
Andreas Bornefeld forscht zu Reichtum und liefert die Daten für das Manager-Magazin und die Forbes-Liste ‚The World’s Billionaires‘ der reichsten Menschen der Welt. Im Deutschlandfunk sprach er über die Vermögensungleichheit in Deutschland.
Millionen und Milliarden
Etwa 8.000 Familien in Deutschland haben jeweils ein Vermögen von über 30 Millionen Euro, davon sind jedoch 250 Milliardärsfamilien. „1913 gab es eine offizielle Millionärsliste, die damals 9.000 Namen sowie das jeweilige Vermögen und den Steuer-Anteil der Person umfasste“, rief Andreas Bornefeld in Erinnerung. Von den 1.000 größten Vermögen sei über die Hälfte der dazugehörigen Unternehmen vor 1945 gegründet und der Reichtum also vererbt worden. Daraus folgt, dass auch der größte Teil der heutigen Anteilseigner*innen an Unternehmen diese geerbt und sich das Vermögen nicht selbst erarbeitet hätte.
Geld für sich arbeiten lassen
„Ein Unternehmen aufzubauen und Arbeitsplätze zu schaffen ist eine große Leistung“, stellte der Politologe klar. Firmengründer*innen verfügten kaum über liquide Mittel, da das gesamte Geld in dem Betrieb stecke. Bei Erb*innen sei das jedoch anders. „Einige Familien haben Milliarden an Euro als Finanzanlagen, die sie als liquide Mittel nutzen können“, erklärte er. Diese würde er gerne fragen, warum sie dieses Geld nicht anderweitig verwendeten – es beispielsweise stifteten. Diese Menschen sähe er nicht als Leistungsträger*innen, da sie nur von ihren Dividenden lebten – und nicht für ihr Geld arbeiteten.
Aktien und Immobilien
In Deutschland wurde die Vermögensteuer 1997 abgeschafft, ein DAX-Vorstand verdient mittlerweile 40-mal so viel wie ein*e Durchschnittsverdiener*in. „Für mein Vermögen zahle ich 25 Prozent Steuern, für mein Einkommen aus Arbeit viel mehr“, sprach der die Ungleichbehandlung von Arbeit und Vermögen an. Wer sein betriebliches Vermögen verkaufe, könne den Gewinn wiederum investieren und von steigenden Aktienkursen oder der Verdoppelung der Immobilienwerte profitieren. „Aus eigenen Stücken eine Wohnung in einer Großstadt für die geforderten Preise zu kaufen ist sehr schwer“, erläuterte er die Konsequenzen für nicht-vermögende Menschen.
Die Profite steigen
Weltweit sei die Zahl der Millionär*innen seit 1990 massiv gestiegen, die Reallöhne hingegen eher stagniert, klärte Bornefeld auf. Die Schere zwischen Arm und Reich in der Gesellschaft gehe somit immer weiter auf. Im Wahlkampf für die vorgezogene Bundestagswahl 2025 wurde behauptet, dass es der deutschen Wirtschaft schlecht gehe und zahlreiche Unternehmensstandorte geschlossen werden müssten. „Die Automobilindustrie sowie chemische und energieintensive Betriebe sind betroffen, dem Rest geht es aber sehr gut“, ordnete der Wissenschaftler diese Erzählung ein. Die großen Familienunternehmen hätten in den vergangenen Jahren große Gewinne eingefahren. „Die Profite liegen meist noch höher als in der Vor-Corona-Zeit 2020“, erklärte er.
Steuern gerecht verteilen
Im langfristigen Vergleich sei die Anzahl an Arbeitsstunden gestiegen, die Investitionsquote der Unternehmen jedoch – unabhängig vom Niveau der Besteuerung – gesunken. „Kaum eine deutsche Holding ist wegen höherer Unternehmenssteuern in die Schweiz ausgewandert“, räumte er mit einer neoliberalen Drohkulisse auf. „Ich würde mir wünschen, dass Einkommen aus Kapital steuerlich genauso behandelt wird wie das aus Arbeit“, sprach sich Bornefeld für eine deutliche Anhebung des Steuersatzes aus. Der gleiche Satz solle dann auch für Vermögen gelten. „Dadurch wird die breite Mittelschicht entlastet“, erklärte er. Der Kernpunkt müsse jedoch eine Erbschaftsteuer sein, da Unternehmenserb*innen sehr viel Geld bekämen, ohne selbst etwas dafür geleistet zu haben. „Die zahlreichen Steuerschlupflöcher müssen gestopft und Steuerhinterziehung konsequent verfolgt werden“, appellierte er.
Weiterführende Links:
- Timm, Ulrike (21.5.2025): Andreas Bornefeld sammelt Daten über die Reichsten im Land – https://www.deutschlandfunkkultur.de/politologe-und-rechercheur-andreas-bornefeld-der-datensammler-100.html?utm_source=firefox-newtab-de-de
- Die Linke SC-RH (7.2.2025): Armutszeugnis. Steuerpolitik für Reiche – https://www.die-linke-schwabach-roth.de/politik/armutszeugnis-steuerpolitik-fuer-reiche/
- Die Linke SC-RH (12.2.2025): Überreiche zerstören die Demokratie – https://www.die-linke-schwabach-roth.de/politik/ueberreiche-zerstoeren-die-demokratie/