
Warum ein Mietendeckel für Millionen Menschen wichtig ist und mit welchen Behauptungen die Immobilienlobby versucht, das Projekt zu verhindern, thematisierte die Podiumsdiskussion „Schöner Deckeln: Mythen und Fakten zum bundesweiten Mietendeckel“ der Rosa-Luxemburg-Stiftung.
Arbeiten nur fürs Wohnen
„Die Menschen sind verzweifelt, weil sie nicht mehr weiterwissen“, erklärte Jan van Aken. Bei einem Haustürgespräch im baden-württembergischen Bietigheim-Bissingen habe ihm eine Frau erzählt, dass sie für 700 Euro in ihre Hochhauswohnung eingezogen sei, die nun aber 850 Euro im Monat koste. „Wegen der Erhöhung hat sie einen Zweitjob annehmen müssen“, schilderte er die Konsequenzen. Sollte die nächste Mieterhöhung folgen, müsse sie jedoch aus der Wohnung – und billigere gäbe es nicht. „Millionen Mieter*innen geht es genauso – deshalb setzen wir uns für einen Mietendeckel ein“, erklärte der Vorsitzende der Linken.
Notlage auf dem Wohnungsmarkt
Dabei solle es – je nach Baujahr und Ausstattung – für jede Wohnung einen Preis geben. Neben der bisherigen Kategorie der „angespannten Wohnungslage“ wolle die Linke das weitere Kriterium „Notlage“ einführen. Das sei dann der Fall, wenn bei Neuvermietungen der Preis über 30 Prozent der bisherigen Bestandsmiete liege. „Die Vergleichsmiete muss auch die alten Bestandsmieten, nicht nur den Zeitraum der letzten sechs Jahre miteinbeziehen“, forderte er. Denn dieser geweitete Blick könnte die Mieten um bis zu 10 Prozent senken.
Mieter*innen profitieren
In angespannten Wohnungslagen dürfe die Mieterhöhung in drei Jahren nur maximal sechs Prozent betragen – oder bis die Grenze des Mietendeckels erreicht sei, erläutere van Aken. In einer Notlagen-Region sei eine Erhöhung bei Neuvermietungen grundsätzlich untersagt. „Beim Berliner Mietendeckel sind die Mieten nach dem Beschluss über Nacht gesunken“, stellte er die augenscheinlichen Vorteile für die Mieter*innen dar. Deutschlandweit könnten so Millionen Menschen von solch einem Instrument profitieren. In der sechsjährigen Übergangsphase, bis die Deckelung greife, solle es prinzipiell keine Mieterhöhungen geben dürfen. Danach müssten sich die Vermieter an die schon skizzierten Maßnahmen halten. „Das wollen wir als Linke so lange fordern, bis es eingeführt ist“, machte van Aken klar.
150 Milliarden Euro für Miete
„Für manche bedeutet eine Wohnung keinen Ort zum Leben, sondern eine gewinnträchtige Wertanlage“, fasste Andrej Holm den Interessengegensatz von Mieter*innen und ihren Vermieter*innen zusammen. Für erstere seien die Maßnahmen eines Mietendeckels die Kappung von Mieterhöhungen und das Absenken überhöhter Mieten. Vermieter dagegen sähen darin eine Kürzung von Ertragssteigerungen und die Reduzierung ihrer Übergewinne. „Bei der Vermietung werden deutschlandweit jedes Jahr 150 Milliarden Euro umgesetzt“, nannte der Autor der Broschüre „Mythen und Fakten zum bundesweiten Mietendeckel“ eine Größenordnung. Doch ein Mietendeckel könne die dabei erzielten Gewinne eben gefährden.
Baulust vergeht?
„Ein Slogan der Immobilienlobby lautet: Ein Mietendeckel schafft keinen neuen Wohnraum“. Stattdessen würde einzig und allein der private Wohnungsbau dazu führen, dass es mehr Wohnungen und – gemäß ,Angebot-und-Nachfrage‘ – sinkende Mieten gäbe. Ein Mietendeckel würde den Investor*innen aufgrund der fehlenden Gewinne die Lust am Bauen nehmen. Die angeblichen Folgen: weniger Neubau, somit Wohnraumverknappung und steigende Mieten um das begehrte Gut.
Gemeinnütziger Wohnungsbau
„Der Neubau hat in den vergangenen 20 Jahren lediglich 11 Prozent des gesamten Wohnbestandes ausgemacht“, korrigierte Holm diese Mär. Energetische Sanierungen und Sozialbindung könnten nur flächendeckend wirksam werden, wenn man sie im schon existierenden Bestand durchführe – also den 89 Prozent. Im Neubau-Sektor sollten hingegen kommunale und gemeinnützige Träger gefördert werden. Und er blickte in die Vergangenheit. „Historisch betrachtet wurden in Berlin besonders viele Wohnungen neu gebaut, als die Preise dafür staatlich festgelegt waren“, erläuterte der Soziologe.
Kein Recht auf Höchstgewinne
Auch seien zum Erhalt der Wohnsubstanz lediglich 40 Prozent der Mieteinnahmen notwendig – 60 Prozent sind also nur pure Rendite für die Vermieter*innen. Betrachte man hingegen genossenschaftlichen Wohnungsbau, sähe man hier, dass Wohnungen sehr gut instand gehalten werden, obwohl der Mietpreis im Vergleich unter dem Durchschnitt liege. „Das Verfassungsgericht in Karlsruhe hat erklärt, das Recht auf Eigentum bedeute nicht ein Recht auf Höchstgewinne“, führte Holm aus. Auch schränke eine Mietpreiskontrolle das Recht auf Eigentum in keiner Weise ein. „Steigende Mieten bedeuten für Millionen Menschen mehr Armut“, hielt er dagegen.
Die SPD und die Mietfrage
„In Hamburg fordert die Linke schon seit vier Jahren einen Mietendecke“, erinnerte Heike Sudmann. Doch seien SPD und Grüne – die doch stets betonten, „für die Mieter*innen“ zu sein – dagegen, kritisierte die Abgeordnete der Linken in der Bürgerschaft Hamburg. So habe die Hamburger Senatorin für Stadtentwicklung und Wohnung, Karin Pein (SPD) erklärt: „Einen Mietenstopp können wir uns nicht erlauben.“ Gerade das hatte die SPD im Bundestagswahlkampf 2021 jedoch groß plakatiert. Mit Olaf Scholz als SPD-Bundeskanzler geschah dann – nichts.
Weiterführende Links:
- RLS (14,1,2025): Mythen und Fakten zum bundesweiten Mietendeckel – https://www.youtube.com/watch?v=4K8dPsDRdqM
- Holm, Andrej (2025): Schöner Deckeln! Mythen und Fakten zum bundesweiten Mietendeckel – https://www.rosalux.de/publikation/id/52966/schoener-deckeln
- Die Linke SC-RH (28.2.2022): Miete. Alternativen zu privaten Wohnungskonzernen – https://www.die-linke-schwabach-roth.de/politik/miete-alternativen-zu-privaten-wohnungskonzernen/