Respekt! – Rassismus, Antisemitismus – unvereinbar mit dem Grundgesetz
Das Motto „Respekt! – Rassismus, Antisemitismus – unvereinbar mit dem Grundgesetz“ hätte den Beitrag der Geschichtsklasse V10B der städtischen Wirtschaftsschule thematisieren sollen, der für die diesjährige Gedenkfeier zum 9. November 1938 vorgesehen gewesen wäre. Aber die notwendigen Corona-Schutzverordnungen haben diesen nun verhindert. Aber das von Blumen-Schwarz gestiftete Gesteck vor der Gedenktafel im Rathaus-Durchgang lädt dennoch zum Innehalten vor der Gedenktafel ein.
Auch Oberbürgermeister Peter Reiß bedauert, dass diese Veranstaltung in der traditionellen Form nicht stattfinden könne. Die Erinnerung an jene Zeit sei unbedingt notwendig, weil sich vor 82 Jahren in jener Nacht der Rechtsextremismus mit seiner Skrupellosigkeit öffentlich zur Schau gestellt habe. In der heutigen Gesellschaft sei man überwiegend der Überzeugung, dass sich solche Grausamkeiten nie mehr wiederholen dürfen. „Doch wir wissen auch, dass es dafür das gesellschaftliche Bewusstsein, die gemeinsame Stärke braucht, um gegen solche Rohheit vorzugehen. Bleiben wir untätig, wenn Rechtsstaat und Demokratie angegriffen werden, droht letztlich eine Gefahr für unsere Grundordnung.“ Deshalb braucht es solche Gedenkveranstaltungen nach Meinung von Oberbürgermeister Reiß: „Nur wer weiß, welche schreckliche Taten in der Vergangenheit geschehen sind, kann sich für neue Angriffe auf die Demokratie wappnen!“
Da es der überparteilichen, freien Gruppierung „Initiative für Demokratie gegen Rechtsextremismus“ seit vielen Jahrzehnten am Herzen liegt, die Erinnerung an die Reichspogromnacht und ihre Hintergründe im Zusammenspiel mit der Stadtspitze vor der Gedenktafel am Rathaus unter Einbindung einer Schulklasse wachzuhalten, vermittelt sie ihre Gedanken auf diese Weise:
Zwar sei es in Schwabach 1939 nur zu vergleichsweise wenigen NS-Ausschreitungen gekommen, wie die Zerstörung von Wohnungsfenstern, der Verwüstung in den Räumen der Firma von Hugo Krausz und die zweitägige „Schutzhaft“ von Manuel Graf und Adolf Levite. Doch dies lag – nach Aussagen von Stadtheimatpflegerin Ursula Kaiser-Biburger – daran, dass aufgrund der geringen Anzahl an jüdischen Einwohnern keine jüdische Gemeinde mehr existierte und die Synagoge bereits im August 1938 verkauft worden war.
Dennoch, so formuliert es Hans Tänzer, DGB-Vertreter und Mitglied in der „Initiative“, habe es keine laute Empörung damals darüber gegeben, dass Mitbürger, Nachbarn, Kollegen andern Orts aus dem Bett gezerrt worden seien, Wohnungen gänzlich verwüstet, Eigentum geraubt und die Würde der Menschen verletzt worden sei. Darum fordert er: „Die Verbrechen der Nazis dürfen sich nicht wiederholen. Deshalb ist es die unverzichtbare Aufgabe aller demokratischen Kräfte, jede Form von Rechtspopulismus, Rassismus, Faschismus und Ausgrenzung in der Gesellschaft entschieden zu bekämpfen. “ Und doch würden wieder rechtsextremistische, ausländerfeindliche, nationalistische, antisemitische und rassistische Gedanken hier wie andern Orts um sich greifen. „Diesem Populismus und dieser Politik müssen wir alle, auch als Gewerkschaften entschieden entgegentreten!“
Diesen Gedanken schließt sich Jonas Wagner, Stadtrat der Linken und Mitglied der „Initiative“, an. Er hält das Gedenken an die Opfer des 9. November 1938 für unbedingt notwendig. Darüber hinaus aber fordert er: „Wir wollen allen Opfern gedenken, die einem nationalistischen, rassistischen und antisemitischen Wahn zum Opfer gefallen sind. Diese Menschen dürfen wir nicht vergessen! Deshalb dürfen wir auch nicht zulassen, dass diese Taten geleugnet oder verharmlost werden.“
Jonas Wagner befürchtet aber, dass dies derzeit wieder passiere, wenn er bei den Anti-Corona-Demos gelbe Sterne mit der Aufschrift „ungeimpft“ sehe oder wenn ein namhafter Virologe mit dem SS-Arzt Josef Mengele verglichen werde. „Solche Geschichtsverdrehungen müssen wir als Gesellschaft verurteilen!“ Deshalb warnt auch Oberbürgermeister Peter Reiß: Selbst wenn man zu den Corona-Maßnahmen mit den erforderlichen Einschränkungen eine andere Meinung habe, so sollte man sich schon anschauen, wem man bei einer Demonstration folge: „Demokratie lebt von der gegenseitigen Akzeptanz von Meinungen, sie lebt aber nicht von der Akzeptanz von Verbrechen und rassistischer Gewalt. Deshalb muss man dem Rechtsextremismus und dem Rechtsradikalismus eine klare Kante zeigen!“
Und wie steht die junge Generation zur Erinnerung an den 9. November 1938? Die Geschichtsklasse V10B hat sich mit Stadtheimatpflegerin Ursula Kaiser-Biburger ausführlich mit der Ideologie der NSDAP, deren Demagogie und der manipulativen Propaganda, insbesondere in Schwabach beschäftigt, die zum vernichtenden Antisemitismus geführt haben und damit auch zu der aktuellen Frage, ob ein Erinnern an jene Zeit und besonders an den 9. November 1938 sinnvoll sei. Ist dies überflüssig, denn seit 1949 schützt das Grundgesetz mit dem Artikel 1 die Unantastbarkeit der Menschenwürde für alle Menschen, die hier leben, und dem Artikel 3 die Gleichheit vor dem Gesetz? Den Schülerinnen und Schülern ist wichtig, dass jedem Menschen mit Respekt begegnet werden müsse. Niemand sei für seine Herkunft verantwortlich, oder ob er in einer armen oder reichen Familie aufwachse. Doch im Alltag erlebten die Schülerinnen und Schüler oft gedankenlosen Mangel an Respekt und Vorurteile: Nur weil jemand aus China kommt, müsse er noch lange keinen Hund essen oder weil er im Iran geboren ist, müsse er kein Muslim sein.“ Damit beginne doch Respektlosigkeit und Ausgrenzung, was man durchaus als Rassismus bezeichnen könne. Durch das Internet wüssten sie, dass immer noch Juden mit verletzenden Sprüchen angepöbelt würden, nur weil sie einer anderen Religion angehörten. Die Klasse hat dabei festgestellt, dass es auch an der Wortwahl liegt: Denn Worte könnten wie Pfeile verletzen oder wie Honig das Leben der Menschen versüßen.