Marx und die ökologische Frage

07. Juli 2022  Gesellschaft
Geschrieben von Kreisverband

Die Einheit von sozialer und ökologischer Frage bei Marx wie auch das Aufgreifen neuester wissenschaftlicher Erkenntnisse seiner Zeit waren Schwerpunkte der Veranstaltung „Marx und Ökologie?“. Diese wurde von der Rosa-Luxemburg-Stiftung Thüringen organisiert.

Industrie und Landwirtschaft

Ehrenfried Galander, Leiter der Editions- und Forschungsgruppe Marx-Engels-Gesamtausgabe der Universität Halle, erläuterte, dass sowohl die soziale wie auch die ökologische Frage Thema bei Marx‘ „Kritik der politischen Ökonomie“ gewesen seien. „Marx legt auf 120 Seiten die Verelendung des Proletariats durch die Industrialisierung dar“, sagte er. Die Folgen, welche die Verwüstung der Ackerböden aufgrund der Technisierung in der Landwirtschaft für die Bevölkerung hatten, handele er stattdessen auf drei Seiten ab. „Seine wissenschaftlichen Studien legen nahe, dass Marx in einem späteren Band genauso 120 Seiten zum Raubbau der kapitalistischen Agrar-Industrie schreiben wollte“, erklärte Galander.

Landwirtschaftlicher Raubbau

Bei seinen Recherchen befasste sich Marx mit Agrikultur, Chemie, Mineralogie, Geologie oder Biologie. „Zentrale Fragen seiner Zeit waren, ob der Kapitalismus die Nahrungsmittelsicherheit der Bevölkerung sowie den Rohstoffbedarf der Industrie befriedigen könne“, beschrieb der Wirtschaftswissenschaftler den damaligen Diskurs. So plädierte Justus von Liebig, Erfinder des Mineraldüngers, etwa dafür, dem Boden die entzogenen Nährstoffe wieder zuzuführen, da alles andere einen Raubbau an der Natur darstelle. Ende der 1860er Jahre beschrieb er die Naturzerstörung, die sich durch die exzessive Nutzung der Ackerflächen aufgrund der industriellen Landwirtschaft ergaben.

Marx: Teilhabe für alle

Marx selbst sah den Menschen ursprünglich im Einklang mit der ihn umgebenden Natur leben. Der Kapitalismus mit seinen industriellen Arbeitsprozessen beeinträchtige jedoch diesen „Stoffwechsel“ und führe zu einem Riss zwischen Mensch und Natur. Dass die Wissenschaft Marx lange Zeit nur auf wirtschaftliche Themen reduzierte, machte Galander an der deutschen Sozialdemokratie fest. Deren Rezeption bezog sich nach Marx‘ Tod 1883 auf die wirtschaftlich ausgerichteten ersten drei Bände des „Kapitals“. Erst rund fünf Jahrzehnte später kamen zusätzliche Facetten des marx‘schen Werks in den Blickpunkt der Forschung. „Die soziale Frage als gleichberechtigte Teilhabe schließt im Kampf gegen Benachteiligung sowohl Lohnarbeit als auch Rassismus oder Ökologie mit ein“, stellte der Wissenschaftler das inklusive Verständnis von Marx dar. Dies könne man etwa auch an den Schriften von Alfred Schmidt (Der Begriff der Natur in der Lehre von Marx) oder Kohei Saito (Natur gegen Kapital) sehen.

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