Poliklinik Syndikat: Bessere Gesundheit ist möglich

22. Februar 2025  Politik
Geschrieben von Kreisverband

Es gibt kein gesundes Leben im kranken System. (Poliklinik Syndikat)

Kritik an der ökonomisierten Gesundheitslandschaft und ein solidarisches Gegenmodell, das die Menschen in den Mittelpunkt stellt, waren die Schwerpunkte der Veranstaltung „Wie schaffen wir demokratische Sorgeinfrastrukturen?“ der Rosa-Luxemburg-Stiftung.

Privatisierte Krankenhäuser

„Gesundheit ist ein öffentliches Gut, das nicht kapitalistisch-warenförmig organisiert werden darf“, stellte Franziska Paul fest. Doch werde das System zunehmend dem freien Markt und somit einer Profitorientierung ausgesetzt, kritisierte die Aktivist*in des Poliklinik-Syndikats. Waren nämlich Anfang der 90er Jahre noch 45 Prozent der Krankenhäuser in staatlicher Trägerschaft gewesen, 40 Prozent gemeinnützig organisiert und 15 Prozent privat, habe sich das Verhältnis drastisch geändert. „Mittlerweile sind 40 Prozent privatisiert, nur etwa 30 Prozent sind staatlich oder gemeinnützig“, beschrieb sie den Ist-Zustand.

Armut bedeutet Krankheit

Auch erschließe sich das überschüssige Kapital der Finanzmärkte immer mehr den Gesundheitssektor. „Kliniken, Medizinische Gesundheitszentren und Pflegeheime werden von Private-Equity-Unternehmen aufgekauft“, gab sie Einblicke. Dort fokussiere man sich auf besonders lukrative Angebote, während andere Bereiche vernachlässigt würden. „Das steht einer bedarfsorientierten Versorgung entgegen“, kritisierte Paul. So gäbe es im wohlhabenden Charlottenburg-Wilmersdorf bei Hausärzt*innen-Praxen – welche privat als Kleinunternehmen agierten – einen Versorgungsgrad von 130 Prozent. Finanziell schwächere Berliner Bezirke wie Treptow-Köpenick hätten hingegen nur 80 Prozent, veranschaulichte sie die Ungleichheit.

Multiprofessionale Teams

Dies führe dazu, dass in manchen Kiezen keine ausreichende medizinische Versorgung stattfinden könne, warnte die Berlinerin. „Dabei sind gerade in den benachteiligten Bezirken die gesundheitlichen Probleme viel schärfer“, wies sie auf den Zusammenhang von Armut und Krankheit hin. Deshalb wolle man als Poliklinik-Syndikat über den medizinischen Rahmen hinaus auch die sozialen Faktoren in den Blick nehmen. In Stadtteil-Gesundheitszentren biete man deshalb auch psychologische oder Sozialberatung an. Dabei orientiere sich das Konzept an den Polikliniken der DDR, in der mehrere Professionen unter einem Dach wohnortnahe Behandlungen ermöglichten.

Beratung und Behandlung

Solch ein Stadtteil-Gesundheitszentrum ist durch das Gesundheitskollektiv Berlin auf dem Gelände einer ehemaligen Brauerei ins Leben gerufen worden. Dabei wurde das Areal an das Kollektiv und weitere soziale Akteur*innen als Erbpacht gegeben. „Ich arbeite dort als Hausärztin, neben mir ist eine Kinderpraxis und es gibt Beratungsangebote für Gesundheit und Soziales“, zählte Kirsten Schubert auf. Das konsumfreie Café beherberge auch einen Seminarraum, in dem sich verschiedene Selbsthilfegruppen treffen könnten. „Ich bin in einem multiprofessionellen Team mit psychologischem und sozialen Blickwinkel“, beschrieb die Ärztin den Mehrwert des Konzepts.

Der Mensch im Mittelpunkt

So stünden Prävention und Gesundheitsförderung anstelle von Krankheitsverwaltung im Vordergrund. „Bei unseren Kursen machen wir das, was die Menschen wollen“, erläuterte Schubert den bedarfsorientierten Ansatz. Dies gehe etwa von Erste-Hilfe-Kursen über Training gegen Rückenschmerzen bis zur Veranstaltung zu den Wechseljahren. Die Finanzierung erfolge aus Fördertöpfen des Berliner Senats und Geldern der Bosch-Stiftung, so dass das Kollektiv bis zu 40 vergütete Stellen einrichten konnte.

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