Immobilien-Lobby und Politik

21. Juli 2025  Politik
Geschrieben von Kreisverband

Im ehemaligen DDR-Neubaugebiet Dresden-Gorbitz aus dem Jahr 1981 betreibt der international agierende Immobilienkonzern Vonovia eine Außenstelle. (Jörg Blobelt, CC BY-SA 4.0)

Was tun gegen unbezahlbare Mieten und die Verflechtung von Immobilien-Lobby und CDU? In der 304. Folge des Dissens-Podcasts sprachen zwei Aktivist*innen vom „Bündnis gegen Verdrängung und Mietenwahnsinn“ über Profitinteressen und Politik.

Wohnen führt zu Armut

„Unser Zuhause ist dazu da, die Profite von börsennotierten Unternehmen zu steigern“, schilderte Lara die Situation auf dem freien Wohnungsmarkt. So seien in Berlin die Angebotsmieten 2024 um 12 Prozent, und im Jahr zuvor sogar um 20 Prozent gestiegen. So koste der Quadratmeter 15,70 Euro – in München allerdings schon über 21 Euro. „Von jedem Euro, den Mieter*innen von Vonovia zahlen müssen, sind 45 Cent Ausschüttung an die Aktionär*innen“, blickte sie zurück. Durch solch eine Mietpolitik würden viele Mieter*innen arm, einige wenige Menschen mit Wertpapieren hingegen sehr reich. „In Deutschland ist jede*r fünfte von Wohnungsarmut betroffen“, sprach die Aktivistin vom „Bündnis gegen Verdrängung und Mietenwahnsinn“ die Folgen an. Wegen der hohen Mieten haben diese Menschen nicht mehr genügend Geld zum Leben.

Regierung und Lobbyist*innen

Wer neu nach Berlin komme, müsse für ein 12 m²-Zimmer pro Monat schon mal 650 Euro bezahlen, für möblierte Einzelapartments sogar über 1.000 Euro. „In Berlin-Neukölln stehen 4-Zimmer-Wohnungen leer, weil sich niemand die Monatsmiete von 3.250 Euro leisten kann“, beschrieb sie die nach oben offene Mietspirale. Die Immobilien-Lobby wolle alles, selbst unsere Grundbedürfnisse, privatisieren, um darauf gewinnorientiert Profit zu machen, kritisierte Lara. Die letzte Ampel-Regierung hatte sich dreimal so häufig mit deren Lobbyist*innen getroffen als mit Mieter*innen-Organisationen. „Bei der CDU-geführten Bundesregierung unter Friedrich Merz wird das vermutlich noch schlimmer werden“, blickte sie in die Zukunft.

CDU für Immobilien-Verein

Das demonstrierte beispielsweise der „Tag der Immobilienwirtschaft“, eine Veranstaltung des Zentralen Immobilien Ausschuss (ZIA), bei der sich Lobbyist*innen und Politiker*innen die Klinke in die Hand gaben. Teilnehmer*innen waren neben dem Kanzleramt-Chef Thorsten Frei (CDU) etwa die EU-Abgeordnete Sabine Verheyen (CDU), der hessische Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) oder der Berliner Abgeordnete Jan-Marco Luczak, der den Mietendeckel in der Landeshauptstadt weggeklagt hatte. Denn nachdem ein Gesetz steigende Mieten unterbunden und überhöhte Mietzahlungen abgesenkt hatte, klagten Politiker von CDU und FDP vor dem Bundesverfassungsgericht – federführend dabei: Luczak. „Der Mietendeckel wurde mit der Begründung gekippt, dass dieser von der Bundesregierung, nicht von der Berliner Landesregierung beschlossen hätte werden müssen“, erklärte Lara.

Lobbyismus im Bundestag

Doch seien bei ZIA nicht nur Wohnungskonzerne wie Deutsche Wohnen oder Vonovia, sondern auch BMW, Mercedes, BASF, IKEA, Kaufland und Lidl, erläuterte Kim. Die beiden letzteren Supermark-Ketten hätten die Tagung Anfang Juni in Berlin beispielsweise gesponsert. Aber auch von Bündnis 90/Die Grünen hätte der Lobby-Verband finanzielle Zuwendungen für einen Kongress erhalten. „Die Mitgliedsbeiträge belaufen sich auf 10 Millionen pro Jahr“, nannte der Aktivist eine Größenordnung. Davon würden unter anderem auch die 72 Personen bezahlt, die im Lobby-Register des Bundestags als Interessenvertretung der Privatwirtschaft gegenüber der Politik gelistet werden. Die Investmentgesellschaft Blackrock, für die Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) bis 2020 Aufsichtsratsvorsitzender des deutschen Ablegers war, hat Anteile an so gut wie allen Immobilienfirmen.

Arme raus aus der Stadt

Im Frühjahrsgutachten des ZIA analysieren vom Lobby-Verband auserkorene „Immobilien-Weisen“ den Wohnungsmarkt – etwa Ralph Henger, der im Institut der deutschen Wirtschaft und für die Lobby-Organisation der Arbeitgeber*innen „Neue Soziale Marktwirtschaft“ tätig ist. Seiner Bewertung nach sollten einkommensschwache Personen von der Stadt ins kostengünstigere Umland ziehen und tagtäglich mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zur Arbeit ins Zentrum pendeln. „Wenn diese wenig kaufkräftigen Menschen in der Stadt bleiben, nimmt der Umsatz der dortigen Firmen Schaden“, führte Kim die Argumentation des Senior Economist für Wohnungspolitik aus.

Weniger Umwelt, höhere Mieten

Ziel des ZIA sei, durch seine Lobby-Arbeit mit der Politik Umweltstandards und Lärmschutzwerte zu senken sowie innerstädtische Bauflächen zu vergrößern. Auch sollen durch entsprechende Steuergesetzgebungen Kapitalanlagen günstiger werden. „Der ZIA setzt sich für eine Anhebung des Mietspiegels und somit höhere Durchschnittsmieten ein“, nannte Kim eine weitere Auswirkung auf Vermieter*innen. Um Wohnungsbau und Mieten wieder bezahlbar zu machen, müsse man seiner Meinung nach etwas gegen die internationale Bodenspekulation und die Aktiengesellschaften tun, die am Immobiliengeschäft verdienen wollen. „Es braucht stattdessen genossenschaftliches und kommunales Bauen“, forderte er. Dort seien Steuergelder besser aufgehoben, als dass damit in Form von Wohngeld private Vermieter*innen subventioniert würden.

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