Das Treffen von Potsdam: Extreme Rechte und Konservatismus

10. Februar 2024  Gesellschaft
Geschrieben von Kreisverband

Plakat auf der Kundgebung unter dem Motto „Nie wieder ist jetzt“ auf dem Schlossplatz in Stuttgart am 20. Januar 2024. (Quelle: Fyrtaarn, CC BY-SA 4.0)

Die Verflechtungen der Extremen Rechten mit dem konservativen Milieu war Thema der Veranstaltung „Die radikale ,Mosaik-Rechte‘. Von AfD bis Werteunion“. Diese wurde von der Stiftung Demokratie Saarland organisiert.

Identitäre und AfD

Das Treffen von AfD und Rechtsextremen am 25. November 2023 in Potsdam habe ihn nicht sonderlich überrascht, erklärte Markus Linden. Denn zwischen der überwiegend rechtsextremen Partei und Martin Sellner, dem medialen Kopf der Identitären Bewegung (IB) habe es schon zuvor zahlreiche Verbindungen gegeben. „Björn Höcke hat Sellners Buch ,Regimechange von rechts‘ empfohlen“, erläuterte der Politikwissenschaftler. Den Thüringischen Landtagsabgeordneten und informellen Lenker der AfD identifiziere er aufgrund seiner Sprache und Gestik als Wiedergänger des Nationalsozialismus, so Linden. Auch habe Höcke sich positiv zu dem mittlerweile verbotenen Computerspiel „Heimat Defender: Rebellion“ geäußert, das von dem Verein Ein Prozent vermarktet worden war.

Aktivist und Mitarbeiter

Dass sich die Partei nicht an ihren eigenen Unvereinbarkeitsbeschluss mit der IB oder der Revolte Rheinland halte, erläuterte er am Beispiel der IB-Aktivistin Reinhild Boßdorf. Diese war beispielsweise im Zentrum Rheinhessen der Rheinlandpfälzischen AfD aufgetreten. Bei dem Potsdamer Treffen war auch das frühere IB-Mitglied und jetziger AfD-Bundestags-Mitarbeiter Mario Müller gewesen. Auch die stellvertretende Vorsitzende der Werteunion, Simone Baum, war anwesend.

Die „Mosaik-Rechte“

Dieses Zusammenspiel von Extremer Rechten, Konservativen und Rechts-Konservativen bezeichnete Linden als „Mosaik-Rechte“. Dieser Begriff gehe auf Benedikt Kaiser zurück, Autor der Sezession von Götz Kubitschek und aktuell AfD-Bundestags-Mitarbeiter. Kaiser bediene sich linker Denker wie Chantal Mouffe und Ernesto Laclau und verbinde deren Linkspopulismus mit dem Konzept des französischen Neurechten Alain de Benoist. Kaiser habe den Ursprungsbegriff „Mosaik-Linke“ von dem IG-Metallvorstand Hans-Jürgen Urban entwendet und rechts interpretiert. „Die zentrale Vorfeldorganisation ist die IB“, stellte der Wissenschaftler fest.

Extreme Rechte und Konservative

Denn das Miteinander von Vorfeld und Partei verhindere, dass sich letztere durch das parlamentarischen System einhegen ließe, sondern sich stattdessen weiterhin radikalisiere. Das Konzept ziele auf Elitenbildung und quantitatives Wachstum ab. „Es sollen verschiedene Protestakteure miteingebunden werden“, beschrieb Linden diesen Erweiterungsprozess. So machten Konservative wie Hans-Georg Maaßen bestimmte Begriffe in der Gesellschaft wieder sagbar, was von der Extremen Rechten wiederum vorangetrieben werde. „In dem Mosaik sollen sowohl Linke als auch Konservative andocken können“, stellte er die vielseitige Anschlussfähigkeit dar.

Julian Reichelt und sein Medium

Dieser Anschluss zeige sich auch in Sellners Frau Britteny (ehem. Pettibone), die sich mit der niederländischen Rechtsextremistin Eva Vlaardingerbroek zeige. Diese erscheine als „Expertin“ bei Nius, dem Online-Medium des einstigen Bild-Chefredakteurs Julian Reichelts. Durch die Beteiligung demokratischer Akteure in diesem Medienformat würden die Forderungen der Rechten normalisiert, warnte der Professor an der Universität Trier.

Die Werteunion

Neben Baum sei auch Markus Krall seitens der Werteunion bei dem Treffen dabei gewesen. „Er will Sozialhilfempfänger*innen von Wahlen ausschließen“, erläuterte er die Ideen des Unternehmensberaters. Bei einer Kundgebung zu Bauernprotesten habe er dem „Ökosozialismus“ genozidale Absichten unterstellt. „Die Landwirtschaft soll wegen der Fata Morgana des Klimawandels zerstört werden“, zitierte er ihn.

Der Sender AUF1

Mit solchen Aussagen trete Krall auch im österreichischen Fernsehsender AUF1 („Alternatives Unabhängiges Fernsehen, Kanal 1“) auf. Neben der Zeitschrift „Compact. Magazin für Souveränität“ gelte der Sender als das Medium der postfaktischen Landschaft um die AfD. So positioniere sich dessen Chefredakteur Stefan Magnet gegen eine transhumanistische Agenda globaler Eliten. „Diese Verschwörungserzählungen gelten in diesen Kreisen als ,rechtskonservativ*, verdeutlichte Linden die Vermischung extremer und konservativer Sichtweisen bei den Milieu-Rechten.

Weiterführende Links:

« zurück