Können Waffeninspekteure Kriege verhindern?

01. September 2023  International
Geschrieben von Kreisverband

Quelle: Rosa-Luxemburg-Stiftung, CC BY 3.0

Die wichtige Aufgabe von internationalen Waffeninspekteuren war Thema bei der fünften Folge von „dis:arm“, dem friedenspolitschen Podcast der Rosa-Luxemburg-Stiftung. Dabei sprach Jan van Aken über seine Erfahrungen als UN-Kontrolleur und den amerikanischen Einmarsch in den Irak 2003.

Von der Pest zum Milzbrand

Die Verwendung biologischer Waffen ist so alt wie die Kriegsführung. Versuchte man früher, im gegnerischen Heerlager oder in belagerten Städten Krankheiten mit Hilfe von an der Pest Infizierten oder durch pockenverseuchte Kleidungsstücke zum Ausbruch zu bringen, wurden im 20. Jahrhundert gezielt Krankheitserreger, etwa Milzbrand, in Militärlaboren gezüchtet. Die DDR-Propaganda behauptete beispielsweise in den 50ern, die Ausbreitung der Kartoffelkäfer sei ein Akt der US-amerikanischen biologischen Kriegsführung gegen sozialistische Kartoffelfelder. Der Schädling hatte sich jedoch, beginnend von der Iberischen Halbinsel, auf natürlichem Weg in Europa ausgebreitet.

Ächtung von ABC-Waffen

„Die IAEO kontrolliert alle Staaten, die den Atomwaffensperrvertrag unterzeichnet haben, ob in den zivilen Anreicherungsanlagen zum Beispiel Uran beiseite geschafft wird“, erklärte Aken die Aufgaben im atomaren Bereich. Vergleichbares passiere im Rahmen der Chemiewaffenkonvention, welche die Herstellung und Lagerung von chemischen Kampfstoffen reguliere. Eine flächendeckende Überwachung von biologischen Kampfstoffen erfolge hingegen nicht.

Kampfstoffe im Irak

Im Zuge des sich abzeichnenden Irakkriegs unter George W. Bush war Aken im Frühjahr 2003 seitens der rot-grünen Bundesregierung als einer der deutschen UN-Inspekteure für biologische Waffen ausgebildet worden. So hätte er die vom Irak angegebenen Fabriken überprüfen sollen, um festzustellen, ob sich dort Hinweise auf Erreger befinden. In Produktionsstätten wie Al Hakam, in denen laut Regierungsangaben Einzellerproteine für Tierfutter hergestellt wurden, hatte man etwa an Milzbranderregern geforscht. Nach dem Zweiten Golfkrieg wurde die Anlage 1991 gesprengt.

Deutsche Firmen hatten Komponenten zur Chemikalienproduktion geliefert. Sie beriefen sich darauf, dass mit den Inhaltsstoffen ebenso Pflanzenschutzmittel für die Landwirtschaft erzeugt werden konnten. Andere europäische Unternehmen hatten Tests für chemische Geschosse durchgeführt, deren Ergebnisse an die irakischen Streitkräfte weitergegeben wurden.

Krieg statt Inspektion

Nach dem Anschlag auf das World Trade Center am 11. September 2001 und dem US-geführten Angriff der NATO in Afghanistan wurde von der Bush-Administration der Vorwurf erhoben, der Irak sei weiterhin im Besitz von biologischen Massenvernichtungswaffen, obwohl UN-Beobachter nichts dergleichen gefunden hatten. „Wären die USA nicht schon im März 2003 in den Irak einmarschiert, hätten Waffeninspekteure die Anschuldigen widerlegen können“, überlegte Aken. Wegen des Kriegsausbruchs kam sein Einsatz in den irakischen Anlagen schließlich doch nicht mehr zustande. „Nach einem Jahr gaben selbst die Amerikaner zu, dass der Irak über keinerlei Massenvernichtungswaffen verfügt habe“, erklärte er rückblickend.

Deeskalation im Atomprogramm

An diesem Beispiel sehe man, dass Inspekteure manchmal das Potential hätten, Kriege zu verhindern. Ein positives Beispiel sei Aken zufolge die internationalen Spannungen um das iranische Atomprogramm. „Ohne Kontrollen hätte es zwischen Israel und dem Iran deswegen schon lange zu einem Krieg kommen können“, erläuterte er. Ein Moment, wo diese Chance verpasst worden war, sei hingegen der irakische Giftgasangriff auf die kurdische Stadt Halabdscha gewesen. Nachdem der Ort am Tag zuvor von kurdischen Rebellen und iranischen Streitkräften eingenommen worden war, warf die irakische Luftwaffe bei einem Bombardement am 16. März 1988 vermutlich Senfgas, Sarin und Tabun ab. Zwischen 3.200 bis 5.000 Menschen starben.

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