Erzieher*innen, Kita, Kinder – Veränderung ist nötig!

16. Juni 2022  Politik
Geschrieben von Kreisverband

Quelle: Die Linke Hessen

Über spürbare Wertschätzung für professionell ausgebildetes Fachpersonal in Kindertagesstätten sowie eine staatliche Ausfinanzierung frühkindlicher Bildung ging es in der 11. Folge von „Bildung in Rosa“. Im Podcast der Rosa-Luxemburg-Stiftung sprachen zwei Mitglieder der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) über vorschulische Erziehung.

Bildungsexpert*innen

Nadine Hübener ist Referentin für Frühkindliche Bildung und Tarifrecht der GEW Thüringen. „Erzieher*innen sind mit drei Jahren intensiver berufsbegleitender Ausbildung super ausgebildet“, erläuterte sie. Der Anspruch der Pädagog*innen sei, einen Bildungsauftrag zu erfüllen, der nicht auf eine frühe Schulfähigkeit hinausliefe. „Kinder sollen sich entfalten, lernen, wachsen können“, beschrieb Hübener das Ziel frühkindlicher Bildung. Doch stattdessen werde dieser Beruf eher als ein Beitrag dazu gesehen, dass Eltern problemlos zur Arbeit gehen könnten, kritisierte sie.

Föderalismus-Dschungel

„Kinder sollten unabhängig vom Bundesland die gleichen Chancen bekommen“, wünschte sie sich mit Blick auf die föderalistisch organisierte frühkindliche Bildung. Neben einheitlichen qualitativen Standards sowie einer entsprechenden Finanzierung sollten auch die erzieherischen Berufsabschlüsse in anderen Bundesländern anerkannt werden. Das Studium der Kindheitspädagogik sei aktuell in 76 Bachelor-Studiengängen möglich. Die eigentliche Idee hätte darin bestanden, in Einrichtungen interdisziplinäre Teams aus Kindheitspädagog*innen, Sozialarbeiter*innen und Erzieher*innen zu bilden. „Statt zu gegenseitiger Ergänzung wird das akademische Personal fast ausschließlich mit der Leitung der Kita beauftragt“, warnte sie vor einer Hierarchisierung.

Mehr Zeit und Personal nötig

Alessandro Novellino arbeitete zehn Jahre als Erzieher. Aktuell ist er Referent für Jugendhilfe und Sozialarbeit der GEW. „Erzieher*innen ermöglichen Lernerfahrungen im sozialen Kontext und stellen eine hohe Individualisierung sicher“, weist er auf die Arbeit des Fachpersonals hin. Durch ihre vielfältigen pädagogischen Konzepte könnten Kitas so dazu beitragen, die gesellschaftliche Ungerechtigkeit in Deutschland in Teilen auszugleichen. Doch um dem vollständig gerecht zu werden, brauche es aber entsprechende Ressourcen und Fachkräfte. „25 Prozent der Angestellten verlassen die Branche wegen der schlechten Rahmenbedingungen nach spätestens fünf Jahren“, stellte er fest. Notwendig sei ein fester Personalschlüssel sowie ausreichende Vor- und Nachbereitungszeiten.

Gewerkschaft heißt verändern

„Das Gute-Kita-Gesetz muss langfristig finanziert werden“, lautete Novellinos Forderung. Dabei müsse der Bund die Länder bei der Finanzierung unterstützen sowie diese auch verstetigen. Für Erzieher*innen sei es wichtig, sich in DGB-Gewerkschaften zu organisieren. Nur gemeinsam könne auf Missstände hingewiesen werden, appellierte er. Dass Politik von Kolleg*innen vor Ort verändert werden könne, machte er am Beispiel einer Einrichtung in Rheinland-Pfalz deutlich. Dort setzten sich Erzieher*innen in langwierigen Gesprächen mit Eltern, dem Träger sowie den verschiedenen Stadtratsparteien für frisches und regionales Kita-Essen ein. Nach drei Jahren und einem Kommunalwahlkampf hatten sie ihr Ziel erreicht. Novellino wünschte sich, dass Kitas sich zukünftig in Familienzentren umwandeln würden. Auch benötige es eine stärkere Politisierung. Nach der Leitidee von Paulo Freire sollten sich Erzieher*innen bewusst machen, wer im herrschenden System unterdrückt werde und wie man sich daraus befreien könne.

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