Pariser Kommune – damals und heute

13. Januar 2022  Geschichte
Geschrieben von Kreisverband

Quelle: Rosa-Luxemburg-Stiftung

Ein Gesellschaftsexperiment jenseits des Kapitalismus – in ihrer Podcast-Folge über „Der Bürgerkrieg in Frankreich“ (Karl Marx, 1871) erklärt die Rosa-Luxemburg-Stiftung die historischen Hintergründe der Pariser Kommune und zieht Konsequenzen für unsere Gegenwart.

1870: Krieg und Aufstand

Die Vorgeschichte der Pariser Kommune lag im „Deutsch-Französischen Krieg“, in dem Napoleon III. dem Deutschen Bund den Krieg erklärte. Nach einer Reihe militärischer Niederlagen und der Gefangennahme des Herrschers bei Sedan kam es zum Ende des Zweiten Kaiserreichs und am 4. September 1870 zur Ausrufung der Republik und einer Regierung der nationalen Verteidigung. Während preußische Truppen die französische Hauptstadt belagerten, kam es in Lyon, Marseille, Toulouse und anderen Städten zu Aufständen, in denen Arbeiter*innen ihre sozialen Forderungen durchsetzen wollten. In Lyon gehörte etwa der bekannte Anarchist Michail Bakunin zu den Verfassern der revolutionären Proklamation. Die sozialen Erhebungen wurden von der republikanischen Regierung jedoch zügig niedergeschlagen.

1871: Pariser Kommune

Der Waffenstillstand vom Januar 1871 forderte die Entwaffnung der Nationalgarde sowie die Übergabe der Pariser Verteidigungswerke an die Deutschen. Dem widersetzte sich die 300.000 Mann starke, aus der städtischen Unterschicht bestehenden Pariser Nationalgarde. Somit stand sie im Gegensatz zur Regierung, der von Monarchisten dominierten Nationalversammlung sowie der deutschen Armee. Nach einem gescheiterten Versuch, die Nationalgarde zu entwaffnen, wich die Regierung nach Versailles aus und am 28. März wurde die Kommune proklamiert.

Demokratie und Sozialreformen

Es kam zu einer umfassenden, direkten Demokratisierung. Nationalgardisten wählten ihre Offiziere selbst, Stadträte und Richter wurden ebenfalls gewählt und konnten jederzeit abgesetzt werden. Neben einem kostenlosen Schulbesuch kam es zur Umwandlung von Fabriken in Arbeiter*innen-Genossenschaften. Anstelle einer Zentralregierung sollte es zu einem föderalen Verwaltung auf kommunaler Ebene kommen. Um Selbstbereicherung vorzubeugen, erhielten alle Amtsträger einen gewöhnlichen Arbeiterlohn. Auch wurden notarielle Aufgaben statt von hochdotierten privaten Anwälten nun als öffentliche Dienstleistung angeboten.

Bürgerkrieg und Gegenwart

Nach Absprache mit der deutschen Armeeführung eroberten französische Regierungstruppen im Mai die Hauptstadt. Bis zu 30.000 Arbeiter*innen wurden getötet, 40.000 verhaftet und meist in überseeische Strafkolonien deportiert. Auf die heutige Zeit übertragen sind vor allem die Genossenschafts-Unternehmen als Vorbild zu sehen. Zwar führen staatliche Verordnungen zum Arbeitsschutz und die von Gewerkschaften erkämpften Tarifverträge zur Verbesserung für die Arbeiter*innen. Die Herrschaft des Konzernchefs und die Abhängigkeit der Beschäftigten bleibt jedoch weiterhin bestehen. Nur eine genossenschaftliche Übernahme der Betriebe durch die Arbeiter*innen kann die Hierarchie und Ausbeutung beenden.

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