Zur gegenwärtigen Wirtschafts- und Finanzkrise

23. April 2009  Politik
Geschrieben von Helmut Johach

Wir lassen uns keinen Sand in die Augen streuen!

Der Bankencrash vom vergangenen Jahr, dessen Folgen noch lange zu spüren sein werden, hat inzwischen die Realwirtschaft voll erfasst: Experten sagen für das laufende Jahr ein „Minuswachstum“ (schönes Unwort!) von bis zu acht Prozent voraus. Hiobsbotschaften aus allen Branchen der Wirtschaft, vor allem aus der Autoindustrie, häufen sich. Nicht nur die zum konkursverdächtigen Konzern General Motors gehörende Adam Opel AG und die Firma Schaeffler, die sich mit Krediten die Mehrheit beim Autozulieferer Continental sichern wollte und nun die hohen Zinsen nicht zahlen kann, stehen ohne staatliche Hilfe kurz vor der Pleite, auch zahlreiche mittelständische Betriebe blicken in eine ungewisse Zukunft. Vor allem der massive Rückgang der Aufträge aus dem Ausland schlägt bei den exportorientierten Unternehmen negativ zu Buche. Die Folgen sind auch auf dem Arbeitsmarkt spürbar: Kurzarbeit und Entlassungen nehmen inzwischen rasant zu. Doch es handelt sich nicht nur um das übliche Auf und Ab zwischen Wirtschaftsaufschwung und Rezession. Zurzeit erleben wir die heftigste Katastrophe des kapitalistischen Wirtschaftssystems seit der Weltwirtschaftskrise vor 80 Jahren.

Mit gigantischen Kreditgarantien hat die Grosse Koalition aus CDU/CSU- und SPD rasch ihren „Schutzschild“ aufgebaut, unter den sich „notleidende“ Banken flüchten können. Das seit Anfang des Jahres laufende Konjunkturprogramm gibt einen kleinen Vorgeschmack, wie die Regierung die Krise bewältigen will. Von der „Abwrackprämie“ haben bisher vor allem die Autohändler profitiert, während die Autoindustrie immer mehr Kurzarbeit verordnet. Das Abwracken eines alten Autos ist dem Staat 2500 Euro, die notwendige Ausstattung eines Kindes, das in Armut lebt, dagegen nur 100 Euro wert!

Abgesehen von der Schieflage bei der Verteilung der Mittel aus dem Konjunkturprogramm, stellen sich vor allem zwei Fragen: Erstens: Wer ist verantwortlich für das Desaster? Und zweitens: Wer zahlt die Zeche?

Klar ist inzwischen, dass nicht nur einige besonders geldgierige Banker, sondern auch führende Leute aus Wirtschaft und Politik beim Run auf die größtmögliche Rendite im Kasino-Kapitalismus mitgespielt haben. Dies gilt z.B. für etliche Kommunen, die stadteigene Betriebe an Investmentfirmen „verleast“ haben, um von den Steuervorteilen in den USA mit zu profitieren, und beim Rückkauf jetzt hohe Verluste einstecken müssen. Es gilt ebenso für die Aufsichtsräte der Landesbanken, die riskante Geschäfte auf den Weltfinanzmärkten – wo die Landesbanken eigentlich nichts zu suchen haben – befürwortet haben, und es gilt nicht zuletzt für ehemalige Minister, die jetzt über „Heuschrecken“ klagen, durch ihre neoliberale Steuerpolitik jedoch erst die Möglichkeit geschaffen haben, dass ausländische Hedge- und Private-Equity-Fonds bei uns ganze Firmen aufkaufen und aussaugen können. Wenn die gleichen neoliberalen Politiker heute die Banken und die Wirtschaft „retten“ wollen, so heißt das, die Brandstifter zur Feuerwehr zu machen!

Klar ist auch, wer das Ganze bezahlen soll: Es ist wieder einmal der „kleine Mann“, der einfache Steuerzahler, der schon jetzt die Staatsausgaben für Bundeswehreinsätze in Afghanistan und für immer mehr Überwachung im Innern finanziert und nun auch für den „Schutzschirm“ über den Banken, für die weitere Zahlung unverschämt hoher Managergehälter, für die Kosten des Konjunkturpakets und die Rettungsmaßnahmen für große Industriebetriebe gerade stehen soll.

Das Rezept heißt: Weitere hohe Staatsverschuldung auf Kosten unserer Kinder und Enkel! Keine Anstrengung wird dagegen unternommen, die Verursacher der Krise zur Rechenschaft zu ziehen. Im Gegenteil: Je höher die Position, umso größer die Schonung. Ex-Post-Chef Zumwinckel kann sich für seinen Steuerbetrug, der jeden anderen in den Knast gebracht hätte, freikaufen. Ermittlungsverfahren gegen Manager der BayernLB werden erst gar nicht in die Wege geleitet und niemand kommt auf die Idee, z.B. Frau Schaeffler aufzufordern, wenigstens einen Teil ihres in der Hochkonjunktur gewonnenen Privatvermögens von 6 Mrd. Euro wieder in die Firma zu investieren, ehe sie den Staat anpumpt.

Skepsis ist auch geboten, wenn von der Möglichkeit einer Verstaatlichung (bei der Hypo Real Estate) die Rede ist und Herr Westerwelle von der FDP die „soziale Marktwirtschaft“ – die er selbst mit zu Grabe getragen hat – gegen den heraufziehenden „Sozialismus“ meint verteidigen zu müssen. Denn was heißt „Verstaatlichung“ hier konkret? Nichts anderes als was wir schon seit langem kennen: Für die Milliardenverluste der Bank soll die Allgemeinheit, d.h. der Steuerzahler, gerade stehen; sollten dagegen in einigen Jahren schwarze Zahlen geschrieben werden, werden die Gewinne wieder privat abgeschöpft.

DIE LINKE ist die einzige der im Bundestag (und leider noch nicht im bayerischen Landtag) vertretenen Parteien, die sich nichts vormachen lassen will und die Dinge klar beim Namen nennt: Hauptverursacher der gegenwärtigen Krise ist das Finanzkapital, d.h. jene gigantisch gewachsene Ansammlung riesiger Geldvermögen, deren Besitzer nichts anderes im Sinn haben, als ihr Kapital zu vermehren, und dies auf Kosten der Betriebe und Belegschaften, der arbeitenden und steuerzahlenden Bevölkerung und ihrer Nachkommen. Mitverursacher sind die Banker, Manager und Politiker, die sich zum Handlanger des Finanzkapitals gemacht haben und jetzt mit neoliberalen Mitteln, d.h. auf Kosten der Allgemeinheit, das alte System am laufen halten wollen!

Wir fordern deshalb:

  • Die Umverteilung von unten nach oben, d.h. die Bereicherung weniger auf Kosten der Allgemeinheit, muss gestoppt werden!
  • Diejenigen, die die Krise mit verschuldet haben, indem sie am Finanzsystem Milliarden verdient haben, sollen auch an der Beseitigung des Desasters angemessen beteiligt werden!
  • Um weiterer Spekulation an den Finanzmärkten vorzubeugen, müssen die Steueroasen geschlossen, Hedge- und Private-Equity-Fonds verboten werden; Devisentransaktionen sind zu besteuern.
  • Staatliche Hilfen für Banken und inländische Firmen sind nur dann zu gewähren, wenn die Verwendung der Mittel demokratisch kontrolliert wird und der Staat auch an künftigen Gewinnen beteiligt wird.
  • Die Leistungen des Konjunkturprogramms müssen vor allem der Verbesserung der Infrastruktur im Bildungs- und Gesundheitswesen und der Förderung der Massenkaufkraft (Anhebung der Einkommen von Geringverdienern, Familien, Rentnern und Erwerbslosen) zu Gute kommen.

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