Südafrika und die Apartheid

16. März 2025  International
Geschrieben von Kreisverband

Ein Graffito von Nelson Mandela in der Straße Afonso de Albuquerque in Agualva-Cacém/Portugal. (Wikimedia: GualdimG, CC BY-SA 4.0)

Über die gewaltvolle Zeit der Apartheid und die enttäuschten Hoffnungen in eine Regierung, die ebenso repressiv wie damals gegen Aktivist*innen vorgeht, berichtete Medico International in der 21. Folge ihres Podcasts Global Trouble.

Kolonialismus und Widerstand

300 Jahre lang hat in Südafrika eine weiße Minderheit bestimmt, wie die schwarze Mehrheit zu leben hat. Die im 20. Jahrhundert eingeführte Apartheid – die auf Ausbeutung basierende Rassentrennung – sicherte den Weißen die Herrschaft und wirtschaftliche Vorzüge. Allerdings kam es in der schwarzen Bevölkerung auch zu einer starken Widerstandsbewegung gegen das System. Aber obwohl der African National Congress (ANC), die Partei Nelson Mandelas, seit 1994 bis heute die Regierung stellt, wurden zahlreiche Forderungen der Menschen nicht erfüllt.

Gewalt gegen Aktivist*innen

„Viele Menschenrechtler*innen und Umweltschützer*innen sind ermordet worden“, beschrieb Omhle Ntshingila die aktuelle Situation im Land. Denn sie seien den privaten Konzernen, welche die Bodenschätze des Staates ausbeuten wollten, ein Dorn im Auge. So gelte Südafrika als eines der ungleichsten Ländern der Welt. „Formal dürfen wir wählen, über unsere Religion entscheiden und über unsere sexuelle Identität bestimmen“, nannte die Aktivist*in von „Right to protect“ verbriefte Rechte. Doch hätten unzählige Menschen keinen Zugang zu frischem Wasser oder Gesundheitseinrichtungen. „Pro Tag gibt es 27 Proteste gegen die Regierung“, schilderte sie die Reaktion der Menschen. Doch Polizei, private Sicherheitsdienste und Justiz antworteten mit Repression.

System der Rassentrennung

1650 wurde das Land von den Niederländer*innen kolonisiert, danach folgte Großbritannien. Der Fund von Diamanten löste eine extrem rassistische Ökonomie aus, die auf der Ausbeutung schwarzer Arbeiter*innen sowie massiver Landenteignungen basierte. „1913 machte die schwarze Bevölkerung 80 Prozent der Bevölkerung aus, ihnen wurde jedoch nur 7 Prozent des Landes zugesprochen“, verdeutlichte Usche Merk die Verhältnisse. Die Nationalpartei der Afrikaans sprechenden burischen Bevölkerung orientierte sich an den faschistischen Strömungen in Europa und führte 1948 das System der „Getrennten Entwicklung ein. Dies teilte die Menschen in Weiße, Coloured, Inder*innen, und Africans ein, wobei letztere in 8 unterschiedliche ethnische Gruppen aufgeteilt wurden. „In dieser fragmentierten Gesellschaft der Minderheiten sollte der weißen Minderheit die Führungsrolle zukommen“, beschrieb die Medico- Referentin für psychosoziale Arbeit das Konstrukt.

Gewaltfreier Widerstand

Da sich jede Gruppe in ihrem eigenen Gebiet separat entwickeln sollte, kam es zu großflächigen Zwangsumsiedlungen. Premierminister Hendrik Verwoerd erklärte, dass es für Schwarze nur einfache Handarbeiten geben dürfe. So wurde an Schulen für Africans etwa kein Mathematik oder Englisch unterrichtet, um so einen Großteil der Bevölkerung systematisch von technischen Fertigkeiten und Weltwissen auszuschließen. Der ANC hatte sich schon 1912 gegründet, um durch Petitionen für die Rechte der schwarzen Bevölkerung einzutreten, ab 1917 bildeten sich verschiedene kommunistische Bewegungen. In den 1940er Jahren orientierte sich der ANC am gewaltfreien Widerstand Mahatma Gandhis, was sich beispielsweise in öffentlichen Pass-Verbrennungen äußerte. Denn um von ihrem Gebiet („Homelands“) in eine weiße Zone zu gelangen, mussten alle Schwarzen einen eigenen Pass bei sich führen.

Bewaffneter Kampf und Repression

Mit dem Massaker von Sharpeville, bei dem 1961 von der Polizei über 60 Menschen erschossen wurden, änderte sich das. „Der ANC ging zum bewaffneten Widerstand über, die Nationalpartei reagierte mit massiver Repression“, beschrieb Merk die Spirale der Gewalt. Daraufhin musste die ANC-Führung ins Exil nach Simbabwe und Tansania gehen, erhielt jedoch finanzielle, militärische und logistische Unterstützung von der Sowjetunion, während der Westen dem Apartheid-Regime nahestand. Im Land selbst wurde von Steve Biko, einem Menschenrechtsaktivist, der 1977 durch Polizeifolter starb, die Black-Consciousness-Bewegung gegründet. Sie stellte die schwarze Identität als Gegenpol zur weißen Zuschreibung in den Fokus.

Wunsch nach Sozialismus

1976 kam es in Soweto zu einem Schüler*innen-Aufstand, bei dem durch Polizeigewalt über 450 Menschen starben. Dieses gewalttätige Vorgehen gegen die schwarze Bevölkerung führte zur internationalen Isolierung des Landes. Doch auch die Verhängung des Ausnahmezustandes 1986 und die Verhaftung zahlloser Menschen konnte das Ende des Regimes nicht verhindern. 1990 kam es mit der Freilassung Nelson Mandelas zum Ende der Apartheid – allerdings zerbrach mit der Sowjetunion gleichzeitig der größte internationale Verbündete. „Viele wünschten sich ein freies und sozialistisches Südafrika“, gab Merk die damalige Hoffnung der Menschen wieder.

Nur ein Elitenwechsel

Doch westliche Berater*innen erklärten, dass die bestehenden Besitzverhältnisse nicht angetastet werden dürften. Auch die Beamten des rassistischen Apartheid-Regimes blieben in Amt und Würden. 1994 stellte der ANC die Regierung und setzte zwei Jahre später umfassende Privatisierungen und neoliberale Reformen um. „Letztlich hat nur die Elite gewechselt, die strukturelle Ungerechtigkeit und existierende Armut ist geblieben“, lautete ihr bitteres Fazit. Die früheren Folterer*innen des Regimes mussten in den Wahrheits- und Versöhnungskommissionen lediglich über ihre Taten sprechen und erhielten dadurch eine Amnestie. „Es gab kaum Entschädigungen für die Opfer und gar keine Umverteilung von Land und Besitzverhältnissen“, kritisierte Merk. Das, an was sich alle klammerten, war ein neoliberales, individuelles Aufstiegsversprechen.

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