Katar: Migrantische Arbeiter*innen berichten

24. November 2022  International
Geschrieben von Kreisverband

Zeichnung: Rosa-Luxemburg-Stiftung

Über die katastrophalen Arbeitsbedingungen zur Fußball-WM in Katar, aber auch die Verantwortung Deutschlands, sich dort für Verbesserungen einzusetzen, wurde bei der Veranstaltung „Migrantische Arbeiter berichten aus Katar“ berichtet. Die Podiumsdiskussion wurde von der Rosa-Luxemburg-Stiftung organisiert.

Schlimme Arbeitsbedingungen

Malcolm Bidali aus Kenia ist ehemaliger migrantischer Arbeiter in Katar. „Ich war 4 ½ Jahre in Katar und habe die beengenden Wohnverhältnisse und schlechten Arbeitsbedingungen am eigenen Leib erlebt“, erklärte er. Zwölf Personen, die in einem Raum leben, Arbeitszeiten von bis zu 14 Stunden, Temperaturen um die 50 Grad in der Sonne. Dazu die Einschränkung von Bewegungs-, Rede und Vereinigungsfreiheit.

Ausländischer Agent?

„Ich teilte meine Geschichte und die meiner Zimmergenossen auf Instagram und Twitter“, erläuterte der Blogger sein Engagement. Viele seiner Texte wurden auf migrant-rights.org veröffentlicht. Doch nach einem Jahr wurde Bidali von der katarischen Staatssicherheit verhaftet, da er mit „ausländischen Agenten“ in Kontakt stünde. Nur auf Druck der Zivilgesellschaft konnte er nach Kenia zurückkehren.

Migrant Defenders

Dort gründete er die NGO Migrant Defenders. „Das sind ehemalige migrantische Arbeiter*innen, die sich in ihrem früheren Tätigkeitsfeld für bessere Arbeitsbedingungen einsetzen“, fasste er das Ziel der Organisation zusammen. Die Mitglieder arbeiteten als Hausangestellte, waren im Bauwesen oder Sicherheitssektor tätig, verdingten sich bei Lieferdiensten oder bei Reinigungsfirmen.

Zwei-Klassen-Gesellschaft

Krishna Shresta ist Mitglied des nepalesischen Migrant Workers Network. „Die migrantische Community ist ein unerschöpfliches Reservoir an Bediensteten und Angestellten“, skizzierte er die gesellschaftliche Situation. Während in Katar nur 0,3% katarische Staatsbürger leben, bilden die ausländischen Arbeitskräfte mit 2,6 Millionen – darunter 0,4 Millionen aus Nepal – eigentlich die Bevölkerungsmehrheit. „Eine soziale Integration findet nicht statt“, beschrieb er die getrennten Welten.

Deutschland muss handeln

Viele Arbeiter*innen aus Nepal, Bangladesch oder Indien müssten sich verschulden, um die Vermittlungskosten der Agenturen von bis zu 1.000 Euro bezahlen zu können, erläuterte er. In Katar angekommen, erhielten sie meist anderslautende Verträge, als die, welche sie in ihrem Heimatland unterschrieben hatten. „Der warmherzige Empfang der Menschen hier bei unseren Vorträgen in über 10 deutschen Städten zeigt uns die breite Unterstützung“, dankte Shresta den Anwesenden. Doch müsse die Bundesrepublik ihrer Verantwortung gerecht werden und Druck auf die katarische Regierung ausüben, um eine tatsächliche Verbesserung der Menschenrechtslage zu bewirken, forderte er.

Gewerkschaft: nicht möglich!

Jeevan Taramu ist Berater der General Federation of Nepalese Trade Unions. „Die Gründung von Gewerkschaften ist in Katar praktisch unmöglich“, beschrieb er die Zustände in der absoluten Monarchie. Organisationen zur Vertretung der Arbeitnehmer*inneninteressen seien gesetzlich untersagt. „Migrantische Arbeiter*innen errichten Hochhäuser und Stadien, dürfen diese aber nicht nutzen“, benannte er die Ungleichheit zwischen billigen Arbeitskräften und staatlich geförderten Bürger*innen. Es sei dringend geboten, die Lebensbedingungen der Arbeitsmigrant*innen denen der katarischen Staatsbürger*innen anzugleichen, forderte er.

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