Kasperltheater gegen rechte Parolen

25. Oktober 2019  Regional
Geschrieben von Redaktion

Am Samstag waren wir an der Nürnberger Lorenzkirche auf einer Gegendemo anlässlich der „Bürgerbewegung Pax Europa“. Neben Gernot Tegetmeyer (Pegida Nürnberg) war auch Michael Stürzenberger (Politically Incorrect München) auf der Kundgebung. Birgit Meier vom Bündnis Nazistopp Nürnberg erklärte, dass Stürzenberger in seinen Reden kopftuchtragende Frauen mit Nationalsozialistinnen vergliche. Dies sei ein Schlag ins Gesicht aller Überlebenden der Shoah. Ebenso berichtete sie von einem digitalen Fehltritt Tegetmeyers. Dieser habe einen Facebook-Post geteilt, in dem der Verkauf von Herbststernen der Supermarkt-Kette Aldi kritisiert und die angebliche Umbenennung des ursprünglichen Christsterns als ein Zeichen der drohenden Islamisierung Deutschlands gedeutet wurde. Dass der Herbststern schon im Oktober blühe, der Weihnachtsstern hingegen erst im Dezember, sei dem Verteidiger des Abendlandes wohl nicht ganz klar gewesen.

Ähnlich unwissend gab sich auch Stürzenberger. In seiner Rede empörte er sich über die sogenannte Kopfsteuer Dschizya[9:29], die im Koran für Anhänger der Buchreligion (d.h. Juden, Christen) gefordert wird. Dass sich in christlichen Königreichen der Herrscher den Schutz der jüdischen Bevölkerung durch Sondersteuern ebenfalls bezahlen ließ, vergaß er. Und dass die christlichen Könige regelmäßig ihre Schutzverpflichtungen brachen, erwähnte er ebenfalls nicht. Als 1349 bei einem Pogrom in Nürnberg 562 Juden von ihren christlichen Mitbürgern verbrannt wurden, verlangte Kaiser Karl IV. einen Anteil vom geraubten Besitz der ihm Anvertrauten.

Auch erwähnte Stürzenberger nichts von der gesellschaftlichen Diskriminierung im christlichen Europa. Dort war es Juden verboten, einem Handwerk nachzugehen. In Spanien vertrieb der König 1492 sogar alle Juden aus seinem Reich. Anders dagegen in muslimischen Gebieten: Dort waren viele berühmte Ärzte Juden. Samuel ha-Nagid (993-1056) wurde als Großwesir von Granada sogar zum zweitmächtigste Mann im Kalifat und zu einem der berühmtesten Literaten in arabischer und hebräischer Sprache. Der Christ Ghiyath ibn Ghawth al-Taghlibi al-Achtal (640-701) avancierte zum bedeutendsten Poet am Herrscherhof der Umayyaden in Bagdad.

Um der islamfeindlichen Hetze der Bürgerbewegung etwas fröhliches und offenes entgegenzusetzen, führte das Bündnis Nazistopp ein Kasperltheater mit den beiden Hauptkaspern Gernot und Michael, der guten Nachbarin Martina und dem trillerpfeifenden Antifant auf. Bleibt zu hoffen, dass nicht nur kleine Kinder, sondern auch erwachsene Menschen ihre Lehren aus dem Theaterstück ziehen werden.

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