Anfrage am 25.11.2020 von der Partei DIE LINKE, Martin Winkler (Die Partei) und der Fraktion Die Grünen

26. April 2021  Anlage
Geschrieben von Redaktion

Wohnen als zentrales gesellschaftliches Problem

Jeder Mensch hat das Recht auf angemessenen Wohnraum. Aufgrund der steigenden Mieten deutschlandweit können prekäre Situationen für untere Einkommensgruppen entstehen. Da jede und jeder ein Dach über dem Kopf braucht und dieses grundlegende Bedürfnis zunehmend unbezahlbar wird, stellt sich dieses Thema als ein zentrales gesellschaftliches Problem dar. „Mieten und Wohnen“ ist bundesweit im Fokus, nimmt gerade einen besonderen und wichtigen Stellenwert in kommunaler Politik ein. Betrachtet man die Zahlen in Nürnberg, kam es auch hier in den letzten Jahren zu Mietsteigerungen. So lag die Steigerung in den 6 Jahren zwischen 2012 und 2018 bei jährlich 4 % und damit über der bundesweiten Inflation (2 %). Natürlich ergeben sich Unterschiede zwischen Stadt und Land dennoch ist es wichtig einen Überblick über diese Verläufe zu haben. Woraus sich folgende Fragen für Roth ergeben:

  1. Fragen zum Wohnungs- und Mietmarkt im unteren Mietpreis-Sektor/ Nachfrageseite:
    1. 1.1. Wie viele Mieterhaushalte gibt es in Roth? Wie groß ist der Anteil an Haushalten insgesamt in Prozent?
    2. 1.2. Wie viele Haushalte an Transferleitungsbeziehern SGB II/XII sind darunter?
    3. 1.3. Wie viele Haushalte von 1.1 sind armutsgefährdet?
    4. 1.4. Wie viele Haushalte beziehen Wohngeld?

Bis Dezember 2021 wurde die Verlängerung der Mieterschutzverordnung beschlossen. Diese stellt einen lückenlosen Mieterschutz für Mieter*innen in Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt sicher. Ein angespannter Wohnungsmarkt ist dann vorhanden, wenn in einer Gemeinde oder einem Teil einer Gemeinde die Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet ist. Durch Bundesrecht wird den Ländern die Möglichkeit eingeräumt, Kommunen zu benennen, in denen der Mieterschutz ausgeweitet wird. Zwar ist aus dem Landkreis Roth die Stadt Wendelstein in der Bayerischen MieterschutzVO aufgelistet, die Stadt Roth ist jedoch nicht zu finden. Es ergeben sich deshalb folgende Fragen:

[Hinweis. In Bayern gewährt die Mieterschutzverordnung https://www.gesetze-bayern.de/Content/Document/BayMiSchuV/true verschiedene über Bundesrecht hinausgehende Schutzvorschriften. Die Verordnung regelt auch den örtlichen Geltungsbereich].

  1. Mieterschutzverordnung
    1. 2.1. Wieso ist Roth nicht im Geltungsbereich der Mieterschutzverordnung aufgeführt?
    2. 2.2. Hat die Stadt einen Antrag auf Aufnahme in die Mieterschutzverordnung gestellt?
    3. 2.3. Wenn nein, warum nicht?
    4. 2.4. Wie wurden die nach 556d BGB Abs 2 erforderlichen Fragen beantwortet, insbesondere die Regelbeispiele nach Abs 2 Nr 1-4?
    5. 2.5. Auf welcher Datenbasis wurden die Erkenntnis gewonnen, die zur Beantwortung der Fragen führte.

Mieter haben deswegen nur den durch Bundesgesetz vorgegebenen Minimalschutz bei

  1. Wohnungsumwandlungen
    Daraus ergibt sich die Frage: Wie viele Wohnungsumwandlungen gab es in Roth innerhalb der letzten 10 Jahre und im letzten Jahr?
  2. Mietsteigerungen
    Woraus sich die Frage ergibt: Wie werden die Steigerungen der Miete zurzeit beobachtet, insbesondere die Steigerungen in bestehenden Mietverhältnissen?
  3. Neuvertragsmieten
    Deren Begrenzung ist Gegenstand der so genannten „Mietpreisbremse“. Aktuell kann sie de facto nicht angewendet werden, da Mietern die Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete in der Regel nicht möglich ist.

Daraus ergibt sich die Frage: Wie werden die Steigerungen der Miete zurzeit beobachtet, insbesondere die Steigerungen der Neuvertragsmieten?

Am 30.10 hat die Stadt Schwabach ihren Qualifizierten Mietspiegel 2020 gem. §558d BGB veröffentlicht. Um einen solchen festzulegen ist eine Umfrage mit Mietern und Vermietern von Nöten. Hieraus kann dann unter zu Hilfenahme verschiedener statistischer Verfahren, abhängig von unterschiedlichen Determinanten, die örtliche Vergleichsmiete festgestellt werden. Aus den erhobenen Daten werden ebenfalls die Richtwerte für die angemessenen Kosten der Unterkunft (KdU) ermittelt. In der Nachbarstadt Schwabach führten die auf der Erstellung des MS 2020 basierenden Richtwerte nun zu drastischen Anhebung der Richtwerte- und zwar zwischen 16,7 % für 1 Personenhaushalten und bis zu 37,1% bei 5-Personen-Haushalten. Davon ausgehend, dass die Mieten selbst in Nürnberg binnen der vergangenen 2 Jahre nach Mietenspiegelauswertungen lediglich um ca. 8% im fast gleichen Zeitraum steigen, zeigt sich, dass die Mieten in SC vorher drastisch (bei 5-Personen Haushalten also rund 30%) zu niedrig berechnet wurden. Zwar werden die KdU vom Landkreis Roth übernommen, trotzdem ergeben sich folgende Fragen:

  1. Angemessenheit der aktuellen Richtwerte für die KdU
    1. 3.1. Kann ausgeschlossen werden, dass auch in Roth aktuell unangemessen niedrige KdU übernommen werden?
    2. 3.2. Wenn ja, aufgrund welcher Datenlage konnte die Frage zu 3.1 beantwortet werden?
    3. 3.3. Stellen die aktuellen Richtwerte für die KdU sicher, dass der transferleistungsberechtigte Personenkreis Zugang zu einem ausreichend großen Segment des Wohnungsmarktes erhält, sodass er sich mit angemessenem Wohnraum versorgen kann, unter Berücksichtigung der unter 1.1 – 1.4 aufgeworfenen Fragen.
    4. 3.4. Frage: Wie groß ist der Anteil der
      1. 3.4.1. bestehenden Mietverhältnisse, deren Miete, innerhalb der aktuellen Richtwerte liegt?
      2. 3.4.2. Vertragsangebote, am Gesamtangebot für angemessene Wohnungen, deren Miete innerhalb der aktuellen Richtwerte liegt?
    5. 3.5. Anpassungen der Richtwerte
      1. 3.5.1. Frage: In welchem Maße wurden die Richtwerte das letzte Mal angepasst?
      2. 3.5.2. Frage: Entspricht die Anpassung der Steigerung von
        1. 3.5.2.1. Bestands- und
        2. 3.5.2.2. Neuvertragsmieten
          für angemessene Wohnungen?

Die Fragen 4-5 zielen darauf ab, abschätzen zu können, ob ein für die Nachfragegruppe ausreichend großes Angebot an Wohnungen für die Richtwerte der KdU finanziert werden kann. Es bieten sich zwei Methoden an:

  1. Betrachtung des Angebots, das der erweiterten Nachfragegruppe entsprechen muss
  2. Betrachtung der Steigerung einer einmal korrekt und in ausreichender Höhe festgesetzten Richtwerts; Steigerungen müssen den Mietsteigerung des Segments z. B. nach Mietspiegelerhebungen entsprechen

Da Wohnen kein Luxus ist, sondern ein Menschenrecht, und Neubau systematisch nur Wohnungen schafft, die für untere Einkommensschichten nicht bezahlbar sind, muss die Stadt Roth sich mit Thema des Wohnungsbestandes und seiner Bewohner auseinandersetzen. Nur über eine ausreichende Erfassung von Daten über den Wohnungsbestand und die entsprechende Nachfragegruppe kann Sicherheit darin gewährleistet werden, dass Mieten in Roth bezahlbar sind.

Welche Möglichkeiten sieht die Verwaltung, um die erwähnten Daten – soweit fehlend – zu erheben?

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