Das Lieferkettengesetz – gerechter Handel?

27. Mai 2024  Europa
Geschrieben von Kreisverband

Lkw-Fahrer-Streik an A5 in Gräfenhausen, 30 Juli 2023 (Wolf1949H, CC0 1.0 Deed)

Welche Vorteile hat das europäische Lieferkettengesetz und wie steht die FDP dazu? Mit diesen Fragen beschäftigte sich die Rosa-Luxemburg-Stiftung in einer Diskussionsrunde.

Deutschland gegen die EU

Die Europäische Union wollte mit dem Lieferkettengesetz einheitliche Regeln für alle Mitgliedsstaaten, damit Unternehmen Missstände hinsichtlich Umweltschutz, Arbeits- oder Menschenrechte kontrollieren. So sollten Firmen mit mehr als 500 Mitarbeiter*innen und einem Umsatz von 150 Millionen Euro in die Pflicht genommen werden, von der Rohstoffgewinnung bis zur Abfallentsorgung beispielsweise Beschwerdemechanismen zu etablieren. Bei Klagen sollten sie mit Bußgeldern belangt werden können. Deutschland blockierte die Entscheidung jedoch solange, bis die Maßnahmen auf Konzerne ab 1000 Angestellten und einem Umsatz von 450 Millionen angehoben wurde. Darüber hinaus herrscht eine Übergangsfrist von fünf Jahren.

Unternehmen fordern Regeln

Helmut Scholz, Mitglied im Europäischen Parlament (Die Linke) und dort auch im Ausschuss für Internationalen Handel, skizzierte das damalige Geschehen. Eigentlich sei im Dezember 2023 zwischen dem Europäischen Parlament, der Kommission sowie dem Rat eine Einigung erzielt worden. Doch wegen des deutschen Abstimmungsverhaltens konnte sich der Rat diesbezüglich nicht einigen. „Die FDP vor Benachteiligung im internationalen Wettbewerb, obwohl viele Unternehmen für diese vergleichbaren Standards plädieren, die damit geschaffen würden“, erläuterte er.

Konzerne gegen Fahrer*innen

Von der Notwendigkeit eines deutschen Lieferkettengesetzes konnte sich die DGB-Gewerkschaftssekretärin Desiree Becker 2023 beim Streik der Lkw-Fahrer*innen überzeugen, die an der hessischen Raststätte Gräfenhausen für den Erhalt ausstehender Löhne eintraten. „Sie sind oftmals 15 Stunden am Tag unterwegs und über ein Jahr von ihrer Familie getrennt“, beschrieb die Europa-Kandidatin die Arbeitsbedingungen. Erst, als die Namen der verantwortlichen Konzerne veröffentlicht wurden – Porsche, VW oder Aldi –, und so gesellschaftlicher Druck auf die Unternehmen entstand, kam Bewegung in die Situation und die Menschen kamen zu ihrem Recht.

Gewinne in Europa

„Viele Arbeiter*innen haben jedoch gar nicht die Ressourcen, ihre Rechte einzuklagen“, gab sie zu bedenken. Deswegen brauche es starke Gewerkschaften, die ihnen dabei zur Seite stünden. So könnten auch die Betriebsräte im eigenen Unternehmen die Einhaltung des Lieferkettengesetzes kontrollieren und in Versammlungen darüber informieren. Im europäischen Kontext sei es wichtig, dass die Wertschöpfung in den Ländern bliebe, aus denen auch die Rohstoffe stammten. „Bei der Kakao-Ernte in der Elfenbeinküste bekommen die Produzent*innen so wenig Geld, dass sie auf unterbezahlte Kinderarbeit angewiesen sind“, erklärte Becker. Dabei sei der Verkauf von Schokolade für Ritter Sport, Nestlé und Co. ein Milliardengeschäft. „Es ist eine politische Entscheidung, dies zu ändern“, sprach sie die globale Verteilungsungleichheit an.

Weiterführende Links:

« zurück