Lux.local – Gärtnern ist politisch!

23. Juni 2022  Gesellschaft
Geschrieben von Kreisverband

Quelle: RLS

Kleingärten zur Selbstversorgung aus Zeiten der Arbeiter*innen-Bewegung sowie ihre heutige Bedeutung für Umweltschutz und gemeinschaftliche Nutzung waren Themen bei LuxLocal. In der vierten Folge des kommunalpolitischen Podcasts der Rosa-Luxemburg-Stiftung wurden verschiedene Organisationen und Projekte rund ums Gärtnern vorgestellt.

Selbstversorgung statt Supermarkt

Guido Beneke stellte die Geschichte und das Selbstverständnis der „Schreberjugend“ vor. Der Jugendverband hat seine Wurzeln in der Reformbewegung um 1860, die es der Arbeiter*innenschaft ermöglichen wollte, aus den engen Mietskasernen der Städte hinaus in die Natur zu kommen. Oftmals legten die Familien dort Beete an, um über zusätzliche Nahrungsmittel zu verfügen. Unter den Nationalsozialist*innen wurde die Organisation verboten und aufgelöst. „Wir machen Projekte wie Gemeinschaftsgärten, Jugendgruppenarbeit und sehen uns als Lobby junger Menschen“, erklärte Beneke. So sei es wichtig, naturnahe Rückzugsräume für junge Menschen statt neue Einkaufszentren zur Konsummaximierung zu ermöglichen. Die Selbstversorgung im öffentlichen Raum bringe die Menschen zusammen, mache globale Lieferketten überflüssig und verringere so die CO²-Emission, erläuterte er soziale und ökologische Vorteile.

Solidarischer Beziehungsort

Katrin Mailliefert (DIE LINKE), Mitglied im Kleingartenbeirat Pankow, erklärte die gesetzlichen Vorgaben des Kleingartens. Dabei handele es sich um Parzellen von maximal 300 m², die häufig der Kommune gehörten und durch einen eingetragenen Verein verwaltet würden. Der Quadratmeterpreis sei auf unter einen Euro gedeckelt (freier Markt: 3-4 Euro), 30 Prozent der Fläche müssen für Gemüse- oder Obstanbau genutzt werden. Neben Gemeinden verfügten auch die Deutsche Bahn, der Fußballclub Hertha BSC oder Kirchen über ähnliche Gärten. „Das gemeinsame ökologische Denken schafft Beziehungen zwischen den Menschen, Werkzeug wird gemeinschaftlich geteilt“, nannte sie Beispiele für das solidarische Miteinander in den Kolonien. Wichtig sei, Kleingärten auch dann zu erhalten, wenn sie sich auf Bauerwartungsland befänden. Denn die jetzigen Gemüseflächen könnten zu lukrativen Immobilien-Objekte privater Investor*innen werden. Um dies zu verhindern, brauche es ein Flächensicherungsgesetz, mahnte Mailliefert an.

Bildung und Bienen

Chris Colditz (DIE LINKE) ist Vorsitzender des Ostra e.V, der „das Gärtjen“ in Dresden unterhält. Ursprünglich als alternatives Parteibüro einer Landtagsabgeordneten genutzt, ging die Parzelle nach Ende deren Legislaturzeit an den Verein. Neben dem herkömmlichen Gärtnern gäbe es nun Workshops der Rosa-Luxemburg-Stiftung, Lesungen des Dietz-Verlags oder Vorträge der Dresdner Hausbesetzungs-Bewegung, erläuterte er das politische Konzept. „Wir hinterfragen die Arbeitsbedingungen und die Mehrwert-Schöpfung im lokalen Weinbau, erarbeiten Konzepte zur Mobilitätswende und geben einen Pestizid-Atlas heraus“, griff Colditz einige konkrete Projekte heraus. Gärten, die sich wie „das Gärtjen“ mitten in der Stadt befänden, bildeten für Bienen – trotz des sie umgebenden Asphalts und Betons – ein unschätzbares Habitat.

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