Schutzraum für Frauen: das Autonome Frauenhaus Erlangen

27. November 2021  Regional, Unkategoisiert
Geschrieben von Kreisverband

Angstfrei schlafen und selbstbestimmt leben sind die Kernanliegen des Autonomen Frauenhaus Erlangen. Bei einem Vortrag der Erlanger Linken sprach die frühere Frauenhausmitarbeiterin Gudrun Bußmann auch aktuelle Probleme an.

Demokratie ohne Hierarchie

Die Besonderheit des 1978 gegründeten Frauenhauses läge in dem selbstbestimmten Arbeiten von und mit Frauen, betonte Bußmann. Dies geschehe unabhängig von Institutionen oder Wohlfahrtsverbänden und erfolge hierarchiefrei ohne tonangebende Leitungsebenen. Die demokratische Mitsprache aller Beteiligten sei zwar arbeits- und zeitintensiv. Jedoch habe sich der hierarchiefreie Umgang gut etabliert, sodass entstehende Konflikte konsensorientiert gelöst werden können.

Demütigung, Diskriminierung und Gewalt

Dass solch ein Konsens in der frühen Bundesrepublik gefehlt hatte, verdeutlichte sie an mehreren Beispielen. „Das Denken der 60er Jahre war sehr restriktiv“, erklärte Bußmann. Die strukturellen Probleme der patriarchalen Gesellschaft führten zu Demütigungen, Diskriminierung und Gewalt gegenüber Frauen. Bis 1977 musste die Frau sich in familiären Belangen den Entscheidungen des Ehemanns unterordnen („Gehorsamsparagraph“), erst 1997 wurde die Vergewaltigung in der Ehe als eine Straftat gesehen.

Gesamtgesellschaftliches Problem

Auch die Initiator*innen des Frauenhauses erlebten die männerdominierte Sichtweise. Mit dem Spruch „Pack schlägt sich, Pack verträgt sich“ sei Gewalt in der Ehe als Problem unterer Schichten bagatellisiert worden. Doch ziehe sich dies durch alle Milieus. „Bei uns waren viele berufstätige, hochqualifizierte Frauen“, berichtete sie über die Hilfesuchende aus der Universitäts- und Siemens-Stadt. Auch eine weitere Aussage würde heute sprachlos machen: Die Frau habe den Ehemann provoziert, sodass dieser sie schlagen musste, lautete etwa ein anderes Stereotyp, das sie zu hören bekam.

Aufenthaltsrecht und Kinderbetreuung

Von zwei Zimmern mit Plumpsklo über ein Haus mit acht Räumen für 21 Frauen samt Kindern bis zur heutigen Immobilie war die Suche nach einem Schutzraum für Frauen ein ständiger Kampf. Das aktuelle Haus bietet zwölf Personen eigene Zimmer und wird sowohl von der Kommune, dem Landkreis wie auch dem Freistaat bezuschusst. Problematisch sieht Bußmann das Verhalten wohlhabender deutscher Männer, die sich Frauen aus dem Ausland nähmen. In Deutschland würden sie vom Ehemann isoliert, auch das Lernen der deutschen Sprache werde häufig verboten. Daneben sieht sie noch weiteren Handlungsbedarf: „Die Situation ausländischer Frauen in einer gewalttätigen Beziehung ohne eigenes Aufenthaltsrecht ist ein Thema“, mahnte sie an. Zur strukturellen Verbesserung benötige es auch eine 24-Stunden-Betreuung für Kinder und kostengünstigen Wohnraum bei einem Auszug.

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