Grüner Kapitalismus und fossiler Faschismus

19. Oktober 2022  Politik
Geschrieben von Kreisverband

Quelle: DIE LINKE

Kapitalismus, Raubbau und autoritäre Systeme hängen zusammen. Zu dieser Erkenntnis kam Sabrina Fernandes, Wissenschaftlerin zu Autoritarismus im Globalen Süden.

Raubbau und Profit

„Manche linke Regierungen beuten die Bodenschätze, etwa Erdöl oder Mineralien, ihrer Länder aus, um in die Ernährung oder Bildung der Bevölkerung zu investieren“, kritisierte Fernandes ein Wirtschaftssystem, das vor allem in Venezuela unter Hugo Chaves Konjunktur hatte. Der Zerstörung der Natur stehen in dieser Sichtweise soziale Projekte für die Menschen gegenüber, erläuterte sie eine mögliche Begründung. Rechte Regierungen hingegen ermöglichten den Raubbau an ihrem Land, ohne soziale Projekte zu initiieren. So setzte Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro mit Ricardo Salles einen Umweltminister ein, gegen den 2021 wegen Behinderung der Umweltinspektion ermittelt wurde. Zugleich wurden weitreichende Maßnahmen für den Klimaschutz gestrichen.

Fossiler Faschismus

„Aus einem weißen Überlegenheitsgefühl werden indigene Gruppen vertrieben oder Volksgruppen, die sich für den Erhalt des Regenwaldes einsetzen, umgesiedelt und in Städten assimiliert“, beschrieb Fernandes postkoloniale Praktiken solcher Regierungen. Oft leugneten solche Regime, die auf Ausbeutung der Rohstoffe und Erdöl als Schmiermittel der Industrie aufgebaut sind, den menschengemachten Klimawandel. In diesem Punkt gäbe es enge Überschneidungen mit sogenanntem „fossilen Faschismus“, erläuterte sie. Diesen Begriff hatte das Zetkin-Collective, eine schwedische Aktivist*innengruppe, mit ihrem Buch „White Skin – Black Fuel“ aufgegriffen.

Grüner Kapitalismus

Daneben existiere auch der „grüne Kapitalismus“. Hier sähe man den Klimawandel tatsächlich als eine ökologische Krise an. Allerdings könne man sie durch technische Maßnahmen beherrschen und diese neuen Innovationen als neuen Absatzmarkt nutzen. Ein Beispiel wäre, alle vorhandenen Verbrennermotoren durch elektrische Antriebe zu ersetzen und so eine ungeheure Nachfrage im Bereich der Automobilindustrie zu schaffen, anstatt den Individualverkehr per se massiv zu reduzieren.

Öko-Faschismus

Eine weitere Denkrichtung stellte der sogenannte Öko-Faschismus dar, der eine ökologische Rassentrennung bevorzuge. „Grenzschließungen sollen Migrant*innenen, die uns angeblich unsere Ressourcen wegnehmen würden, draußen halten“, erläuterte Fernandes. Das eigene Land müsse, etwa in Form von Nationalparks, geschützt werden. In einer ökologisch-imperialistischen Perspektive sei es jedoch legitim, die Rohstoffe anderer Länder auszubeuten. Beispiele sind Soja als Futtermittel für Rinder oder seltene Mineralien für die eigene industrielle Produktion.

Das Recht des Reicheren

Allen Spielarten der Ausbeutung ist ihre kapitalistische Grundtendenz und die Bedürfnisbefriedigung der lokalen Eliten eigen, die ihrerseits mit internationalen Eliten zusammenarbeiten. Leidtragende seien oftmals indigene Bevölkerungsgruppen. In Alberta/Kanada ist das Gebiet der indigenen Gemeinschaft von Fort McKay, in dem es ölhaltigen Sand (tar sands) gibt, überzogen von einem Netz aus Ölförderanlagen, deren Fläche so groß ist wie New York City. Die Folgen des einseitigen Wirtschaftens sind Schwermetalle im Grundwasser, abgeholzte Wälder am Boden und Schwefeloxide in der Luft.

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