Die Umwandlung von Wohnungsbaukonzernen in Anstalten öffentlichen Rechts (AöR), mehr demokratische Mitsprache der Mieter*innen und Gemeinnützigkeit statt Profit – das waren Themen bei einer Veranstaltung zu „Wohnen“ der Rosa-Luxemburg-Stiftung.
Rekommunalisierung und Miet-Räte
Dr. Ulrike Hamann, Vorständin der Wohnraumversorgung Berlin A.ö.R., erläuterte die bisherige Praxis von sozialem Wohnungsbau. „Seit den 70er Jahren bezuschusste der Staat private Träger, um dank Steuergelder zeitlich befristet günstige Mieten zu ermöglichen.“ Nach Ablauf der geförderten Sozialbindung konnten die Wohnungen für ein Vielfaches teuer weitervermietet werden. Um die aktuelle „soziale Zwischennutzung“ zu verstetigen, bräuchte es eine Rückführung der Sozialwohnungen in die öffentliche Hand (Rekommunalisierung), forderte sie. Doch auch die Berliner Landeswohnungsunternehmen, die als Aktienunternehmen oder GmbHs organisiert seien, müssten in Anstalten öffentlichen Rechts umgewandelt werden. „Hier ist mehr demokratische Teilhabe der Mieter*innen möglich“, erklärte Hamann und verwies auf Mieter*innen-Räte bzw. Quartiers-Beiräte.
Bundesweiter Mietendeckel
Caren Lay, wohnungspolitische Sprecherin der LINKEN, ging auf mögliche Maßnahmen ein. „Die Wohnungsfrage ist eine Klassenfrage“, erläuterte sie, da der Mietenwahnsinn der einen die Rendite der anderen sei. In den letzten zwölf Jahren ihrer Tätigkeit habe es kaum politisches Bewusstsein über steigende Mieten gegeben. Oftmals sei auf kostengünstigen Wohnraum in ländlichen Regionen verwiesen worden. „Bauen ist kein Allheilmittel für hohe Mietkosten“, sagte sie. Stattdessen brauche es einen bundesweiten Mietendeckel, der durch den Bundestag beschlossen werden könne. Die Wiedereinführung der Gemeinnützigkeit, in der Bundesrepublik 1989 abgeschafft, in Österreich 2019 per Gesetz festgeschrieben wurde, sei eine weitere Möglichkeit. „Gewinnbringende Konzerne haben auf dem Wohnungsmarkt nichts verloren“, erklärte Lay. Rekommunalisierung von Wohnraum, aber auch Bevorzugung von Genossenschaften bei der Grundstücksvergabe seien Mittel, Wohnen wieder sozialer zu gestalten.
Vergesellschaftung durchsetzen
Prof. Dr. Susanne Heeg (geographische Stadtforschung, FFM) sitzt in der Expert*innenkommission des Berliner Senats zur Vergesellschaftung großer Wohnungsunternehmen. Bisher werde die Diskussion offen und wohlwollend geführt, gab sie einen Einblick in das Gremium. Allerdings besäße ein Großteil der Mitglieder zwar Expertise in juristischen Fragen, habe jedoch kaum Hintergrundwissen zu Mietenpolitik. „Die Initiative, die das Volksbegehren anstieß, hat weder Anwesenheits- noch Rederecht“, erläuterte sie die Rahmenbedingungen. Stattdessen könne die Kommission öffentliche Anhörungen stattgeben oder Sachverständige benennen. Ihre Sorge sei, dass statt der konkreten Umsetzung der Vergesellschaftung (Art. 15 GG) nur sogenannte „mildere Mittel“ (z.B. Rückkauf durch Kommune) gesucht würden.
Weiterführende Links:
- RLS (18.6.2022): Mietenstopp, Mietensteuer, Enteignung und andere „Grausamkeiten“ – https://www.youtube.com/watch?v=878GdhbpUHQ
- RLS (2020): Wem gehört die Stadt? – https://www.rosalux.de/publikation/id/43284/wem-gehoert-die-stadt-21
- Daum, Isabel (23.5.2019): Vergesellschaftung der Deutsche Wohnen & Co. – ein verfassungswidriges Anliegen? – http://grundundmenschenrechtsblog.de/vergesellschaftung-der-deutsche-wohnen-co-ein-verfassungswidriges-anliegen/
- Parlament Österreich (2019): Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz – WGG, Änderung (907/A) – https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVI/A/A_00907/index.shtml#tab-Uebersicht