Von Lenin als verlängerter Arm der Bolschewiki gegründet, von Stalin durch „politische Säuberungen“ ausgedünnt und 1943 schließlich aufgelöst – die Geschichte der Kommunistischen Internationalen (Komintern) war Thema in der 15. Folge von RosaLux-History.
Luxemburg: Fehlende Gleichberechtigung
Während des russischen Bürgerkriegs trafen in Moskau 1919 Funktionäre aus 29 Ländern zusammen, um die Komintern zu gründen. In Abgrenzung zur von Marx initiierten „Ersten“ bzw. der 1914 aufgelösten „Zweiten“ gilt sie auch als „Dritte“ Internationale. Anwesend waren fast ausschließlich unbedeutende kommunistische Splitterparteien, einzig die KPD und die Bolschewiki repräsentierten eine größere Anhängerschaft. Allerdings enthielt sich die KPD beim Gründungsakt, da die von Rosa Luxemburg beeinflussten Deutschen eine zu große Dominanz der russischen Bolschewiki sahen.
Lenin: Nur die Bolschewiki
Die Befürchtungen sollten sich bewahrheiten. Im Folgejahr setzte Lenin mit der Kritik aller nicht-bolschewistischen Parteien den Ausschluss sämtlicher Sozialist*innen durch. Als Reaktion darauf riefen Linkssozialist*innen unter Federführung des Austro-Marxisten Otto Bauer in Wien die „Internationale 2 ½“ aus, die Komintern-Sekretärin Angelica Balabanoff trat aus Protest gegen den alleinigen Machtanspruch der Bolschewiki zurück.
Trotzki: Einheitsfront
1921 wiederum sprachen sich Lenin und Leo Trotzki mit der „Einheitsfront“ für Bündnisse mit Sozialist*innen aus, in deren Folge es 1923 zu Regierungskoalitionen zwischen KPD und SPD in Sachsen und Thüringen kam. Der Einmarsch der Reichswehr in die beiden Länder, der erfolglose Hamburger Aufstand und der Tod Lenins 1924 änderte die Situation jedoch. Im anschließenden Machtkampf zwischen Trotzki, der weiterhin die „permanente Weltrevolution“ verfolgte, und Josef Stalin setzte sich letzterer durch. Er gab als Ziel den „Sozialismus in einem Land“ vor und degradierte somit sämtliche nicht-russischen Kommunistischen Parteien als bloße Befehlsempfänger Moskaus. Hatte Marx 1848 noch geschrieben „Proletarier haben keine Heimat“, lautete Stalins Order nun: Die Heimat aller Werktätigen ist die Sowjetunion!
Stalin: „Sozialfaschismus“
Dies äußerte sich auch in der Politik der Komintern. Andersdenkende der linken Strömung um Trotzki oder Karl Radek wurden liquidiert, die einzelnen Parteien mit der „Bolschewisierung“ klar auf den Vožd‘ (Führer) der KPdSU ausgerichtet. 1928 sorgte Stalins „Sozialfaschismus-Theorie“ dafür, dass Kommunist*innen weltweit die Sozialdemokratie als ihren Hauptfeind ansahen, anstatt gemeinsam gegen den Faschismus vorzugehen. Ende 1933 behauptete Wilhelm Pieck sogar, Deutschland marschiere einer „proletarischen Revolution“ entgegen.
„Säuberungen“ und Auflösung
Nach dem Erstarken des Faschismus in Italien und des Nationalsozialismus in Deutschland änderte Stalin 1935 die Linie der Komintern. Nun sollte eine „Volksfront“, also ein Zusammenschluss von Kommunist*innen mit linken und bürgerlichen Parteien, gebildet werden. Im Spanischen Bürgerkrieg unterstützte er etwa die republikanische Zentralregierung, ließ jedoch gleichzeitig andersdenkende Linke (Anarchist*innen, Trotzkist*innen, Libertäre, ect.) vor Madrid exekutieren. Einen ähnlichen Kurs verfolgte er im eigenen Land. Den „Großen Säuberungen“ fielen in der Sowjetunion Tausende zum Opfer. Zwar bildete sich mit der „Vierten“ (trotzkistischen) Internationalen oder der KPD-Opposition linke Gegenmodelle zum stalinistischen Terrorapparat. Doch wurden die meisten, wie Trotzki selbst bei einem Anschlag 1940 in Mexiko, von Stalins Schergen liquidiert.
Den Kampf gegen Linke in Spanien begründete der Generalsekretär mit einem anzustrebenden Bündnis der kapitalistischen Großmächte Großbritannien und Frankreich. 1939 schloss er einen Pakt mit dem nationalsozialistischen Deutschen Reich und löste die Komintern 1943 auf, um sich der Waffenhilfe der Vereinigten Staaten und Großbritanniens gegen Nazi-Deutschland sicher zu sein.
Weiterführende Links und Literatur:
- Rosalux History (21.2.2022): Die Kommunistische Internationale – https://www.rosalux.de/rosalux-history
- Politt, Holger (2019): Luxemburgismus. Geschichte einer politischen Verfolgung – https://legacy.zeitschrift-luxemburg.de/luxemburgismus/
- Killet, Julia (2020): Luxemburgismus. In: Fiktion und Wirklichkeit. S. 94-116.