Am 1. September 1939 überfiel Deutschland Polen und löste so den Zweiten Weltkrieg aus. Nach der Kapitulation des Deutschen Reiches wurde dieser Tag zum Internationalen Antikriegstag erklärt. Zu diesem Anlass blickt die Rosa-Luxemburg-Stiftung (RLS) auf die Konflikte im Sudan, der Ukraine, dem Iran und Gaza.
Sudan: Flucht und Hunger
Im Sudan tobt seit April 2023 ein blutiger Bürgerkrieg zwischen der Armee und der RSF-Miliz (Schnelle Unterstützungskräfte). Der Analyst Roman Deckert bilanzierte, dass sich die Situation seither massiv verschlechtert hätte, da der Krieg mittlerweile im gesamten Land geführt werde. Während die Gesamtbevölkerung auf rund 50 Millionen Menschen geschätzt wird, sind aktuell 10 Millionen davon auf der Flucht. „Das UN-Welternährungsprogramm geht davon aus, dass die Hälfte der Sudanes*innen von Hunger bedroht sind“, gibt er Schätzungen wieder. Zwischen 15.000 und 150.000 Menschen seien an Gewalt, Hunger und Krankheiten gestorben.
Deutschland liefert Waffen
Während die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) die RSF-Miliz mit militärischem Nachschub versorgen, unterstützen Saudi-Arabien und Ägypten die reguläre Armee. Alle drei Staaten sind enge Handelspartner der Bundesrepublik. So betrugen die deutsche Rüstungslieferungen 2023 an die VAE 78,2 Millionen Euro, während Ägypten Güter im Wert von 40,3 Millionen erhielt und Saudi-Arabien 13,3 Millionen.Weitere Akteure sind der Iran und Russland. „Der sudanesische Konflikt ist ein Stellvertreterkrieg der Golfstaaten um die regionale Vormacht“, fasste Deckert zusammen. Wichtig sei eine starke Zivilgesellschaft, die sich unter Beteiligung von Frauen gegen die bewaffneten Konfliktparteien durchsetze.
Ukraine: Russland bombardiert
Der Kriegsreporter Connall Kearney schilderte, dass in Kiew vor Kurzem ein Kinderkrankenhaus bei einem russischen Drohnen- und Raketenangriff getroffen wurde, bei dem Dutzende Menschen starben. „Die Drohen haben eine immer größere Reichweite, während der Luftabwehr langsam die Munition ausgeht“, gab er seine Einschätzung wider. Auch seien nach einem Erlass, der auch unter 25-jährige Männer zur Armee einziehe, kaum noch Männer auf den Straßen zu sehen. Viele versteckten sich, um nicht zu den Streitkräften zu gehen. Die Zivilbevölkerung der Hauptstadt sowie im westlich gelegenen Lwiw stünde Gesprächen mit Putin ablehnend gegenüber, während Soldat*innen oft anders dächten.
Neue Gespräche mit China?
Mittlerweile werde von ukrainischer Seite über neue Friedensgespräche unter Beteiligung Russlands gesprochen, erklärte Jan van Aken, Referent für internationale Krisen und Konflikte der RLS, die momentane Situation. Nachdem ukrainische Truppen jedoch auf russisches Gebiet vorgestoßen waren, hatte Putin jegliche Verhandlungen abgelehnt. „Das kann in der russischen Bevölkerung aber auch zu neuen Dynamiken führen“, überlegte van Aken. Denn nun seien auch Wehrpflichtige direkt am Kampfgeschehen beteiligt. Er hoffte, dass die Europäische Union auf China zugehe, um gemeinsam ein neues Friedensformat zu entwickeln. Die EU und die Volksrepublik könnten alle Beteiligten an einen Tisch holen, so seine Einschätzung.
Iran: Staat und Gewalt
Als die 22-jährige Kurdin Jina Mahsa Amini nach der Festnahme durch die Sittenpolizei am 16. September 2022 starb, löste dies gewaltige Massenproteste im Iran aus. Nach fast zwei Jahren sei die Bevölkerung resigniert, sagte die Journalistin Gilda Sahebi. „Die einzige Beziehung zwischen Staat und den Menschen ist die der Gewalt“, erläuterte sie die Repressionen, da in jedem Menschen eine potenzielle Gefahr gesehen werde.
Menschen gegen das Regime
Ein Vater, dessen Sohn als Aktivist hingerichtet wurde, erhielt eine vierjährige Haftstrafe, nannte Sahebi ein Beispiel. Doch gäbe es auch ein neues Selbstbewusstsein unter den Menschen. „Unverheiratete Paare wohnen zusammen, Homosexuelle treffen sich heimlich über eine App“, beschrieb sie das widerständige Verhalten gegen das Regime. Doch trotzdem sei das Leben geprägt von Arbeitslosigkeit, Inflation und sanktionsbedingter Mangelwirtschaft.
Gaza: 40.000 Tote
Seit Beginn des Gazakrieges am 7. Oktober 2023 sind laut dem hamasgeführten Gesundheitsministerium 40.000 Menschen in Gaza gestorben und 90.000 verletzt worden. Die Wissenschaftlerin Muriel Asseburg wies auf die diametral entgegengesetzten Erwartungen von Hamas und israelischer Regierung hin. „Die Hamas will ein Ende des Krieges und den Rückzug der israelischen Armee aus dem Gazastreifen“, machte sie die Position der islamistischen Terrororganisation klar. Die israelische Führung hingegen wolle den Kampf nach der Freilassung der Geiseln fortführen, um einen totalen Sieg zu erzielen.
Siedler*innengewalt im Westjordanland
Obwohl rund ein Viertel des Gebiets von israelischem Militär besetzt sei, bildeten sich bewaffnete Banden, die Hilfskonvois überfielen, zog sie Parallelen zur früheren Bürgerkriegssituation in Somalia. In solch einer gewaltvollen Situation sei der Wiederaufbau der zerstörten Infrastruktur kaum möglich, gab sie zu bedenken. Im Westjordanland hingegen eskaliere die Siedler*innengewalt gegen palästinensische Bewohner*innen. Zahlreiche Familien verließen ihre Dörfer, da die Gewalt unter den Augen des Militärs und gedeckt durch die rechtsextreme Regierung geschähe. „Der Internationale Gerichtshof hat darauf hingewiesen, dass Drittstaaten die Besetzung des Westjordanlands nicht unterstützen dürfen“, erklärte sie. Ihre Meinung nach solle die EU deshalb keine Produkte aus den Siedlungsgebieten einführen.
Weiterführende Links:
- RLS (30.8.2024): Weltfriedenstag: Wie viel Hoffnung gibt es aktuell? – https://www.youtube.com/watch?v=rtm37L_ZCmI
- Die Linke SC-RH (23.7.2023): Krieg im Sudan – https://www.die-linke-schwabach-roth.de/international/krieg-im-sudan/
- Die Linke SC-RH (22.5.2023): Der Iran zwischen Revolte und Atomprogramm – https://www.die-linke-schwabach-roth.de/international/der-iran-zwischen-revolte-und-atomprogramm/
- Die Linke SC-RH (17.7.2024): Israel am Scheideweg – https://www.die-linke-schwabach-roth.de/international/israel-am-scheideweg/