Armutszeugnis: Der Bundeshaushalt 2025

11. Oktober 2024  Politik
Geschrieben von Kreisverband

Grafik: Rosa-Luxemburg-Stiftung

Geld für Flüchtlinge oder das Militär, für sozialen Wohnungsbau oder den Kapitalmarkt? Die 8. Folge des Wirtschaftspodcasts der Rosa-Luxemburg-Stiftung hat den Bundestagshaushalt für das kommende Jahr unter die Lupe genommen.

Ausbeutung und Staat

Der Kapitalismus basiert darauf, dass die Mehrheit der Menschen mit ihrer Arbeitskraft das Kapital derer vermehrt, denen die Produktionsmittel gehören. Grund dafür ist die gegenseitige Konkurrenz dieser Eigentümer*innen. In Folge wird die soziale Ungleichheit ständig reproduziert. Aufgabe des Staates ist es, gute Bedingungen für die Kapitalvermehrung der Wenigen („Wachstum“) zu schaffen. Somit besteht die Grundlage des Staates in der Ausbeutung seiner Bürger*innen. Wie sieht in diesem Kontext sein geplanter Haushalt für das Jahr 2025 aus?

Schuldenbremse und Investitionsstau

Denn der Haushalt stellt klar, wie das gesellschaftliche Vermögen verteilt wird. Profitieren die Vielen davon – etwa durch eine bessere soziale Daseinsfürsorge und Wohnungsbau oder eben nicht? Die Schuldenbremse wird beibehalten, so dass an vielen Stellen gespart werden muss. Investitionsstaus werden weiterhin nicht gelöst,so dass sich die gesellschaftliche Spaltung vertieft.

Militär oder Krisenprävention?

Für 2025 sind 488 Milliarden Euro eingeplant. Kürzungen erfolgen bei der humanitären Hilfe (20 Prozent) sowie der Entwicklungszusammenarbeit (8 Prozent). Auch für internationale Klimainvestitionen ist weniger Geld vorgesehen. Laut Koalitionsvertrag hätten diese Ausgaben für Krisenprävention äquivalent zum Verteidigungsetat ansteigen sollen. Dieser umfasst 53,3 Milliarden Euro, nach NATO-Kriterien (2-Prozent-Ziel, 100-Milliarden-Sondervermögen) liegt er bei fast 90 Milliarden. Das ist so viel Geld, wie die acht Ministerien Bildung, Gesundheit, Familie, Entwicklung & Zusammenarbeit, Wirtschaft & Klimaschutz, Umwelt, Wohnen und Auswärtiges Amt zusammen bekommen.

Rente, Pflege, Krankenkasse

Höher als der Verteidigungsetat sind nur die Mittelzuweisungen von 180 Milliarden Euro für Arbeit & Soziales. Davon sind jedoch über 112 Milliarden als Zuschuss für die Rentenversicherung verplant. Wie mehrere Jahre in Folge erhält die Rentenkasse nun eine Milliarde Euro weniger Zuschüsse. Von 2022 bis 2027 liegt der summarische Gesamtbetrag somit bei etwa 9 Milliarden weniger. Die Konsequenz sind höhere Beitragssätze. Auch bei der Pflegeversicherung werden die Zuschüsse um eine Milliarde Euro gekürzt – und das, obwohl schon jetzt Pflegebedürftige einen Eigenanteil von mehreren tausend Euro im Monat zahlen müssen. Es ist damit zu rechnen, dass bei den gesetzlichen Krankenkassen die Beiträge ebenfalls steigen werden. Die Bundesregierung verschont steuerpolitisch weiterhin die Vermögenden und drückt die Kürzungen in die Abgaben, die die Lohnempfänger*innen leisten müssen.

Bürgergeld und Kindergrundsicherung

Vor allem für Bürgergeld-Empfänger*innen wird die von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil prognostizierte Nullrunde kritisch. Denn sie müssen ihr Geld größtenteils für Lebensmittel aufwenden. Durch die Inflation sind die Preise jedoch deutlich gestiegen. Lag der Verbraucher*innenpreisindex in Deutschland 2020 bei 100, stieg er im August 2024 für Brot und Getreideerzeugnisse (138,1), Kartoffeln (150,7), Käse (146,4) und Gemüse (114,1). Durch die fallengelassene Kindergrundsicherung und die geringe Erhöhung des Kindergeldes werden auch weiterhin viele Minderjährige in Armut bleiben. Darüber hinaus wird der Etat für das Bürgergeld um 5,5 Milliarden Euro gekürzt. Um Menschen durch Qualifizierungsmaßnahmen in Arbeit zu bringen, fehlen der Bundesagentur für Arbeit rund 1,25 Milliarden Euro. Mit Sparpolitik tut man nichts gegen den Fachkräftemangel.

Flüchtlinge oder Polizei?

Anstatt in Infrastruktur wie Brücken oder die Bahn, in Bildung und das Gesundheitssystem zu investieren, drängen die Politiker*innen darauf, Abschieberegelungen für Asylsuchende zu verschärfen. Die Integrationskurse werden um 50 Prozent gekürzt, so dass deutlich weniger Deutschkurse gibt und die Menschen sich ohne Sprachkenntnisse kaum in die Gesellschaft integrieren können. Auch die Hilfsangebote für traumatisierte Flüchtlinge werden heruntergefahren. So verhindert der Staat das Ankommen von Menschen in Deutschland. Hingegen erhält das Bundeskriminalamt und die Bundespolizei eine zusätzliche Milliarde.

Kaum Investitionen in Infrastruktur

In Irland liegen die Investitionskosten pro Einwohner*in bei 2.196 US-Dollar, in den Niederlanden bei 1.948, in Frankreich bei 1.628. Deutschland hingegen gibt im Vergleich lediglich 845 Dollar aus. So wurden in der Bundesrepublik seit 1994 zum Beispiel 6.100 Kilometer Bahnschienen abmontiert. Ab 2026 sinken die geplanten Investitionsausgaben weiter – und das, obwohl das Deutsche Institut der Wirtschaft jährliche Investitionen in Höhe von 60 Milliarden Euro fordert, um dem aktuellen Investitionsstau zu begegnen. Wenn 2028 das Sondervermögen der Bundeswehr aufgebraucht ist, werden die Militärinvestitionen aus dem Kernhaushalt bezahlt. Ökonomen gehen davon aus, dass dadurch in anderen Ressorts Finanzierungslücken von bis zu 37 Milliarden Euro entstehen.

Sozialer Wohnungsbau oder Kapitalmarkt?

Für den sozialen Wohnungsbau plant die Regierung eine Milliarde Euro mehr ein. Von den versprochenen 100.000 neuen Sozialwohnungen wurden jedoch nur 23.000 gebaut. Der Deutsche Mieter*innenbund berechnete, dass durch Wohngeld und die Kosten der Unterkunft jährlich 20 Milliarden Euro Steuergelder an private Vermieter*innen fließen. Im Vergleich dazu sind die 3,5 Milliarden, die für den sozialen Wohnungsbau aufgewendet werden, sehr gering. Das Klimageld würde vor allem einkommensschwachen Menschen, die kaum konsumieren und reisen, zugute kommen und die Akzeptanz für die sozial-ökologische Transformation stärken. Doch stattdessen werden 12,4 Milliarden Euro in kapitalmarktgedeckte Fonds des „Generationenkapitals“ gesteckt, um zukünftig 0,3 Prozent der Rentenzuschüsse zu erwirtschaften.

Keine 67 Milliarden für Bildung

Kindergärten erhalten je einen Teil des 2 Milliarden Euro umfassenden Kitaqualitätsgesetzes. Das Startchancen-Programm beinhaltet eine Milliarde, um die sich 4.000 sogenannte „Brennpunktschulen“ bewerben müssen, um eine befristete Förderung zu erhalten. Allerdings liegt der Investitionsstau der Kommunen bei Kitas und Schulen bei 67 Milliarden Euro. Der größte Investitionsposten liegt im Klima- und Transformationsfonds (KTF). Er enthält Gelder für die Dekarbonsierung der Wirtschaft, Milliardensubventionen zur Ansiedlung der Chip-Industrie in Ostdeutschland und Fördermaßnahmen für energieeffiziente Gebäude.

Atommüll statt Artenschutz

Die Bundesregierung geht jedoch davon aus, dass 9 Milliarden Euro als sogenannte „globale Minderausgabe“ gar nicht erst abgerufen werden. Das Umweltministerium hat mit 2,6 Milliarden den geringsten Etat zur Verfügung. Über die Hälfte des Geldes wird zur Endlagersuche von Atommüll verwendet. Den übrig gebliebenen Rest teilen Naturschutzprogramme und Projekte zur Artenvielfalt unter sich auf. So setzt man der Klimakrise jedoch nichts entgegen.

Weiterführende Links:

« zurück