Panzer statt Klimaschutz

18. Mai 2025  Politik
Geschrieben von Redaktion


Die schwarz-rote Koalition will vor allem ins Militär investieren – hier ein Leopard 2 A7-Panzer im Ausbildungszentrum Münster, 2015 (Boevaya mashina, CC BY-SA 4.0)

Die Prioritäten der neuen Bundesregierung sind klar. Milliarden fürs Militär statt für eine klimaneutrale Wirtschaft, sozialen Wohnungsbau oder Daseinsfürsorge. Ines Schwerdtner und Carolina Ortega Guttack beschäftigten sich bei einer Veranstaltung der Rosa-Luxemburg-Stiftung mit der Grundgesetzänderung zur Schuldenbremse.

Sparen beim Bürgergeld

Jahrzehntelang ist der deutschen und europäischen Bevölkerung das Austeritätsprimat der Schuldenbremse aufgezwungen worden. „Mit der Abschaffung der Schuldenbremse für die Aufrüstung haben die Konservativen gezeigt, dass diese Ideologie schon seit 2009 gestorben war“, blickte Ines Schwerdtner auf die Änderung des Grundgesetzes. So sei für Panzer und anderes „totes Metall“ unendlich viel Geld da, während im regulären Haushalt – etwa beim Bürgergeld und den Sozialleistungen – weiterhin gespart werden müsse. „Diese Entscheidung beeinflusst den Bundeshaushalt der kommenden 10 Jahre“, warnte die Vorsitzende der Linken.

Photovoltaik oder Panzer

Tom Krebs und Isabella Weber hatten herausgearbeitet, dass die Aufrüstung gegenüber dem Klimaschutz stets bevorzugt würde. „Die 100 Milliarden Euro der Grünen in diesem Bereich werden durch die Militärausgaben noch verschlimmert“, sprach Schwerdtner den „Klimakiller Militär“ an. Denn am Ende müsse man sich stets die Frage stellen, ob mit den begrenzten Kapazitäten ein Solarmodul oder ein Panzer produziert werden solle.

Milliarden versickern im System

Statt Unmengen neuer Milliarden für die Aufrüstung sei die Frage, wo die bisherigen 50 Milliarden Euro im Verteidigungshaushalt versickerten und nicht für eine effektive Landesverteidigung genutzt würden. So würden in genau das gleiche System einfach weitere 100 Milliarden Euro des Sondervermögens geschüttet, zu denen nun 80 weitere Milliarden Euro kämen. „Vielmehr müsste geklärt werden, wie eine europäische Landesverteidigung auszusehen hat“, beschrieb sie eine Alternativ-Perspektive zu dem steten „Mehr-Geld-fürs-Militär“.

Kaputtgesparte Infrastruktur

Bodo Ramelow hatte kürzlich aufgezeigt, dass die Deutsche Bahn 120 Milliarden Euro bräuchte, um in den nächsten 10 Jahren ihren Betrieb überhaupt aufrecht erhalten zu können. „Um den öffentlichen Investitionsstau der vergangenen Jahrzehnte aufzuholen, braucht es 600 Milliarden Euro“, sprach Schwerdtner die finanziellen Dimensionen an. So reiche es weder bei den Kommunen – etwa in puncto Katastrophenschutz – noch bei der Finanzierung der Länder oder im Bundeshaushalt. „Die Union setzt auf Steuererleichterungen für Unternehmen und möchte den 8-Stunden-Tag und weitere Arbeitnehmer*innen-Rechte aushebeln“, skizzierte sie den Plan von Friedrich Merz. Bei der Daseinsfürsorge und dem sozialen Wohnungsbau herrsche hingegen Stillstand.

Investitionssackgasse Militär

Verteidigungsausgaben könne man als konsumtive Ausgaben sehen, die wichtiger seien als Menschen in der Pflege oder im Bildungsbereich, gab die Ökonomin Carolina Ortega Guttack sorgenvoll zu bedenken. Dabei werde mit der militärischen Aufrüstung kaum Produktives geschaffen. „Im Baugewerbe gibt es eine Kapazitätslücke von 20 Milliarden Euro“, erklärte sie. Werde dieser Betrag investiert, könne mit dem Geld für die Gesamtwirtschaft etwas Zusätzliches entstehen. Im militärischen Sektor liege die Marge lediglich bei 5 Milliarden, wies sie auf Nachteile „toten Materials“ wie Panzer, Flugabwehrraketen oder Drohnen hin.

Gewaltige Haushaltslücke

Die Grünen hatten eine Investitionsquote von 10 Prozent für den Bundeshaushalt ausgehandelt. Erst wenn diese erreicht sei, dürfe das Sondervermögen genutzt werden. „Das ist nicht viel mehr als die aktuelle Investitionsquote“, setzte Guttack das Ganze in einen Kontext. Außerdem läge der höchste Investitionsbedarf bei Ländern und Kommunen, wobei jedes Land deutlich weniger als eine Milliarde Euro erhalte. „Das reicht vorne und hinten nicht aus“, hielt sie fest. Darüber hinaus weise der Haushalt der schwarz-roten Koalition laut dem Spiegel eine Haushaltslücke von 600 Milliarden Euro auf.

Steuererleichterung für Reiche

„Bei Haushaltskürzungen werden immer Menschen gegeneinander ausgespielt“, kam sie auf die gesellschaftlichen Gefahren durch die künftigen Sparmaßnahmen zu sprechen. Gleichzeitig kämen 43 Prozent der Steuerentlastungen den reichsten 10 Prozent zugute. „Das reichste Prozent profitiert sogar von 27 Prozent der Steuererleichterungen“, zeigte die Ökonomin die soziale Ungleichheit auf. Das basiere auf der Behauptung, dass die Unternehmen das freigewordene Geld für Investitionen nutzten und es so zu einem gesamtgesellschaftlichen Wachstum käme. „Diese Theorie ist empirisch nicht belegbar“, warnte Guttack.

Lobby setzt sich durch

Ein weiterer Mythos sei die von der Wirtschaftslobby propagierte Senkung der Unternehmenssteuer. „Zentrale Standortfaktoren sind eine gute Infrastruktur und zahlreiche Fachkräfte – nicht die Höhe der Unternehmenssteuer“, verwies sie auf Ergebnisse von Unternehmensbefragungen. Und wolle man die nun aufgenommenen Schulden generationengerecht verteilen, müssten sich Reiche selbstverständlich stärker an deren finanziellen Rückzahlung beteiligen, stellte Guttack klar.

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