Kapitalismus und Rassismus

15. November 2022  Gesellschaft
Geschrieben von Kreisverband

Cartoon von Thomas Theodor Heine im Simplicissimus. Aus: Köster, Freimut (2002): Kursbuch Geschichte. Unterrichtsmaterial 13.1, S. 40)

Der Zusammenhang von Kapitalismus und Rassismus sowie die unterschiedliche Verständnis von marxistischer Klasse und US-amerikanischer „class“ waren Thema von Bafta Sarbos Buchvorstellung „Die Diversität der Ausbeutung. Zur Kritik des herrschenden Antirassismus“. Der Vortrag wurde vom Kurt-Eisner-Verein Bayern organisiert.

Rassismus: Ausbeutung rechtfertigen

Schon Eric Williams, der die einstige britische Kolonie Trinidad und Tobago 1962 in die Unabhängigkeit führte, stellte fest, dass Sklaverei nicht von Rassismus komme, sondern Rassismus aus der Praxis der Sklaverei entstehe. Die rassistische Ideologie solle die wirtschaftliche Unterdrückung legitimieren, da die europäischen Mächte auf die Ausbeutung von Rohstoffen und Arbeitskräften ihrer Kolonien angewiesen waren.

Gewinnmaximierung als Ziel

Sarbo führte aus, dass es den Kolonialmächten beim Ausgreifen auf afrikanische oder asiatische Gebiete nicht primär um die Herrschaft einer weißen Rasse, sondern um die Anhäufung von Kapital für die eigene Staatskasse ging. Der biologische Rassismus entstand vielmehr erst im 19. Jahrhundert. „Im industrialisierten Großbritannien versuchten Rasseforscher das Elend der englischen Arbeiter*innenschaft mit deren angeblichen minderwertigen Eigenschaften zu begründen“, erläuterte sie das Aufkommen des Konzepts der Ungleichheit.

Ausgebeutete und Über-Ausgebeutete

Im kapitalistischen System wurde die Ausbeutung der Menschen durch rassistisches Denken lediglich noch weiter ausdifferenziert. Waren die weißen Proletarier*innen die Ausgebeuteten, wurden schwarze Arbeiter*innen zu den Über-Ausgebeuteten. Die Ungerechtigkeit zwischen reichen Besitzenden und armen Besitzlosen blieb bestehen, doch die Hautfarbe entschied nun über deren Intensität.

Krisen verstärken Vorurteile

In der jungen Bundesrepublik wurde aus dem einst biologischen Rassismus ein kultureller Neorassismus, der nicht nach Rasse, sondern Herkunft unterschied. „Die Ölkrise von 1973 und die Wirtschaftsrezession in den 80ern ließ die ausländischen ‚Gastarbeiter‘ plötzlich als Konkurrenten der Deutschen um Wohnraum und Arbeit erscheinen“, erläuterte die Sozialwissenschaftlerin den Zusammenhang von knappen Gütern und Vorurteilen. „Die Krisen des Kapitalismus befeuern rassistische Vorurteile“.

Klassenkampf gegen das Kapital

Die ab den 70er Jahren in den USA entstehende Intersektionalitätstheorie sah Verbindungen zwischen Diskriminierungen aufgrund von „Rasse“ (race), „Geschlecht“ (sex) und „Klasse“ (class). Sie nahm ihren Ursprung im Rechtsstreit schwarzer Arbeiter*innen gegen ihre Entlassungen beim Automobilhersteller General Motors. Doch ähnele das US-amerikanische Verständnis von „class“ eher einem Identitätsbegriff als der Frage nach dem Besitz der Produktionsmittel. Aus marxistischer Sicht wird der gesellschaftliche Wohlstand von den Arbeiter*innen produziert. „Mit Klassenbewusstsein und konkretem Arbeitskampf durch Streiks können Kapitalverhältnisse überwunden werden“, ist Sarbo sich sicher.

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