Steffen Lehndorff: Sozialökologischen Umbau gerecht gestalten

28. Juni 2022  Politik
Geschrieben von Kreisverband

Betriebsräte-Konferenz, 23.11.2018 (DIE LINKE CC BY 2.0)

Weniger Autos, mehr gewerkschaftliche Mitbestimmung und eine umverteilungsbasierte Steuerreform sind Maßnahmen einer gelungenen sozialökologischen Transformation. Steffen Lehndorff vom Institut Arbeit und Qualifikation (Uni Duisburg-Essen) erläuterte den klimaneutralen Umbau von Wirtschaft und Gesellschaft.

Weniger ist mehr

„Die Industrie sorgt für 20 Prozent aller CO²-Emissionen in Deutschland, der vom Auto dominierte Verkehrssektor für weitere 25 Prozent“, skizzierte Lehndorff die aktuelle Situation. Große Industriezweige wie Chemie, Stahl und eben die Autoindustrie kämen nicht umhin, klimaneutral umzusteuern. Große Bedeutung habe hier eine Kreislaufwirtschaft. Die für E-Mobilität notwendigen Batterien haben einen enormen Ressourcenverbrauch. Die EU-Kommission strebe bereits verpflichtende Quoten für Audi, BMW und Co. an, Elektrospeicher wiederzuverwerten. Die größten Gewinne der Unternehmen gäbe es jedoch mit großen und schweren Autos. Bei elektrisch betriebenen SUVs sei der Nutzen für die Umwelt jedoch gering. „Autos müssen kleiner und leichter sein, die Gesamtzahl der PKWs reduziert werden“, forderte der Wissenschaftler. Das setze jedoch eine Verkehrswende voraus.

Gutes Mobilitäts- und Steuersystem

Hierfür müsse der ÖPNV in den Städten ausgebaut, gleichzeitig der Pendelverkehr vom Land in die Stadt verringert werden. Digital gestützte, regionale Mobilitätsplattformen könnten einen großen Teil des privaten PKW-Verkehrs ersetzen und den individuellen Mobilitätsbedürfnissen der Menschen gerecht werden. Das dürfe jedoch nicht in die Hände privater, gewinnorientierter Konzerne gelegt werden, warnte Lehndorff. Damit auch aktuell hoch verschuldete Kommunen das nötige Geld gebietsübergreifend in die Verkehrstransformation investieren können, brauche es eine Steuerreform. „Sie muss umverteilungsbasiert in Richtung Erbschaft- und Vermögensteuer gehen sowie große Einkommen vermehrt besteuern“, erklärte der Wirtschaftswissenschaftler.

Gute Bildung

Einerseits gingen durch den Ausbau der E-Mobilität Arbeitsplätze im traditionellen Antriebsstrang „Verbrennermotor“ verloren. Gleichzeitig entstünde in der Batterieproduktion oder bei der Deutschen Bahn ein großer Bedarf an Fachkräften. „Wir können es uns nicht leisten, dass 15 Prozent der jungen Generation keinen berufsbildenden Abschluss haben“, kritisierte er die aktuelle Bildungspolitik. Die sozialökologische Transformation benötige ein verbessertes Ausbildungsniveau. Dafür müsse intensiv Kitas und Schulen müssen investiert werden.

Gute Arbeitsbedingungen

Um den Wandel sozial zu gestalten, könne die öffentliche Hand durch ein Tariftreue- und Vergabegesetz die Bezahlung in Betrieben indirekt verbessern. Auch könnten Tarifverträge allgemeinverbindlich für sämtliche in der Branche arbeitenden Betriebe gelten. Bisher wurde dies jedoch durch die Arbeitgeber*innen verhindert. In der Metallbranche streben die Angestellten mit sog. „Zukunftstarifverträgen“ bessere Qualifikationen, einen erfolgreichen sozioökologischen Umbau und mehr Mitbestimmung im Betrieb an. Im Saarland betreibt die IG Metall etwa eine Transformationswerkstatt für Betriebsrät*innen, um sie für die neuen Anforderungen fit zu machen. „Die Belegschaft soll so individuelle Konzepte für das eigene Unternehmen entwickeln können“, erläutert Lehndorff das Konzept der Gewerkschaft. Die Hans-Böckler-Stiftung schlug einen öffentlichen Transformationsfond für die Kosten des sozialökologischen Umbaus vor. Die Gelder müssen jedoch an Bedingungen wie spätere Gewinnbeteiligung des Staates, Beschäftigungssicherung oder Zukunftstarifverträge geknüpft sein. So soll eine Sozialisierung der Kosten bei Privatisierung der Gewinne verhindert werden.

Weiterführende Links:

« zurück