Sozialismus im 21. Jahrhundert

04. Juli 2022  Politik
Geschrieben von Kreisverband

LuXemburg 3/2019: „Socialism for Future“

Über die internationale Ausstrahlung sozialistischer Politik, aber auch die Situation in Deutschland ging es bei der Veranstaltung „(Sozialistische) Partei im 21. Jahrhundert“. Diese wurde von der Rosa-Luxemburg-Stiftung (RLS) Thüringen organisiert.

Socialism is back

Der Politologe Prof. Frank Deppe erläuterte den Wechsel, den der politische Sozialismus in den vergangenen 30 Jahren durchgemacht hat. „Hieß es 1991, der Sozialismus sei gescheitert, stellte Nancy Fraser 2018 fest: Socialism is back!“, sagte er. Ursachen seien Kritik an den Folgen des Finanzkapitalismus, soziale Ungleichheit, eine Wachstumsideologie, die Klima und Umwelt des Planeten zerstört sowie die Aushöhlung der Demokratie. „Statt dem basisdemokratischen Spruch ‚One man, one vote‘ heißt es nun ‚One Dollar, one vote‘“, verdeutlichte Deppe den Gegensatz von Kapitalismus und Demokratie.

International, sozialistisch, weiblich

Mit Podemos in Spanien, Syriza in Griechenland, Jeremy Corbin in Großbritannien oder Bernie Sanders in den USA gäbe es eine Vielzahl von Parteien und Menschen, die zum Wiederaufleben der sozialistischen Massenbewegung führten. Auch Jean-Luc Mélenchon in Frankreich oder das Comeback sozialistischer Parteien in Lateinamerika stünden für diesen internationalen Aufbruch. Als zukunftweisend sah Deppe die Truppe („Squad“) der demokratischen Sozialistin Alexandria Ocasio-Cortz. Zusammen mit der Muslima Rashida Tlaib, der einst aus Somalia geflüchteten Ilhan Omar, der Afroamerikanerin Ayanna Pressley sowie den beiden Native Americans Sharice Davids und Deb Haaland sitzt die Latina im Repräsentantenhaus. Dort kämpfen die jungen feministischen Sozialistinnen für Klassenpolitik und den Green New Deal. Dieser soll den sozialverträglichen und nachhaltigen Umbau der US-amerikanischen Wirtschaft ermöglichen.

Jung und glaubwürdig

Ines Schwerdtner, Chefredakteurin des Jacobin Magazins, führte die Erfolge linker Politik aus. Unter Corbin habe sich die britische Labour-Partei geradezu verdoppelt. „Viele junge Menschen traten in die Partei ein, es war eine gewaltige Mobilisierung“, sagte sie rückblickend. Überall dort, wo dies geschähe, würden linke Projekte glaubwürdig vertreten. Als Beispiel nannte sie Elke Kahr, die erste kommunistische Bürgermeisterin Österreichs (Graz). „Eine jahrelange Verankerung auf kommunaler Ebene bei gleichzeitiger Schulung des Klassenbewusstseins, wie etwa durch die RLS, ist wichtig“, erläuterte die Publizistin.

Einheit trotz Vielfalt nötig

DIE LINKE als sozialistische Partei müsse trotz innerparteilicher Pluralität ein gemeinsames Programm verfolgen, mahnte Schwerdtner. Es dürfe kein Nebeneinander der einzelnen Strömungen mit ihren jeweils eigenen Maximalforderungen geben, sondern ein strategisches Zentrum. Um dies zu erreichen, müsste jede Seite zu Kompromissen bereit sein, forderte sie. Mit Blick auf Sahra Wagenknecht sagte sie, dass deren Positionen in der Öffentlichkeit massiv überschätzt würden. „Man sollte den wenigen lauten, dummen Stimmen innerhalb der Partei weniger Gehör geben als den wichtigen Themen Inflation, Wohnungsnot oder Pflegenotstand“, sagte sie.

Gemeinsamkeiten betonen

Dieter Hausold, einstiger Fraktionsvorsitzender im Thüringer Landtag, unterstrich den Appell zum innerparteilichen Zuhören. „Das Stück der Wahrheit, das ich nicht habe, hat bestimmt ein*e andere*r Genoss*in“, verdeutlichte er mit einem Zitat. Man müsse respektvoll mit anderen Meinungen in der Partei umgehen, da niemand im Besitz der reinen Lehre sei. Dass dies „sogar“ außerhalb der Partei möglich sei, verdeutlichte er an der linken Jugendorganisation in Gera. „Trotz einiger Unterschiede organisieren sie Veranstaltung zusammen mit Jusos und Grüner Jugend“, sagte er hinsichtlich des verbindenden Antifaschismus. Auch die Kontroverse um Wagenknecht müsse differenziert geführt werden. So bezöge er als Parteimitglied stets klar Stellung, dass er die sozialökonomischen Argumente der promovierten Volkswirtschaftlerin als richtig und zielführend ansähe. „Ihre abwertende Haltung zu identitätspolitischen Fragen entspricht jedoch in keinster Weise meinem Wertekanon“, machte Hausold deutlich.

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