Die Reichen, die Armen und die Umwelt

07. Juni 2022  Global
Geschrieben von Kreisverband

Datenquelle: ORF

Aktuell gibt es weltweit 2.668 Milliardär*innen, in Nürnberg stieg die Zahl der Tafel-Bedürftigen auf 10.000. DIE ZEIT ging der Frage nach, welche Folgen die soziale Ungleichheit für das Weltklima hat.

Tafeln: Politik tut nichts

Edeltraud Rager, Projektleiterin der Tafel in Nürnberg, erklärte, dass sich seit Januar die Anzahl der „Tafler“, also der Kund*innen, die um kostengünstiges Essen anstehen, von 5.000 auf 10.000 verdoppelt habe. „Das sind Leute mit kleinem Budget: Der Rentner, die alleinerziehende Mutter, der Minijobber, der in der Pandemie seine Stelle verloren hat. Auch das Pärchen, von dem einer in die Arbeitslosigkeit gerutscht ist und die Kurve nicht mehr kriegt“, beschrieb sie ihre Kundschaft. Leute, die 1.100, 1.200 Euro im Monat hätten. Doch trotz der massiven Nachfrage infolge der gestiegenen Inflation rühre sich seitens der Politik nichts. Unterstützung käme viel eher aus der Wirtschaft, sagte sie. „Firmen liefern uns Lunchpackete für unsere Kund*innen“, gab sie ein Beispiel. Das Einsammeln der gespendeten Lebensmittel koste der hohen Spritpreise wegen 130 statt 80 Euro. Auch der Strom für die Kühllager sei gestiegen. „Es würde den Tafeln sicher helfen, wenn sie bei ein paar Gebühren entlastet werden würden“, sagte sie mit Blick auf Kfz-Steuer und Müllentsorgung.

Der durstige SUV

Rund 16,5 Milliarden Euro an Zuschüssen und Steuererleichterungen sollen die steigenden Energiekosten abfedern. Neben dem dreimonatigen Neun-Euro-Ticket für den ÖPNV gibt es Einmalzahlungen für verschiedene Gruppierungen und eine Absenkung des Energiesteuersatz bei Benzin um knapp 30 Cent und Diesel um 14 Cent je Liter. Haushalte mit höherem Einkommen geben durchschnittlich 228 Euro für Kraftstoff aus, die mit geringerem nur 51 Euro. Somit wird ein Haushalt mit einem Nettoeinkommen von 1.300 Euro bis 1.500 Euro um 4,65 Euro pro Monat entlastet, Haushalte mit mehr als 5.000 Euro Nettoeinkommen sparen hingegen 21 Euro. Ein SUV ist eben durstiger als ein Kleinwagen. Der Präsident des Ifo-Instituts Clemens Fuest kritisierte solche breite Maßnahmen wie die Senkung der Benzinsteuern als „wenig sinnvoll“. „Teilhabe kann nur Teilhabe an dem sein, was da ist“, führte er aus. Wer also soll das alles bezahlen? Entweder lassen sich Entlastungen heute mit Schulden finanzieren – die dann Steuerzahler in der Zukunft begleichen. Oder ein Teil der Bevölkerung muss heute auf Subventionen verzichten und vielleicht sogar mehr Steuern bezahlen, um einen anderen Teil der Bevölkerung zu unterstützen. Das hieße dann: gezieltere Transfers nur für diejenigen, die sie wirklich brauchen.

Grenzenloses Wachstum: 99 Prozent verlieren

Laut dem Global Wealth Report der Credit Suisse besitzen die 1,1 Prozent Dollarmillionär*innen der Welt fast die Hälfte des globalen Eigentums. Der Gesamtbesitz aller Milliardär*innen ist gemäß einer Oxfam-Studie während der Corona-Pandemie stärker gewachsen als in den gesamten 23 Jahren zuvor. Nach letzter Zählung gäbe es jetzt weltweit 2.668 Superreiche. „Milliardär*innen, die im Nahrungsmittel- und Agrobusiness-Sektor aktiv sind, haben ihr Vermögen in den vergangenen Jahren um zusammengenommen 382 Milliarden Dollar (45 Prozent) wachsen sehen“, schrieb die Organisation. Zusätzlich seien 62 neue Nahrungsmittel-Milliardär*innen hinzukommen. Gleichzeitig prognostizierte Oxfam, dass im Jahr 2022 eine weitere Viertelmilliarde Menschen in extreme Armut rutschen könnten. Sprich: 860 Millionen Menschen leben dann mit weniger als 1,90 Dollar pro Tag. Wenn man davon ausgeht, dass der politische Einfluss von Menschen entlang der Vermögensverteilung deutlich zunimmt, dann wird begreiflich, warum es so wenig politisches Interesse gibt, das Wachstumsnarrativ infrage zu stellen. Während der Covid-Krise konnten die zehn reichsten Männer der Welt ihr Vermögen verdoppeln, während 99 Prozent der Weltbevölkerung heute ökonomisch schlechter gestellt sind als vor der Krise. Der Mythos vom unendlichen Wachstum ist bis heute die wichtigste Rechtfertigung für den Fortbestand der Ungleichverteilung. Solange die Verlierer*innen der Ungleichverteilung nur sich selbst für das eigene materielle Fortkommen verantwortlich sehen, werden sie den übermäßigen Ressourcenverbrauch anderer nicht als Problem empfinden.

Quellen:

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