Fabian Virchow: Die Rechten in der deutschen Medienlandschaft

18. Januar 2023  Gesellschaft
Geschrieben von Kreisverband

Jürgen Elsässer auf einer Legida-Demonstration, 26.10.2015 (Alexander Böhm CC BY-SA 4.0); Götz Kubitschek auf einer Pegida-Demonstration, 13.4.2015 (Metropolico.org CC BY-SA 2.0)

Rechte Zeitschriften, Magazine und Verlage sind in der deutschen Medienlandschaft gut vertreten. Zu diesem Ergebnis kam Prof. Dr. Fabian Virchow bei der Tagung „Die Neue Mitte?“. Die Veranstaltung wurde vom Deutschen Hygiene-Museum organisiert.

Compact – Opfer des Mainstreams?

Die rechtsextreme Zeitschrift „Compact. Magazin für Souveränität“ von Jürgen Elsässer ist eines der reichweitenstärksten Printprodukte im rechten Milieu. „Mit dem Slogan ‚Mut zur Wahrheit‘ stilisiert das Heft eine angebliche Opferrolle, als vom Mainstream verfolgtes Medium“, erläuterte Virchow. In Sondereditionen und eigenen Geschichtsausgaben konstruiere man die Erzählung der erfolgreichen nationalorientierten Deutschen. Zu jährlich stattfindenden Tagungen lädt Chefredakteur Elsässer häufig AfD-Politiker*innen ein, das eigene Sendeformat „Compact TV“ fungiert als eine Art „Tagesschau von rechts“.

Sezession, Junge Freiheit, Cato

Weitere rechte Blätter, die ihre Weltanschauung erklären oder politische Ereignisse deuteten, seien die „Sezession“ von Götz Kubitschek, die, wie Elsässer auch, den völkisch-nationalistischen Flügel der AfD um Björn Höcke protegieren. Das Magazin „Cato“ will das rechte Bildungsbürgertum ansprechen, das Monatsmagazin „Zuerst!“ als rechtes Pendant zum „Spiegel“ fungieren. Während die Wochenzeitschrift „Junge Freiheit“ mit einer Auflage von etwa 27.250 Exemplaren eine großes Publikum erreicht, wurde die NPD-nahe Zeitschrift „Umwelt & Aktiv“ 2019 eingestellt. Schwerpunkte waren Umwelt-, Tier- und Heimatschutz.

Rechtes Denken im Verlagswesen

Rechte Verlage – etwa der Antaios-Verlag von Kubitschek – sind immer wieder auf Buchmessen (z.B. Frankfurt a. M.) präsent. „Karlheinz Weißmann (Junge Freiheit) publizierte seine Bücher im Ullstein-Verlag, Thilo Sarrazin veröffentlichte sein ‚Deutschland schafft sich ab‘ bei dva“, ging Virchow auf die Schnittstelle von rechten Autor*innen und renommierten Verlagen ein.

Im Zeitungswesen täten sich die Rechten hingegen schwerer. Laut dem Historiker Doering Manteufel sei „Die Welt“ in den 60er Jahren hinsichtlich des Antisozialismus kaum von der NPD zu unterscheiden gewesen, doch habe bei der Zeitung eine gewisse Liberalisierung eingesetzt. Und auch Philip Stein (Jungeuropa Verlag) stellte resigniert fest, dass die einst stramm konservative FAZ sich dem Einheitsbrei der Medienöffentlichkeit angepasst hätte. „‚Der Spiegel‘ ist das Feindbild der Rechten schlechthin“, erläuterte der Sozialwissenschaftler. Und das, obwohl Horst Mahnke, ehemaliger SS-Offizier im Reichssicherheitshauptamt, von 1952 bis 1958 dort Ressortleiter war.

Unbekannt oder Zeitungsstand

Viele Publikationen seien der breiten Öffentlichkeit jedoch meist unbekannt. So sei die in München erschienene DVU-nahe „Nationalzeitung“ 2019 eingestellt worden. Die Zeitschrift „Mensch und Maß“ werde fast nur von Anhänger*innen der Ludendorff-Bewegung gelesen. Und auch die „Nordische Zeitung“ der Artgemeinschaft für germanischen Glauben verfüge über keine große Breitenwirkung. Hingegen läge die „Preußische Allgemeine Zeitung“ oft an herkömmlichen Zeitungskiosken aus und auch die Parteipublikationen der AfD erreichten aufgrund deren Wahlerfolge ein größeres Publikum.

Feindbild „Freie Presse“

Die etablierten Zeitungsverlage werden von den Rechten häufig als „Lügen-, Lücken- oder Lizenzpresse“ bezeichnet. „Letzteres geht auf die Lizenzierung von Zeitungen durch die Alliierten in den jeweiligen Besatzungszonen ab 1945 zurück“, erklärte Virchow. Die ersten Lizenzen im Nachkriegsdeutschland erhielten unter anderem die Frankfurter Rundschau, die Süddeutsche Zeitung oder die Nürnberger Nachrichten. In der Zeitschrift „Volk in Bewegung“ wurden die freien Medien als „Totengräber am deutschen Volk“ bezeichnet, in Sachsen kam es häufig zu Demonstrationen vor Verlagshäusern.

Provokation als Medienarbeit

Andererseits werde die Reichweite der Medien auch gezielt für die eigenen Inhalte genutzt. „Die Identitäre Bewegung (IB) erzeugte durch die Besetzung des Brandenburger Tors mediale Aufmerksamkeit, um auf die Titelseiten der Zeitungen zu kommen“, erläuterte der Wissenschaftler. Auch die AfD übe sich regelmäßig in Provokationen und Tabubrüchen, um so gut platziert in die Schlagzeilen zu gelangen.

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