Der internationale Wettbewerb, der mit Steuererleichterungen für Unternehmen und sinkenden Löhnen für Angestellte „erkauft“ wird, war Thema der 9. Folge von „Armutszeugnis“. Der wirtschaftspolitische Podcast der Rosa-Luxemburg-Stiftung beleuchtete dabei die gegensätzlichen Interessen von Konzernen und Regierungen.
Weniger Steuern und mehr Arbeit
Im neoliberalen Denken führt Konkurrenz zu Wirtschaftswachstum und Wohlstand für alle. Dabei wird jedoch ausgeblendet, dass sich der Reichtum nur in den Händen weniger konzentriert, während die soziale Ungleichheit wächst. Laut Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (B90/Grüne) ist die aktuelle Unternehmensbesteuerung international nicht wettbewerbsfähig. Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) schreibt in der Studie „Transformationspfade für das Industrieland Deutschland“, dass diese Steuern gesenkt sowie die Arbeitszeit der Angestellten angehoben werden sollte. Die führende Exportrolle Deutschland könnten nur durch den Markt, Unternehmertum, Wettbewerb und Privateigentum gesichert werden.
Soziale Standards als Problem
Neben Steuern sowie Arbeits- und Energiekosten machen internationale Rankings auch den Fachkräftemangel und eine starke Regulierung als Standortnachteil für Deutschland aus. So ist die Bundesrepublik in einer Auflistung auf Platz 24 herabgestuft worden, wobei sie 2022 noch den 15. Platz belegte. Die Lufthansa kritisierte, dass ausländische Fluglinien von geringen sozialen Standards, niedrigen Standortkosten und hohen staatlichen Investitionen profitieren. Mario Draghi, der frühere Chef der Europäischen Zentralbank, plädierte dafür, die EU im Bereich der grünen Technologien für klimaneutrales Wirtschaften zum Weltmarktführer zu machen.
Kapitalmaximierung vs. Arbeitsplätze
Als die EU-Kommission chinesische E-Autos mit Strafzöllen belegte, sprach sich Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) dagegen aus, während Außenministerin Annalena Baerbock (B90/Grüne) sie begrüßte. Ihr Parteikollege und Wirtschaftsminister Robert Habeck enthielt sich bei der Entscheidung. Das Interesse eines Unternehmens liegt in der Gewinnmaximierung des investierten Kapitals. Ziel der Regierung ist es, dass Firmen Arbeitsplätze schaffen. Kostenintensive Arbeitsplätze stehen dem Bestreben der unternehmerischen Kapitalvermehrung jedoch tendenziell entgegen.
Konkurrenz und Pleiten
Wirtschaftliche Konkurrenz ist auf mehreren Ebenen zu betrachten. Einerseits die einzelnen Unternehmen in einem Land, die möglichst viele Güter verkaufen wollen, wobei der billige Preis einen wichtigen Indikator darstellt. Dies erreicht man etwa durch niedrige Löhne und geringe Lohnnebenkosten. Dabei kann die Konkurrenz innerhalb einer Branche auch zu Betriebspleiten führen. Global gesehen konkurrieren auch die jeweiligen Staaten miteinander, da die anderen Länder für jedes einzelne Unternehmen einen potenziellen Absatzmarkt darstellen.
Tarif und Grundwasser?
So sind die nationalen Regierungen bestrebt, weltweite Gewinne „ihrer“ Unternehmen zu ermöglichen wie auch ausländische Konzerne – wie Tesla oder Intel – bei sich anzusiedeln. Dadurch setzt man jedoch auch die heimische Automobilindustrie unter Druck. Das Wachstum wird oftmals mit fehlender Tarifbindung, sinkendem Grundwasserspiegel, wie bei Tesla in Brandenburg und schlechten Arbeitsbedingungen in der E-Auto-Produktion „erkauft“. Die Gewinne fließen hingegen in die Taschen des mit einem Vermögen von ungefähr 226 Milliarden Euro reichsten Mann der Welt: Elon Musk.
Rivale statt Partner
Die EU möchte in den kommenden Jahren im Bereich der grünen Technologien die Vereinigten Staaten und die Volksrepublik China überholen und somit Weltmarktführer werden. So wird China weniger als „Handelspartner“, sondern vielmehr als „Systemrivale“ wahrgenommen. Und das, obwohl China im ersten Quartal 2024 der zweitwichtigste Wirtschaftsakteur der Bundesrepublik war. 10,9 Prozent der deutschen Importe werden in der Volksrepublik gefertigt. Das betrifft 86,3 Prozent der Laptops, 85,4 Prozent der Photovoltaik-Anlagen, 60,5 Prozent der Smartphones und rund die Hälfte der Silizium-Ionen-Akkus für E-Autos. Auch 25,9 Prozent der E-Autos stammen aus China. Im Gegenzug dazu exportierte Deutschland Autos und Kfz-Zubehör im Wert von 5,9 Milliarden Euro in die Volksrepublik.
Weiterführende Links:
- RLS (11.10.2024): Armutszeugnis #9 Wettbewerbsfähigkeit: Wie uns eine Ideologie spaltet und Nationalismus befördert – https://www.youtube.com/watch?v=xoUlzbO7gVI
- Die Linke SC-RH (19.3.2023): Chinas Weg zur Marktwirtschaft – https://www.die-linke-schwabach-roth.de/international/chinas-weg-zur-marktwirtschaft/
- Die Linke SC-RH (7.9.2024): Kinderbücher und Kapitalismus – https://www.die-linke-schwabach-roth.de/gesellschaft/kinderbuecher-und-kapitalismus/