltet wurde diese Idee jedoch mit Napoleons Ägypten-Feldzug von 1798.

Die „orientalische Lethargie“

Da dem Orient nicht zugestanden wird, mit einer eigenen Stimme zu sprechen, brauche es die „überlegenden“ Europäer*innen, die dies stellvertretend für die dort lebenden Menschen tun. Deswegen müsse gemäß dem kolonialen Denken auch das Gebiet von Europa aus verwaltet und regiert werden. In diesem Geiste führte der britische Politiker Arthur Balfour aus, dass Geschäftsleute und Missionare Ägypten aus seiner „orientalischen Lethargie“ herausführen könnten. Dafür dürften die dort lebenden Menschen dem Britischen Empire auch dankbar sein.

Abgrenzung und Aufwertung

In dieser Zeitspanne ist auch die Hochphase des Orientalismus zu sehen, einem sehr unscharfem Begriff, der geografisch von Ägypten bis Indien reiche, aber auch Kultur und Religion, wie etwa den Islam einschließe. Dadurch werde eine Identität „der Anderen“ erzeugt, der gegenüber sich die Europäer*innen als überlegen fühlen könnten. Der Wunsch Saids war, diese imperialistische Zweiteilung in Ost und West zu überwinden.

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