Sanktionen: Wirtschaftskrieg oder friedliche Alternative?

29. Oktober 2023  International
Geschrieben von Kreisverband

Quelle: Rosa-Luxemburg-Stiftung, CC BY 3.0

Ob zum Sturz eines rassistischen Unterdrückungsregimes oder als Reaktion auf einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg – Sanktionen gehören in der politischen Außenpolitik zur Tagesordnung. Die siebte Folge des friedenspolitischen Podcasts der Rosa-Luxemburg-Stiftung (RLS) zeigt Chancen und Grenzen solcher Instrumente auf.

Eine gute Erfolgsquote

Die Charta der Vereinten Nationen sieht Wirtschaftssanktionen nach dem Ausschöpfen diplomatischer Mittel als Möglichkeit, um eine militärische Intervention zu vermeiden. Während sich gezielte Sanktionen gegen bestimmte Einzelpersonen oder Branchen richteten, führe ein Embargo dazu, dass ein Land von sämtlichen Wirtschaftslieferungen abgeschnitten werde. Dem Politikprofessor Gerald Schneider zufolge liege die Erfolgsquote solcher Sanktionen zwischen 30 und 50 Prozent. „Militärinterventionen sind im Vergleich dazu nicht sonderlich effektiver“, erklärte er.

Gemeinsam gegen Rassismus

Als solch ein Erfolg gilt der Umgang mit der rassistischen Apartheid-Regierung in Südafrika. Wegen der dortigen Benachteiligung der schwarzen Bevölkerung durch eine weiße Minderheit verhängte die UNO sowie viele Einzelstaaten Sanktionen gegen das von der burischen National-Partei dominierte Land. Das Ausbleiben internationaler Investitionen führte laut der der RLS-Büroleiterin in Johannesburg, Janine Walter, zu einer massiven Verschlechterung der südafrikanischen Wirtschaft.

Bevölkerung unterstützt Sanktionen

„Obwohl vor allem die besitzlosen Schwarzen von den Maßnahmen betroffen waren, unterstützten sie die weltweiten Sanktionen als Kampf gegen das Regime“, erläuterte sie. Dem schlossen sich auch die Gewerkschaften an. Auch befürwortete die südafrikanische Bevölkerung den Ausschluss weißer Athlet*innen von internationalen Wettkämpfen. „Das zerstörte den Mythos der weißen Elite und machte die Ungerechtigkeit des Regimes für die ganze Welt sichtbar“, fasste Walter zusammen.

Yaak Pabst, Herausgeber von Marx 21, widersprach dieser Ansicht. Er argumentierte, dass nicht die weltweiten Wirtschaftssanktionen, sondern die militante Massenbewegung der Widerstand leistenden Bevölkerung für den Sturz des Regimes verantwortlich waren.

Lieferstopp für Medikamente

Ein Fall von misslungenen Sanktionen stellten hingegen die Maßnahmen gegen den Irak dar. Nachdem dessen Diktator Saddam Hussein 1990 Kuwait überfiel, verhängte die Weltgemeinschaft Sanktionen gegen das Land, die auch die Einstellung von Medikamentenlieferungen beinhalteten. UNICEF bezifferte daraufhin die Zahl der gestorbenen Kinder auf rund eine halbe Million. „Die Statistiken wurden von Vertrauten Saddams gefälscht“, kommentierte Schneider die Datengrundlage des UN-Kinderhilfswerks. Um solche Situationen heutzutage auszuschließen, seien Lebensmittel und Medikamente von Sanktionen ausgenommen, erläuterte Hannah Kiel von der Freien Universität Berlin.

Elite bereichert sich

Die irakische Kurdin Dastan Jasim beschrieb die Auswirkungen auf die einfache Bevölkerung. „Das Gesundheitssystem für die Menschen verschlechterte sich massiv, während Clans und kriminelle Banden in der Grenzregion durch ihre Schmugglertätigkeit profitierten.“ So wurde von den politischen Eliten der kurdischen Gebiete am einzigen Grenzübergang in die Türkei in großem Stil illegal Erdöl verkauft. Dadurch konnten sich diese – ganz im Gegensatz zur normalen Bevölkerung – trotz der Sanktionen über Wasser halten und ihren Machteinfluss sogar noch vergrößern.

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