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Die Kritik am auf Energieverbrauch und Konsum fußenden Kapitalismus war in der Diskussion „Was passiert, wenn der Klimawandel die Heimat zerstört?“ deutlich zu hören. Doch die Chancen, dass sich die Gesellschaften der Industrienationen gegen ihren eigenen Wachstumskurs stellen, wurde als gering angesehen. Organisiert wurde die Veranstaltung vom Schweizer Radio und Fernsehen.
CO2 und die Folgen
Eigentlich sei es ganz einfach, sagte David Bresch. Mit unseren CO2-Emissionen brächten wir das Klimasystem aus dem Gleichgewicht und erhöhten so den Energiegehalt in der Atmosphäre. Und das hat Folgen. „Ein Grad Celsius mehr bedeutet sieben Prozent mehr Feuchtigkeit in der Luft und somit mehr Starkregenereignisse und Tropenstürme“, verdeutlichte er die Zusammenhänge. Aber auch der Permafrost taue dadurch auf – also das Eis, das in den Bergen die verschiedenen Gesteinsarten zusammenhalte. So käme es zu deutlich mehr Muränen und zerstörten Bergdörfern.
Konsum als Problem
„Die Politik hat zwar eine finanzielle, aber keine ökologische Schuldenbremse festgelegt“, kritisierte der Professor für Wetter- und Klimarisiken an der ETH Zürich. Denn mit unserem Ressourcenverbrauch verkonsumierten wir viel mehr als nur eine Welt. „Es braucht eine Entwicklung, die nicht so riesige Mengen an Abfall produziert“, forderte der Physiker. Ein rein quantitativer Maßstab nach dem Motto „Immer mehr vom Selben“ könne nicht glücklich machen. Der Umbau hin zu einer dekarbonisierten Energieproduktion schaffe wahnsinnig viele Arbeitsplätze. Und wirtschaftlich gesehen sei eine Wärmepumpe schlichtweg günstiger als die Ölheizung. „Bei der Anfangsinvestition braucht es jedoch eine ausreichende Unterstützung“, nahm Bresch die Politik in die Pflicht.
Drei Milliarden Klimaflüchtlinge
„Bei einem Temperaturanstieg von 2,7 Grad wird ein Drittel der Weltbevölkerung, also drei Milliarden Menschen, aus ihren momentanen Gebieten fliehen müssen“, beschrieb Jens Beckert die Zukunft. Dass das 2015 im Pariser Klimaabkommen festgelegte 1,5-Grad-Ziel nicht eingehalten werde, davon sei mittlerweile auszugehen. Stattdessen ist eine Erwärmung von mehr als 2,5 Grad zu erwarten. Bei der Überflutung in Pakistan waren 2022 etwa 30 Millionen Menschen betroffen und verloren so ihre landwirtschaftliche Existenz. Ganze Inselstaaten werden im Pazifik untergehen. „Die Ausbreitung der Sahelzone führt zu gewalttätigen Konflikten zwischen Nomad*inen und Bäuer*innen um Weide- und Ackerland“, schilderte der Soziologe eine weitere Folge. 80 Prozent solcher Klimaschäden würden im globalen Süden auftreten.
Verlust durch die Natur
Doch auch die westliche Welt spüre den Klimawandel. So wüteten etwa in Griechenland oder Kanada große Waldbrände. „Bei der Flut an der Ahr starben 2021 über 130 Menschen“, blickte der Direktor des Max-Planck-Instituts für Gesellschaftsforschung in Köln nach Deutschland. Dort waren Menschen auf den Dächern ihrer Häuser gesessen und mussten miterleben, wie die Gebäude ihrer Nachbarn – samt der Menschen in ihnen – von den Wassermassen fortgeschwemmt wurden. „Unsere Gesellschaft macht nun massive Verlusterfahrungen, obwohl nach dem Fortschritt-Narrativ alles besser werden sollte“, erklärte er. Dass solche Naturkatastrophen zu einem politischen Umdenken führten, sei jedoch zu bezweifeln.
Die Konsumgesellschaft braucht Öl
Denn in der fossilen Energiewirtschaft würden jährliche Gewinne von einer Billion Dollar erzielt, was sie zu einer der profitabelsten Branchen weltweit mache. „Nur weil die Temperatur ein bisschen steigt, wollen diese Unternehmen nicht auf ihre Gewinne verzichten“, zeigte Beckert die ökonomischen Zusammenhänge auf. Schließlich sei unsere Konsumgesellschaft unabdingbar auf diesen enorm hohen Energieverbrauch angewiesen. „In den letzten 70 Jahre sind die existierenden Klassenkonflikte durch ,Wachstum‘ befriedet worden“, sprach er den Kitt der Gesellschaft an.
Kapitalismus und Klimawandel
In einem kapitalistischen Wirtschaftssystem würden Investitionen nur dann getätigt werden, wenn es entsprechende Gewinnaussichten gäbe. „Das bedeutet ein Mehr an Ressourcenverbrauch“, erläuterte der Wissenschaftler. Dadurch würden die planetaren Grenzen – etwa Umweltverschmutzung, die Versauerung der Meere, Artensterben oder der Klimawandel – nur noch schneller überschritten. Aus diesen Gründen müsste deshalb beispielsweise die Automobilindustrie, auch in Deutschland, unverzüglich abgewickelt werden. Und schränkt sich im nächsten Satz sofort selbst ein. „Es ist politisch völlig undenkbar, dass sich die Mehrheit der Bevölkerung für die Schrumpfung der Wirtschaft ausspricht“, gibt sich Beckert realistisch.
Umweltzerstörung wegen E-Autos
Die Umwandlung in einen „grünen Kapitalismus“, bei dem die Energie aus Windkraft und Photovoltaik komme sowie Autos elektrisch betrieben würden, sei für ihn keine Lösung. „Für die Produktion von E-Autos wird in Südamerika Lithium unter enormen Umweltzerstörungen abgebaut“, kritisierte er die Schäden dieser Politik Auch verzögerte das Beharren auf „technische“ Lösungen wie das Abscheiden und Speichern von CO2 aus der Luft, das mit hohem Energieverbrauch einhergehe, die notwendige Transformation. Gesellschaftlich wichtig sei die Abkehr vom Individualverkehr sowie eine massive Reduzierung des Fleischkonsums, so der Wissenschaftler.
Weiterführende Links:
- SRF Kultur (30.9.2024): Was passiert, wenn der Klimawandel die Heimat zerstört? – https://www.youtube.com/watch?v=7KUJwM2vbns
- Die Linke SC-RH (4.12.2024): Klimawandel im globalen Süden – https://www.die-linke-schwabach-roth.de/unkategoisiert/klimawandel-im-globalen-sueden/
- Die Linke SC-RH (2.12.2024): COP29: Todesurteil für Klimapolitik – https://www.die-linke-schwabach-roth.de/global/cop29-todesurteil-fuer-klimapolitik/