Obwohl Deutschland wegen fehlender Arbeitskräfte auf Migration angewiesen ist, wird sie von fast allen Parteien massiv bekämpft. Die 23. Folge von ManyPod, dem migrationspolitischen Podcast der Rosa-Luxemburg-Stiftung, ging der Frage nach, wie eine erfolgreiche Migrationsgesellschaft aussehen müsste.
Festung Europa
„GEAS ist faktisch die Abschaffung des Grundrechts auf Asyl“, beschrieb Clara Bünger das Gemeinsame Europäische Asylsystem, das auch von Grünen und SPD mitbeschlossen wurde. Asylverfahren finden außerhalb der EU-Grenzen statt und selbst, wenn Flüchtlinge europäischen Boden erreichen, gelten sie als „nicht eingereist“ und können in sogenannte „sichere Drittstaaten“ wie die Türkei abgeschoben werden. Doch im Gegensatz zur Regierungskoalition sei das Asylrecht für Die Linke nicht verhandelbar, erklärte die Bundestagsabgeordnete.
Rechte Hetze im Parlament
Nur allzu oft würden AfD-Forderungen gegen Migration von CDU/CSU übernommen und von SPD Grünen und FDP dann gemeinsam beschlossen. „Die Linke muss die Frage stellen, wie die infrastrukturellen Probleme in den Kommunen zum Wohle aller gelöst werden“, betonte die Juristin die Aufgabe einer linken Opposition. Doch fühlten sich Rassist*innen von den ausländerfeindlichen Parolen von AfD und CDU im Bundestag ermächtigt, Jagd auf Menschen zu machen. Björn Höcke leugne etwa, dass die soziale Frage durch Geldverteilung zwischen Reichen und Armen gelöst werde. Für ihn sei der richtige Weg die Umverteilung von Ausländern zu Deutschen. „Das ist ein völkisches Narrativ“, kritisierte Bünger.
2,5 Prozent „Überfremdung“
In Sachsen gäbe es Gemeinden, in denen nur noch 40 Prozent der Bevölkerung von 1990 lebten. „Die Menschen, die eine Ausbildung haben, verlassen die Region“, beschrieb die in Freiberg/Sachsen Aufgewachsene. Die AfD schüre in dieser Situation die Angst, damit die Leute nach unten treten. In Deutschland lebten nur 2,5 Prozent Geflüchtete, doch der politische Diskurs mache aus diesem marginalen Bevölkerungsteil den Grundstein einer totalen Überfremdung. Dem müsse jedoch ein linker solidarischer Gegenentwurf entgegengehalten werden. „Der Zuzug vieler Menschen aus Syrien hat 2015 zu einer gesellschaftlichen Aufbruchsstimmung geführt“, blickt die Politikerin auf Migration.
Wirtschaft braucht Zuwanderung
„Einwanderung ist der Normalzustand“, hielt Manuela Bojadžijev fest. Deshalb brauche es an deutschen und europäischen Grenzen demokratische Maßnahmen, auch in die Gesellschaft hinein, forderte die Professorin für Migration am Institut für Europäische Ethnologie der HU Berlin. „Der Zugang zu Arbeit, Bildung, Gesundheit und Wohnen muss für alle offen sein“, sagte sie. Statt Abschottung gegenüber neuen Zuzügler*innen sollte man sich vielmehr die Frage stellen, wie Wohnen und Mietverhältnisse organisiert werden müssen, damit es für alle reicht. „Der Arbeitskräftebedarf in Deutschland ist auf Migration angewiesen“, argumentierte sie aus wirtschaftlicher Perspektive.
Integration gelingt
Dennoch habe sich, etwa im EU-Wahlkampf, die rechte Erzählung von Migration als der „Mutter aller Probleme“ durchgesetzt. Dabei seien ab 2015 zahlreiche Linke der syrischen Demokratiebewegung nach Deutschland geflohen, um dem autoritären Regime zu entkommen. „Nach 2015 wurden die solidarische Gesellschaft und die Kommunen nicht unterstützt“, kritisierte Bojadžijekrv. Die Folge waren großflächige Erschöpfungserscheinungen. „Nach dem russischen Überfall auf die Ukraine konnte eine große Zahl an Menschen relativ geräuschlos in die deutsche Gesellschaft integriert werden“, nannte sie ein Beispiel für gelungene Veränderung. Es sei wichtig, dieses Modell auch auf andere Nationalitäten auszuweiten, forderte die Dozentin.
Weiterführende Links:
- RLS (25.10.2024): ManyPod #23: Ist die Linke noch zu retten? – https://www.rosalux.de/manypod
- Die Linke SC-RH (13.5.2024): Asylpolitik und Menschenrechte – https://www.die-linke-schwabach-roth.de/europa/asylpolitik-und-menschenrechte/
- Die Linke SC-RH (24.4.2024): Die dunkle Seite der Christdemokratie – https://www.die-linke-schwabach-roth.de/politik/die-dunkle-seite-der-christdemokratie/