100 Milliarden für die Bundeswehr?

02. Juni 2022  Politik
Geschrieben von Kreisverband

Nicht noch mehr Geld in intransparente militärische Beschaffungsstrukturen stecken, sondern mehr Mittel für den dringend notwendigen sozial-ökologischen Wandel. Dies war eine der Forderungen bei der Diskussion zum 100-Milliarden-Sondervermögen der Bundeswehr. Die Veranstaltung wurde von der Rosa-Luxemburg-Stiftung organisiert.

Rüstung gefährdet ökologische Wende

Hans-Jürgen Urban, geschäftsführender Vorstand der IG Metall, kritisierte die Erhöhung des 2%-Ziels für die NATO als reflexhaften Schritt in die falsche Richtung. Auch die 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr sah er als verfehlt an. „Die Rüstungsausgaben sind in den letzten Jahren massiv gestiegen“, mahnte er. Der 2021 beschlossene Wehretat betrage 52 Milliarden Euro. „Warum kann der Verteidigungsauftrag mit so viel Geld nicht erreicht werden?“, fragte Urban. Zusätzlich 100 Milliarden in solch ein undurchsichtiges System zu stecken, sei verkehrt. Stattdessen bräuchte es innerhalb der kommenden acht Jahren Investitionen in Höhe von über 500 Milliarden in die öffentliche infrastruktur, um den sozioökologischen Wandel zu schaffen. Das militärische Sondervermögen gefährde diese notwendige Transformation.

Kampfdrohnen statt Entwicklungshilfe

Dierk Hirschel vom Forum demokratischer Linker in der SPD legte die Wandelhaftigkeit einstiger Kriegsgegner in Regierungsverantwortung offen. „Vor ihrer Amtsübernahme forderte Annalena Baerbock die Freilassung von Wikileaks-Gründer Julian Assange“, erinnerte er. Dem Australier, der sich u.a. gegen den US-geführten Drohnenkrieg positionierte, drohen 175 Jahre Haft in den Vereinigten Staaten. Grund ist die Veröffentlichung von militärischen Dokumenten über den Afghanistan- und Irakkrieg. Nun spräche sich die Außenministerin jedoch genau für den Kauf solcher bewaffneten Kampfdrohen aus, deren Einsatz Assange beenden wollte. Statt für Entwicklungshilfe oder Zivilschutz würde das Sondervermögen für Kampfflugzeuge und Artillerie ausgegeben, verdeutlichte Hirschel den Fokus auf das Primat des Militärischen. „Warum gibt es keine Sondervermögen für Bildung, Pflege und Umweltschutz“, fragte er.

Rüstungskonzerne profitieren

Janine Wissler, Parteivorsitzende der LINKEN, mahnte vor einer globalen Rüstungsspirale. „Von den 100 Milliarden wird keine warme Unterwäsche für Soldat*innen gekauft, sondern bewaffnete Drohnen und atomwaffenfähige Kampfjets“, sagte sie. Seit 2014 hätte sich der Verteidigungshaushalt um 40 Prozent erhöht, wovon vor allem internationale Rüstungskonzerne profitierten. Eine weltweite Aufrüstung, das Ende des INF-Vertrags (Intermediate Range Nuclear Forces), der Russland und den USA die Entwicklung von Mittelstreckenraketen untersagte oder die Ablehnung des Atomwaffensperrvertrags durch die Bundesrepublik seien keine Entwicklungen hin zu einer friedlicheren Zukunft. Beachte man, dass das Geld für das Militär unverzüglich bereitgestellt, die Kindergrundsicherung jedoch aus finanziellen Gründen bis 2024 aufgeschoben würde, stelle das eine enorme Unverhältnismäßigkeit dar, kritisierte Wissler.

Kohlekraft statt Energiewende

Kathrin Röggla, Schriftstellerin und stellvertretende Präsidentin der Akademie der Künste, gab zu bedenken, dass die zukünftige Aufrüstung der Bundeswehr mit 100 Milliarden den Ukrainer*innen in ihrem aktuellen Überlebenskampf rein gar nichts nütze. Auch prüfe Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck, die Laufzeit von Kohlekraftwerken zu verlängern, um Deutschland unabhängiger von russischem Gas zu machen. „Bei Militär und Rüstung gibt es eine Zeitenwende, bei Umwelt- und Klimaschutz aber nicht!“ verdeutlichte sie die ungleiche Prioritätensetzung der Regierung.

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