Die Rechte und der Ukrainekrieg

15. Mai 2022  International
Geschrieben von Kreisverband

Quelle: Twitter, VVN-BdA

Eine Spaltung der deutschsprachigen Rechten im Zuge des Ukrainekrieges ist möglich. Zu diesem Ergebnis kamen deutsche und österreichische Rechtsextremismus-Expert*innen bei der Veranstaltungsreihe „Nationalismus und Geschichtsrevisionismus“ der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschist*innen (VVN-BdA).

Nationaler Kampf

Dr. Gerd Wiegel, Referent für Rechtsextremismus und Antifaschismus der Fraktion Die Linke erläuterte die zwei gegensätzlichen Positionen der deutschen Rechte, die sich aufgrund des russischen Angriffskriegs gebildet hatten. Die eine Strömung strebe nach einem „Europa der Vaterländer“ und bewundere die Ukraine, die sich der imperialen Macht Russland entgegenstelle. Dies verträte etwa die Kleinstpartei „Der III. Weg“, die militärische Ausrüstung für rechtsradikale Kämpfer in der Ukraine organisiert habe. Ähnlich argumentiere Karlheiz Weißmann (Junge Freiheit), der Deutschland als dritte Macht neben den USA und Russland etabliert sehen wolle.

Kampf dem Liberalismus

Auch die AfD-Jugendorganisation „Junge Alternative“ (JA) spräche sich, wenn auch aus anderen Motiven“, für die Ukraine aus. Auf ihrer Homepage veröffentlichte sie 10 JA-Thesen zum Krieg in der Ukraine wie „Der nationale Unabhängigkeitskampf der Ukrainer ist heroisch […] Im Schützengraben gibt es keine 67 Geschlechter, keine Frauenquoten, keinen politisch-korrekten Wokism.“ Der Krieg würde hier als etwas männlich-heldenhaftes gesehen, das dem deutschen Postheroismus entgegenstünde. Stichwortgeber dieses Anti-Liberalismus sei Armin Mohler (1920-2003), eine Galionsfigur der Neuen Rechten. Er verglich den westlichen Liberalismus mit einem Saboteur innerhalb der eigenen Burg, der es dem äußeren Feind ermögliche, leichter einzudringen.

Achse Paris – Berlin – Moskau

Gleichzeitig könne man mit dieser Argumentation auch die russische Aggression rechtfertigen, erklärte Wiegel. Vielen Rechten imponiere das autoritäre Regime Putins, das nationale Interessen robust gegenüber dem als verweichlicht wahrgenommenen Westen verträte. Die Faszination der JA ließe sich ebenfalls auf Russland ummünzen, stellte er am Beispiel der Telegram-Gruppe „Freie Thüringer“ dar. Diese hatten geschrieben: „Wenn Putin durchmarschiert, fällt das Gendern weg, […] wird linksgrün eingesperrt.“ Ein großer Teil der völkischen Rechten innerhalb der AfD sympathisierten mit dieser Einstellung, da diese „Eurasier“ eine autoritäre „Achse Paris (Le Pen) – Berlin (AfD) – Moskau (Putin)“ etablieren wollten.

Europa oder Eurasien

Natascha Strobl, Autorin des Buches „Radikaler Konservatismus“, zeichnete die gleichen Bruchlinien für die Rechte in Österreich nach. Einerseits werde der Krieg als eine Auseinandersetzung zwischen dem weißen Europa und den asiatischen Horden Russlands gesehen, wobei diese ethnopluralistische Interpretation einen starken Antikommunismus beinhalte. Andererseits spräche auch Alexander Dugin, der ein Eurasien unter großrussischer Führung anstrebt, vor Politikern der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ). Unter Bezug auf den italienischen Antisemiten Julius Evola müsse die verweichlichte Gesellschaft durch ein apokalyptisches Zeitalter einer goldenen Ära entgegen geführt werden. Diese ideale, traditionell geordnete Gesellschaft sei in Putins autoritärer Herrschaft zu finden. Zu klären sei jedoch, ob es sich bei der Bekämpfung des Liberalismus in Russland erst um ein autoritäres System, einen Proto-Faschismus oder realen Faschismus handele.

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