
Die Fehler im US-amerikanischen Wahlsystem sowie die künftigen Pläne des republikanischen Bewerbers Donald Trump sowie seiner demokratischen Herausforderin Kamela Harris waren Thema der Veranstaltung „Wird Amerika wieder «great»? Die USA vor den Präsidentschaftswahlen“. Diese wurde von der Rosa-Luxemburg-Stiftung (RLS) organisiert.
Ein Führerstaat?
„Der mehrfach verurteilte Donald Trump kündigte an, bei einer Wiederwahl die amerikanische Regierung so umzubauen, dass sie ihm dient“, beschrieb Stefan Liebich die Ambitionen des republikanischen Präsidentschaftskandidaten. Darüber hinaus sollten kritische Medien unterdrückt und frühere Rivalen bestraft werden. „46 Prozent der Wahlberechtigten unterstützen ihn“, beschrieb der Büroleiter der Rosa-Luxemburg-Stiftung in New York die Situation. Unter seiner Führung habe sich die „Grand Old Party, die einst mit Abraham Lincoln die Sklaverei abschaffte, zu einer rechtsradikalen Trump-Sekte gewandelt. So hätte seine Schwiegertochter etwa den Posten der Parteivorsitzenden inne.
Sturm aufs Kapitol
In seiner ersten Amtszeit senkte Trump die Steuern für Reiche und schloss ein Bündnis mit christlichen Evangelikalen, um das bundesweite Recht auf Abtreibung einzuschränken. Bei der Wahl 2020 erhielt er 7 Millionen Stimmen weniger als Joe Biden und hetzte daraufhin seine Anhänger*innen zum Sturm auf das US-Kapitol. Die zweite Präsidentschaft will er nach eigenen Worten dazu nutzen, um gegen all die linksradikalen Kriminellen vorzugehen, „die wie Ungeziefer in den Grenzen unseres Landes leben, die lügen, stehlen und bei Wahlen betrügen und alles tun werden, (…) um den amerikanischen Traum zu zerstören.“ Nach der letzten Verurteilung durch ein US-Gericht bekundete Mike Johnson, der Sprecher des Repräsentantenhauses, seine Loyalität mit Trump und kritisierte das Gericht.
Staatsanwältin gegen Todesstrafe
Die demokratische Kandidatin Kamela Harris wird von 49 Prozent der US-Bürger*innen unterstützt, etwa von Taylor Swift und Beyoncé. Die Mutter der 59-Jährigen ist eine tamilische Krebsforscherin, die sich fünf Jahre nach der Geburt ihrer Tochter vom aus Jamaika stammenden Vater trennte. Beide waren jedoch in der Bürger*innenrechtsbewegung gegen die Rassentrennung aktiv. Mit ihrer Wahl zur Bezirksstaatsanwältin von San Francisco wurde Harris die erste People of Colour in diesem Amt. 8 Jahre später stieg sie zur Generalstaatsanwältin auf. Dabei setzte sie sich gegen die Todesstrafe und für mehr präventive Maßnahmen ein. „Sie sprach sich für stärkere Waffenkontrollen und die gleichgeschlechtliche Ehe aus“, nannte Liebich weitere Punkte. Linke kritisierten jedoch, dass sie zu wenig gegen Polizeigewalt getan habe.
Für Bus und Bahn
2016 kandidierte sie als Senatorin für den US-Kongress, 2020 schlug Biden sie zu seiner Vizepräsidentin vor. In dieser Rolle empfahl sie Wirtschaftsflüchtlinge an der Grenze zu Mexiko, nicht in die USA zu kommen. Als Teil der Regierung trug sie die militärische Hilfe der Ukraine und Israels im Krieg gegen die russische Armee sowie Hamas und Hisbollah ebenso mit wie den schnellen Truppenabzug aus Afghanistan. Mit dem Infrastrukturprojekt von über einer Billion Dollar sollen marode Brücken saniert, der öffentliche Nahverkehr und die Bahn ebenso ausgebaut und der Klimaschutz vorangetrieben werden. Harris setzte sich für die Streichung von Studiengebühren-Schulden ein, die bei nicht wohlhabenden Eltern mehrere 10.000 Dollar umfassen können.
Für Reichensteuer und Militär
Als Biden sich nach dem desaströsen TV-Duell zurückzog und Harris als demokratische Kandidatin vorschlug, kam es zu einer Welle der Euphorie. Als „Liberale“ ist sie eine moderate Sozialdemokratin, könnte aber trotzdem nicht linke oder progressive Wähler*innen mit ihrem Programm verschrecken. So möchte sie etwa sozialstaatliche Programme ausweiten, die Pflege im Alter sowie die Bildung verbessern und Maßnahmen gegen die Klimakrise ergreifen. Finanziert werden soll dies durch eine stärkere Besteuerung von Reichen. Andererseits spricht sie sich für eine totale Abschottung an der mexikanischen Grenze aus. Von einer allgemeinen Gesundheitsversicherung ist sie abgekommen und macht sich stattdessen für Fracking zur Erdölgewinnung stark. Der Green New Deal trat im Gegensatz dazu in den Hintergrund. Harris will sich dafür einsetzen, dass die Vereinigten Staaten die stärkste und tödlichste Streitmacht der Welt haben werden.
Blockade im Repräsentantenhaus
Der Kongress besteht aus dem Senat und dem Repräsentantenhaus. In letzterem ist wegen der alle zwei Jahre stattfindenden Wahlen eigentlich permanenter Wahlkampf. Aktuell haben dort die Republikaner*innen die Mehrheit, unter ihnen einige Radikale wie Marjorie Taylor Greene oder Lauren Boebert. Wegen deren Blockadehaltung waren Entscheidungen nur durch die Kompromissbereitschaft der Demokrat*innen möglich. Doch bestünde bei der Wahl am 6. November die Hoffnung auf eine demokratische Mehrheit, so der RLS-Leiter.
Bevorteilung im Senat
Im Senat werden ein Drittel der Abgeordneten neu gewählt. Dabei hat Kalifornien mit 40 Millionen Einwohner*innen in dem Gremium ebenso nur zwei Sitze wie Wyoming wo lediglich 600.000 Menschen leben. „Dünn besiedelte Staaten, die tendenziell eher republikanisch wählen, haben somit im Senat ein viel stärkeres Stimmgewicht“, beschrieb Liebich die Konsequenz. Aktuell gibt es 49 Republikaner*innen, 48 Demokrat*innen und drei unabhängige Senator*innen, die auf Seiten der Democrats stehen. Eine demokratische Mehrheit bei der anstehenden Neuwahl sei jedoch unwahrscheinlich. Seit Trump im Supreme Court drei konservative Richter*innen nachbesetzte, ist bis zu deren Lebensende die republikanische 6:3-Mehrheit im höchsten US-Gericht festgeschrieben.
Unausgewogenen Präsidentschaftswahl
Darüber hinaus werden in elf Staaten und den zwei Territorien American Samoa und Puerto Rico die Gouverneur*innen gewählt. Ein republikanischer Kandidat in North Carolina bezeichnete sich als „black Nazi“ und pries die Sklaverei. In elf Bundesstaaten finden Abstimmungen statt, ob das Recht auf Abtreibung in die Landesverfassung geschrieben werden soll. Für die Präsidentschaftswahl wird ein Wahlleute-Kollegium gewählt, dass über den Ausgang der Wahl bestimmt. Gemäß dem System „The Winner takes it all“ führt das dazu, dass beispielsweise bei einer Mehrheit von 53 Prozent allerdings alle (also 100 Prozent) der Stimmen an den Mehrheits-Kandidaten gehen. 2016 hatte etwa die Mehrheit der US-Bürger*innen Hillary Clinton als Präsidentin gewählt, aber Trump erhielt die Mehrheit im Wahlleute-Kollegium und wurde somit Präsident. Entscheidend sind deshalb wenige Stimmen in den sieben „Swing States“ Wisconsin, Pennsylvania, Arizona, Nevada, Georgia und North Carolina, da hier die Mehrheit der konkurrierenden Parteien kippen könnte.
Weiterführende Links:
- RLS (25.10.2024): Wird Amerika wieder «great»? Die USA vor den Präsidentschaftswahlen – https://www.youtube.com/watch?v=OOqG-rKPZhs
- Die Linke SC-RH (20.1.2024): Warum autoritärer Populismus? – https://www.die-linke-schwabach-roth.de/gesellschaft/warum-autoritaerer-populismus/
- Die Linke SC-RH (15.1.2022): „Gott mit uns“. Weiße US-Fundamentalisten und Donald Trump – https://www.die-linke-schwabach-roth.de/unkategoisiert/gott-mit-uns-weisse-us-fundamentalisten-und-donald-trump/