Pazifismus in Zeiten des Krieges

04. September 2024  International
Geschrieben von Kreisverband

Gedenkkerzen in Hof für die Opfer des russischen Überfalls auf die Ukraine (PantheraLeo1359531, CC BY 4.0)

Die Unterschiedlichkeit der Friedensbewegung früher, aber auch heute in Bezug auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine war Thema des taz-Talks. Dabei sprach der Journalist Pascal Beucker über sein Buch „Pazifismus – ein Irrweg?“.

Schwerter zu Pflugscharen

Der Pazifismus als das Streben nach Frieden hat viele Gesichter, erläuterte Pascal Beucker. So lehne ein absoluter Pazifismus jegliche Gewalt ab, während ein konditionierter sich gegen bestimmte Formen, etwa die Atomwaffen, wende. „Manche Vertreter*innen waren etwa gegen kriegerische, aber für revolutionäre Gewalt“, beschrieb er die Haltung eines revolutionären Pazifisten wie Kurt Tucholsky. Dabei reiche die Bandbreite persönlicher Positionierungen von Leo Tolstoi über Berta von Suttner bis zu Mahatma Gandhi. „Sie alle wollen Schwerter zu Pflugscharen schmieden, aber es ist fraglich, ob jeder von ihnen auch die andere Wange hinhalten würde“, erklärte der Journalist.

Militärisches Selbstverteidigungsrecht

So stand im Wirken von Suttner, etwa mit ihrem Roman „Die Waffen nieder!“, eine Verrechtlichung militärischer Konflikte, das als „Völkerrechtspazifismus“ anzusehen ist. In diesem Sinne trat sie auch für das Selbstverteidigungsrecht angegriffener Nationen ein. Gandhi rief die Inder 1918 zum Eintritt in die britische Armee auf, obwohl er selbst den Dienst an der Waffe ablehnte. Und der überzeugte Pazifist Albert Einstein versuchte die Alliierten 1933 davon zu überzeugen, mit militärischer Macht gegen das nationalsozialistische Deutschland vorzugehen.

Rückzug der russischen Truppen

„Martin Niemöller bezeichnete den Kampf der Vietcong gegen die USA als einen ,gerechten Krieg‘, wollte sich aber nicht persönlich daran beteiligen“, schilderte Beucker die Haltung des damaligen DFG-Präsidenten (Deutsche Friedensgesellschaft). Die frühere EKD-Vorsitzende (Evangelische Kirche Deutschland) Margot Käßmann lehne, da sie gegen jegliche Form von Krieg sei, auch die Selbstverteidigung ab. Stattdessen trete sie vehement für den vollständigen Rückzug russischer Truppen aus der Ukraine ein.

Kapitulation der Ukraine?

„Das unterscheidet sie von Sahra Wagenknecht“, brachte er eine weitere Person ins Spiel, die dies samt ihrer Partei Bündnis Sahra Wagenknecht ablehne. „Auch die Organisator*innen der großen Friedensdemonstrationen am 3. Oktober 2024 wollen den Rückzug der russischen Armee nicht in ihrem Aufruf“, erklärte Beucker. Eine prominente Unterstützerin der Kundgebung „Nein zu Krieg und Hochrüstung! Ja zu Frieden und internationaler Solidarität“: Sahra Wagenknecht. „Wagenknecht will die Kapitulationsverhandlung der Ukraine“, brachte es der taz-Journalist auf den Punkt.

Solidarität mit den Angegriffenen

Mit der Forderung nach dem Stopp militärischer Unterstützung der Ukraine spreche sie einen Teil der traditionellen Friedensbewegung an. Andere, wie etwa „Pax Christi“, seien zwar auch grundsätzlich gegen den Krieg, stünden dem angegriffenen Land aber ein Recht auf militärische Selbstverteidigung zu. „Die Ukraine darf den Krieg nicht verlieren, da sie sonst aufhören würde, zu existieren“, stellte Beucker die Konsequenzen der russischen Kriegsziele klar. Solange die Ukrainer*innen dem Aggressor widerstehen wollten, müsse man sie dabei unterstützen.

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