
Das Eis der Arktis schmilzt in nie erwarteter Geschwindigkeit und lässt den Meeresspiegel steigen, die Temperaturen werden von Jahr zu Jahr heißer – doch im Wahlkampf ist die Klimakatastrophe kein Thema. Im taz-Talk sprach Luisa Neubauer über Markus Söders „Kindertheater“ und warum die Union Klimapolitik gegen arme Menschen betreibe.
Rassismus statt Klimapolitik
Im Bundestagswahlkampf 2021 habe man sich noch darauf geeinigt, der Wissenschaft ein Mindestmaß an Akzeptanz entgegenzubringen und sich an das Pariser Klimaabkommen von 2015 zu halten, erinnerte sich Luisa Neubauer. Doch in den vergangenen 18 Monaten sei dieser Mindestanspruch an den politischen Diskurs weg vom Klimaurteil des Bundesverfassungsgerichts und der physikalischen Realität hin zu einem Wahlkampf gesunken, in dem man versuche, mit Rassismus zu gewinnen, analysierte die Sprecherin von Fridays for Future.
Wahrheit in der Krise
Doch gäbe es neben der Klimakrise auch eine Krise der Wahrheit, wie man an der Deregulierung von X oder Facebook sehen könne. „Es ist wichtig, zwischen realen und gefühlten Sorgen, die durch Fake-News im Internet ausgelöst werden, zu unterscheiden“, mahnte sie. Denn während sich verschiedene multiple Krisen überlagerten, habe sich das rechte Lager darauf geeinigt, dass der Klimaschutz all das sei, was falsch in der Welt laufe. Dabei spüre man eine enge Verbindung zwischen der fossilen Industrie, Klimaleugner*innen und Rechtsradikalen.
Ein Schnitzel-Ministerpräsident
„Wir haben es nicht geschafft, die ökologische Krise in jeder demokratischen Partei zu verankern“, gesteht die Klima-Aktivistin selbstkritisch. Dazu hätte sich sowohl der Konservatismus, die Liberalen sowie die Sozialdemokratie öffnen müssen, um guten Gewissens sagen zu können: Mit diesem Thema gewinnen wir! Stattdessen umarme Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) an einem Tag einen Baum, um sich kurz darauf auf seinem Instagram-Kanal geradezu in ein Schnitzel zu verwandeln. „So wird Klimaschutz zum Kindertheater“, kritisierte Neubauer.
Kalifornien in Flammen
Da selbst die Grünen keinen Klima-Wahlkampf machten, bekämen so AfD, Union und FDP die Deutungshoheit in Sachen Umweltschutz. „Dabei mussten in Kalifornien hunderttausende Menschen ihre Häuser vor den Bränden verlassen“, sprach sie die Folgen der Klimakrise an, die tagelang auch die deutschen Nachrichten dominierten. Darüber hinaus stellten Forderungen seitens der Union nach der Rückgängigmachung des europaweiten Verbrenner-Aus ab 2035 fundamentale Prinzipien wie die europäische Einigung in Frage.
Sparpolitik statt Demokratieförderung
Wäre Politik ehrlich, müsste Markus Söder „Bratwurstpolitik über Klimapolitik“ plakatieren, während Robert Habeck (B90/Grüne) titeln müsste „Bauchschmerzen. Ein Mann. Ein Wort.“ Und Olaf Scholz (SPD) sollte gestehen: „Klimakanzler ist doch nicht so mein Ding.“ Auch auf die von den Correctiv-Recherchen ausgelösten Massendemonstrationen gegen Rechtsextremismus habe das Kabinett Scholz falsch reagiert. „Statt sich grundlegend mit der Verteidigung der Demokratie zu beschäftigen, wurden Vereinen die Gelder gekürzt und in der Zivilgesellschaft an kulturellen Projekten gespart“, kritisierte Neubauer die Fiskalpolitik der damaligen Ampel-Regierung.
Die beschädigte Gesellschaft
Die Auswirkungen von Extremwetterereignissen wie Hochwassern oder Wirbelstürme zeigten sich laut Studien auch in einer zerrütteten Gesellschaft, etwa einer höheren Scheidungsrate. „Wenn die Energieversorgung, das Gesundheitssystem und das Bildungswesen zusammenbrechen, führt das auch im Privaten zu Konflikten und Streit“, warnte sie vor den indirekten Folgen von Klimakatastrophen. Dem könne man nur durch eine progressive Klimapolitik entgegenhalten. „Die CDU will alles ohne Ausgleichsmechanismus über den CO2-Preis regeln, was Menschen in horrende Kosten stürzen würde“, sprach sie das Umweltprogramm der Union an. Doch müsse die Energiewende auch für ärmere Menschen möglich sein, forderte Neubauer.
Weiterführende Links:
- taz (13.1.2025): Warum will im Wahlkampf niemand übers Klima sprechen? – https://www.youtube.com/watch?v=SGGxKKhVfs8&list=PLEG8RZE9Ihf_oyQAzW1QOxzgT9Aw5G5KS&index=9
- Die Linke SC-RH (17.12.2024): Konsumgesellschaft und Klimakollaps – https://www.die-linke-schwabach-roth.de/politik/konsumgesellschaft-und-klimakollaps/
- Die Linke SC-RH (4.12.2024): Klimawandel im globalen Süden – https://www.die-linke-schwabach-roth.de/global/klimawandel-im-globalen-sueden/