
Die Reichen werden reicher und die Armen werden noch ärmer. Der wirtschaftspolitische Podcasts der Rosa-Luxemburg-Stiftung (RLS) beschäftigte sich mit der Steuerpolitik gegenüber Superreichen, Unternehmen und normalen Lohnabhängigen und zeigt auf, wie sich durch sie die soziale Ungleichheit immer weiter verschärft.
Steuererleichterung für Superreiche
„Das Steuerprogramm der Union ist eine krasse Umverteilung der Steuergelder nach oben“, hält Eva Völpel fest. Denn sie wolle höhere Freibeträge bei der Erbschaftssteuer, den Solidaritätszuschlag für Bestverdienende abschaffen sowie den Spitzensteuersatz erst auf noch höhere Einkommen anwenden. „In Summe sind das Steuerentlastungen von 99 Milliarden Euro, von denen über die Hälfte an die obersten 10 Prozent geht“, beschreibt sie die Konsequenzen. Unteren Einkommen kämen zwölf Milliarden zugute, die Mittelschicht erhielte 35 Milliarden. Die so geschaffene Lücke von fast 100 Milliarden im Staatshaushalt solle gemäß des „strategischen Defizits“ den Boden für künftige Kürzungen bei Rente und Bürgergeld bereiten, wie der einstige Wirtschaftsweise Peter Bofinger analysiert hatte.
Vier reiche Familien und Millionen Arme
Aktuell gehe man in Deutschland von 249 Milliardenvermögen aus, die sich auf 4.300 Haushalte verteilten. „Vier Familien besitzen so viel Vermögen wie die gesamte ärmere Hälfte der Bevölkerung zusammen“, verdeutlicht die RLS-Referentin für Wirtschafts- und Sozialpolitik das Missverhältnis. Dazu gehörten Boehringer von Baumbach, denen der Pharmakonzern Boehringer Ingelheim gehöre, die BMW-Erben Klatten/Quandt, Dieter Schwarz (Lidl, Kaufland) und der mit Hapag-Lloyd reich gewordene Klaus Michael Kühne. Aber auch die Familie Albrecht (Aldi) verfüge über ein enormes Vermögen.
Die Lebenskosten steigen
Doch von so einem Leben können die meisten Bürger*innen nur träumen. „Die Zusatzbeiträge der Krankenkassen steigen ebenso wie das Netzentgelt, die Benzinpreise oder das Deutschland-Ticket“, zählte Völpel auf. Das wiege auch nicht ein höheres Kindergeld oder Erleichterungen bei der Einkommensteuer auf. Laut Paritätischem Wohlfahrtsverband seien durch die gestiegenen Mietkosten 5,4 Millionen Menschen mehr armutsbetroffen als in amtlichen Statistiken angegeben.
Geringverdienende besonders belastet
Bei der Umsatzsteuer seien ärmere Menschen, die ihr ganzes Gehalt für Waren des alltäglichen Lebens ausgeben müssten, ungleich härter betroffen, da sie die gleichen Steuersätze zu entrichten haben wie Hochvermögende. Lag der Mehrwertsteuersatz 1968 bei 10 Prozent, ist er mittlerweile auf 19 Prozent gestiegen. Während die Lohnsteuer 26 Prozent des gesamten Steueraufkommens ausmache, seien es bei der Umsatzsteuer stolze 32 Prozent. „Insgesamt machen die Verbrauchersteuern – die eben nicht progressiv gemäß dem Einkommen erhoben werden – sogar 40 Prozent aus“, wies sie auf die Belastung insbesondere für Geringverdienende hin.
Milliarden müssten investiert werden
Unternehmen werden erst mittels der Körperschaft- und Gewerbesteuer sowie dem Solidaritätszuschlag besteuert, bis in einem zweiten Schritt auch die privaten Ausschüttungen an die Unternehmenseigner*innen mit einer pauschalen Kapitalertragssteuer von 25 Prozent besteuert werden. „Eine progressive Besteuerung, die sich an die Höhe des Einkommens richtet, findet auch hier nicht statt“, kritisierte Völpel. Gewinne würden meist in sogenannte Beteiligungsgesellschaften überführt, um von dort aus weiter in andere Unternehmen investiert zu werden. Eine Abgeltungssteuer von 25 Prozent auf diesen Verschiebeprozess entfällt meistens. Dabei werde das Geld dringend benötigt. So müssten laut der Hans-Böckler-Stiftung jedes Jahr 60 Milliarden in die deutsche Infrastruktur investiert werden. „Die Kommunen haben einen Investitionsstau von 190 Milliarden“, ergänzt sie.
Steuersenkung für Aktionär*innen
„Die Politik will mit Steuersenkungen Investitionen erleichtern, um so das Wirtschaftswachstum anzuregen“, erklärte Julia Jirmann vom Netzwerk Steuergerechtigkeit den Gedanken hinter der Finanzpolitik von CDU/CSU und FDP. Doch selbst die Studien der Unternehmensverbände belegten, dass Steuererleichterungen nach dem „Gießkannen-Prinzip“ kaum zu Investitionen und Wachstum führten, für die Steuerzahlenden aber wahnsinnig teuer seien. Habe der effektive Steuersatz für die BMW-Erben Klatten/Quandt 1996 bei 60 Prozent gelegen, sei er mittlerweile auf 25 Prozent gesunken. „Die Gewinne wurden als Konsument*innenkredite nach China vergeben oder flossen an Aktionär*innen und Beteiligungsgesellschaften“, veranschaulichte sie die Konsequenzen der erfolglosen Strategie.
Superreiche werden reicher
„Seit 2001 sind die 100 größten Vermögen um 460 Milliarden Euro angewachsen“, blickte sie auf die vergangenen 24 Jahre zurück. Durch das Aussetzen der Vermögensteuer unter Helmut Kohl (CDU) habe der Staat seither über 400 Milliarden Euro verloren. Die Netto-Vermögensteuer galt von 1923 bis 1996 und lag zuletzt bei 1 Prozent. Daraufhin hatte das Bundesverfassungsgericht eine Erhöhung angemahnt, da Immobilen entgegen der existierenden Wertsteigerungen zu wenig besteuert werden würden. Doch statt dem Beschluss zu folgen, setzte die konservativ-liberale Regierung die Steuer zur Gänze aus. Die Gewerbekapitalsteuer wurde zwei Jahre später, 1998, komplett abgeschafft. Doch es werden die Reichen nicht nur reicher, sondern die weniger Wohlhabenden auch ärmer. „Seit den 70er Jahren hat die ärmere Hälfte der Bevölkerung die Hälfte ihres Vermögens verloren“, beschrieb Jirmann die wachsende Schere zwischen Arm und Reich.
Weiterführende Links:
- RLS (10.1.2025): #12: Soziale Ungleichheit: Wie Steuerpolitik die Superreichen noch reicher macht – https://www.youtube.com/watch?v=MeQBXIlFppA
- Die Linke SC-RH (18.7.2024): Armut. Das Versagen der Republik – https://www.die-linke-schwabach-roth.de/politik/armut-das-versagen-der-republik/
- Die Linke SC-RH (19.3.2024): Armutszeugnis. Von Klassenfragen und Aufstiegsmärchen – https://www.die-linke-schwabach-roth.de/wirtschaft/armutszeugnis-von-klassenfragen-und-aufstiegsmaerchen/